Kurzer Stopp auf dem heißen Plateau der Jugendherberge – da, wo der Binger Wald beginnt.
"Was verbindet ihr mit dem Wald – in Bezug auf Klima?", fragt Waldklimabotschafter und Umweltschutzstudent Jan-Niklas Gehre die Neuntklässlerinnen des Binger Mädchengymnasiums. Und muss nicht lange auf Antwort warten.
"Beispielsweise letzter Sommer war ja extrem trocken. Es gibt auch noch den Windwurf, der momentan immer stärker wird. Und der Wald ist auch wichtig als CO2-Speicher".
Ein bedrohtes Ökosystem allerdings mit eingeschränkter Filterfunktion, das ist Liv und ihren Mitschülerinnen schon klar, bevor sie den Waldweg einschlagen. Viele der 14-bis 16-Jährigen sind bei Fridays for Future engagiert, hatten die Exkursion selbst vorgeschlagen. Klassenlehrerin Petra Krause begleitet ihre Neunte gemeinsam mit dem Mathelehrer:
"Ich unterstütze das, dass die sich engagieren für Zukunft, Umwelt, und daher sind wir dann mitgegangen."
Das Konzept für die Exkursionspremiere haben drei Sechstsemester der Technischen Hochschule Bingen ausgeheckt, als Prüfungsaufgabe im Wahlpflichtfach Ökowaldbau. Einer von ihnen ist Felix Engelmann. Er wendet sich an die Schülerinnen, kommt auf die Folgen der Dürre von 2018 zu sprechen:
"Über 80 Prozent unserer Bäume hier sind beschädigt, da ist Totholz drin, die werden angreifbar, gerade für so Sachen wie den Borkenkäfer, da zeigen wir euch gleich noch ein paar Beispiele."
Der Umweltschutzstudent geht mit seinen beiden Kommilitonen vor, sie stoppen an einem zerfurchten Geröll-Hang.
Gehre: "Wie sieht es denn da aus"?
Zoe: "Ja, bei den Bäumen schauen die Wurzeln raus, und es sieht sehr geneigt aus."
Ungesund, findet Zoe, jedenfalls nicht so, als könnten die geneigten Laubbäume dem nächsten Starkregen oder Sturm trotzen.
Alina: "Dann kann es viel leichter passieren, dass diese Erdrutsche entstehen",
… solche, die im Mittelrheintal die Bahnlinie beschädigen können, das wissen Alina und ihre Mitschülerinnen.
Perspektivwechsel hilft
An der nächsten Station sollen sie in verschiedene Rollen schlüpfen und als Naturschützer, Holzindustrie oder Freizeitnutzer ihre Interessen definieren und verhandeln. Der Perspektivwechsel gefällt Zoe besonders gut. Die 14-Jährige glaubt, dass sie auch für den künftigen Unterricht profitieren wird.
"Gerade in Bio oder in Erdkunde, was wir nächstes Jahr wieder dazu bekommen, ist es ein kleiner Vorsprung, weil wir da Klimawandel auch nochmal durchnehmen, und was so im Wald passiert – dann hat man da schon mal einen Anhaltspunkt."
Die Ausbildung der ersten 40 Waldklimabotschafter war ein Pilotprojekt, sagt Initiator Axel Henke, Leiter des Forstamts Boppard. Die Studierenden sind per Mail erreichbar.
"Dort kann man sich anmelden, dort werden die Schulklassen oder Jugendgruppen auf die Waldklimabotschafter verteilt, wer gerade Zeit hat, übernimmt eine Gruppe. Ich denke, dass wir das demnächst professionalisieren werden."
Professionalisieren könne das studentische Angebot auch die Schülerbewegung für den Klimaschutz, glaubt Thomas-Griese, rheinland-pfälzischer Umwelt-Staatssekretär. Und zwar, so der Grünen-Politiker, "dass die Fridays-for-Future-Aktivisten über den Weg auch innerhalb ihrer Gruppen diese Erkenntnisse verbreiten können und zusätzliche Argumente haben, um für Klimaschutz erfolgreich zu streiten."
Eltern von Parents for Future wollen sich dafür einsetzen, dass Waldklimabotschafter auch an die Grundschule kommen. Sie glauben, dass sich der Wald als Lernort für Klimaschutz schon für die Kleinsten eignet.