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Fridays for Future
Schule schwänzen fürs Klima - wie lange noch?

Schüler schwänzen den Unterricht, um für Klimaschutz zu demonstrieren - seit Wochen schon. Ihr Argument: Das Klima ist wichtiger als Schule. Kritiker wenden ein, Proteste in der Freizeit wären glaubwürdiger. Was langfristig aus den "Fridays for Future" wird, hängt von Politik, Schulen und Eltern ab.

Von Anh Tran |
    Schülerprotest "Fridays for Future"
    Wie umgehen mit dem regelmäßigen Fernbleiben von der Schule - eine Frage auch für Lehrer und Eltern (dpa / Roland Weihrauch (Montage: Deutschlandradio))
    "Auf die Barrikaden! Auf die Barrikaden!"
    Es klingt wie eine ganz gewöhnliche Demonstration. Aber einiges ist anders. Auf den Plakaten sieht man Figuren aus Pokemon-Computerspielen, aktuellen Netflix-Serien und Harry Potter. Hier laufen keine Gewerkschafter. Es sind Kinder und Jugendliche. Sie nennen sich "Dumbledore’s Army". Aber sie kämpfen nicht gegen Lord Voldemort, sondern gegen den Klimawandel. Und dafür schwänzen sie auch die Schule, denn:
    "Wenn man es einfach so macht, dann kriegt keiner davon was mit und dann interessiert’s keinen. Genauso streiken ja auch Arbeitnehmer, wenn sie eigentlich arbeiten gehen müssten. Und als Schüler ist unsere einzige Möglichkeit da quasi nicht zur Schule zu gehen quasi."
    "Ich würde mir auch wünschen, nicht Schule schwänzen zu müssen. Ich würde mir wünschen, schon viel früher hätte schon jemand was getan. Aber es tut einfach niemand was."
    "Hier geht es nicht darum, Schule zu schwänzen oder nicht zum Unterricht zu gehen, sondern hier sind Leute, vor allem junge Leute, die dafür sind, das Klima zu retten, weil wir haben nur eine Welt und wir müssen die jetzt retten."
    "Wir sind hier Wir sind laut. Weil man uns die Zukunft klaut."
    Schulen im Zwiespalt
    Alles begann als Idee auf dem Messenger-Dienst WhatsApp, wie Jana erklärt. Um ihre Schulter hängt eine "Hambi bleibt"-Flagge. Mit einem kleinen Team organisiert die 17-Jährige die Proteste in Köln.
    "Das war ursprünglich als total lockere Aktion gedacht, dass wir uns mit zehn Leuten vors Rathaus setzen, aber dann haben wir halt den Link quasi überall rumgeschickt – in Klassengruppen, in politischen Gruppen, überall. Und unsere Gruppe war ganz, ganz schnell voll und so haben sich dann nach und nach Strukturen herauskristallisiert quasi auf WhatsApp."
    "Kohlekonzerne zerstören unsere Umwelt."
    Die meisten Teilnehmenden kommen aus dem Kölner Raum. Einige sind extra aus Solingen und Gummersbach angereist. Aber: Es sind weniger als noch eine Woche zuvor. Denn auch, wenn ihnen das Klima wichtig ist, fällt es den Schülerinnen und Schülern schwer, jede Woche auf die Straße zu gehen.
    "Ob ich jede Woche hier hingehe, weiß ich noch nicht. Ich bin jetzt kurz vor dem Abitur, deshalb ist es wahrscheinlich etwas wichtiger. Aber ich nehme mir auf jeden Fall vor, öfters Mal hierhin zu kommen. "
    "Wenn ich jetzt jede Woche freitags dritte bis sechste Stunde schwänze, läppert es sich halt genau in den Fächern. Deswegen fände ich es besser, wenn man auch die Schulen entlasten würde, dass sie irgendwie das Gefühl haben, sie müssen uns freigeben hierfür, indem man es einfach seltener macht, aber dann mit mehr Leuten."
    Viele Schulleitungen sehen sich tatsächlich im Zweispalt. Einige Lehrer wollen einerseits ihre Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen, sich für den Klimaschutz einzusetzen. Auf der anderen Seite gibt es Gesetzesvorgaben von Bund und Ländern, wie eine Lehrerin aus NRW schildert:
    "Vom Land her besteht ja erstmal die Schulpflicht. Das heißt die Schüler müssen eigentlich dem Unterricht beiwohnen. Deswegen gibt’s halt nur inoffizielle Aussagen dazu, was man machen kann, damit die Schüler doch an solchen Demonstrationen teilnehmen können."
    Schulstoff selbstständig nachholen
    Die Lehrerin will anonym bleiben, damit sie und ihre Schule weiterhin an diesen inoffiziellen Aussagen festhalten können:
    "Ich, als Fachlehrerin in der Sekundarstufe zwei, hab die inoffizielle Aussage gegeben, dass wenn sie vorher an mich herantreten, dass ich ihnen diese Stunde entschuldigen werde, auch wenn sie halt mir vorher sagen, ich geh zu der Demo."
    Diese Erlaubnis knüpft die Lehrerin jedoch an feste Bedingungen. Die Schülerinnen und Schüler müssen wirklich an der Demo teilnehmen und sie müssen den Schulstoff selbstständig nachholen. Dann drohen ihnen keine weiteren Sanktionen. Zumindest vorerst.
    "Ich glaube ab dem Moment, wo eine Masse von Schülern an mich herantreten würde, wäre das Problem größer. Da müsste ich dann neue, müssten wir als Schule auch neu überlegen und uns offiziell zu etwas bekennen."
    Was sagen die Eltern?
    Doch nicht nur die Schulen müssen sich entscheiden, wie sie mit dem regelmäßigen Fernbleiben umgehen. Gerade bei den vielen minderjährigen Mädchen und Jungen sind vor allem die Eltern gefragt:
    "Solange das nicht an Tagen ist, wo Arbeiten geschrieben werden, finden das unsere Eltern teilweise auch ok."
    "Ich finde das auch witzig, dass unsere Eltern uns da unterstützen, weil ich finde nicht, dass sie uns verbieten können, uns für unsere Zukunft einzusetzen."
    "Meine Mutter meinte eigentlich nur, ich soll mich dann nicht beschweren, wenn ich den Stoff in der Schule nicht mitbekomme."
    Bisher sind die Demonstrationen ein relativ neues Phänomen. Problematischer könnte es werden, wenn sie zum Schuljahresende und darüber hinaus fortgeführt werden. Thomas ist Familienvater in Köln. Seine minderjährige Tochter hat auch schon an "Fridays for Future" teilgenommen. Er bewertet die Proteste pragmatisch.
    "Ich denke letztendlich muss es ja darum gehen, dass man was verändert und irgendwie was anstößt, was eine Veränderung herbeiführt und deswegen glaub ich, dass es wichtig ist, für eine bestimmte Zeit das auch zu machen – also zu demonstrieren – aber ob man das jetzt immer weiter fortführt bis man sagt: 'Ok, wir machen das solange, bis sich wirklich etwas geändert hat', weiß ich nicht, ob das realistisch ist."
    Thomas uns seine Frau Ayla befürworten grundsätzlich den Protest ihrer Tochter und haben sie auch schon für den Unterricht befreit. Vor schlechten Noten haben sie keine Panik.
    "Die Schule ist wichtig. Die ist Pflicht und das ist auch richtig so. Nichtsdestotrotz, die paar Stunden, die in diesem Jahr fehlen werden, die machen den Kohl auch nicht fett. Und die Noten: Klar ist es toll, wenn da eine gute Note steht, aber ich glaube jetzt nicht, dass die paar Wochen oder ein ganzes Jahr, wo ein Freitag fehlt, die Zeugnisse schlechter machen werden."
    Demos in der Freizeit wären glaubwürdiger
    NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sieht das nicht so entspannt. Er kritisiert die Demonstrationen während der Unterrichtszeit. Er fände es glaubwürdiger, wenn Schüler und Schülerinnen ihre Freizeit für die Proteste opfern würden, sagte Laschet im WDR.
    Das Organisationsteam für die Schülerdemos will auf Gegenkurs bleiben. Die 17-jährige Jana macht sich darüber Gedanken, wie weiterhin möglichst lang möglichst viele Schülerinnen und Schüler an den Demonstrationen teilnehmen können.
    "Und dann wollen wir halt monatlich einen großen Schulstreik machen, wo dann halt wirklich auch mehr Leute kommen sollen und dadurch wir halt auch die Motivation aufrechterhalten, dass man nicht jede Woche kommen muss, weil das sehr schwer durchzuhalten ist, sondern dass wir immer wirklich auf diese Monatsstreiks quasi hin mobilisieren."
    Solange singen sie Lieder, die so alt sind wie sie und trotzdem aktuell geblieben sind.
    Am Ende hört man, wie Jana "Deine Schuld" von den Ärzten singt: "Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt."