"Sozialdemokratie hat die Bundeskulturpolitik quasi erfunden. Und deshalb ist es uns wichtig, dass wir diese Bundeskulturpolitik, die wir erfunden haben, fortsetzen können."
Man muss in den Untiefen des Internets schon etwas länger suchen, um dieses mit peinlichen 800 Klicks fast unbeachtete SPD-Wahlkampf-Video mit Peer Steinbrücks Schatten- Kulturminister Oliver Scheytt zu finden. Es dokumentiert den Versuch der Sozialdemokraten, auch auf dem Feld der Kultur eine Wechselstimmung im Land heraufzubeschwören. Man muss sich diese Kuriosität vielleicht auch deshalb noch mal in Erinnerung rufen, um deutlich zu machen: Kulturfragen waren und sind zwischen Union und SPD kaum Streitfragen. Oder wie es die ehemalige Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses, Monika Grütters, während des ersten Treffens der "Arbeitsgruppe Kultur und Medien" formulierte:
"Ich glaube, in der Kultur sind wir, ja, in der Regel konsensorientiert. Und haben auch in der Vergangenheit fraktionsübergreifend gearbeitet."
Das konnte man auch in den Wahlprogrammen lesen. Die Überschneidungen waren so groß wie in keinem anderen Politikfeld: Künstlersozialkasse erhalten, Urheberrechtsreform anpacken, mehr Filmförderung, aktive Erinnerungspolitik. Weder CDU/CSU noch SPD trauten sich in diesen Bereichen die üblichen Grabenkämpfe zu. Während das Wahlprogramm der SPD die Filmförderung etwas aus den Augen verlor, hat das Wahlprogramm der Union sie dafür wieder etwas deutlicher hervorgehoben. Ergänzungen und Korrespondenzen, die bereits lange vor dem Wahltag eine Große Koalition vorwegnahmen. Es herrscht eben Einstimmigkeit in der Kulturpolitik. Und überhaupt: Es geht ja auch um ein hohes Gut, wie Klaus Wowereit, Wortführer der SPD in der Arbeitsgruppe, nicht müde wurde zu betonen:
"Entscheidend ist, dass auch die Rahmenbedingungen für die Künstlerinnen und Künstler gestaltet werden, verbessert werden. Das ist auch ein gemeinsames Ziel. Ich bin sicher, dass am Ende etwas Positives für die Kultur in Deutschland herauskommt."
'Etwas Positives', das heißt in der Kulturpolitik vor allem: Mehr Geld. Und was für ein schöner Zufall, dass Wowereit Regierender Bürgermeister von Berlin und dort gleichzeitig Kultursenator ist. Schließlich sind es besonders Berliner Kulturprojekte, die vom Bund finanziert werden. Und so ist es auch die Hauptstadt, die von den ersten Vereinbarungen profitieren könnte: Mehr Geld soll es für das Bauhaus-Archiv, für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und für den Wiederaufbau des Stadtschlosses geben. Ein deutliches Bekenntnis der potenziellen Koalitionäre zum Hauptstadt-Kulturvertrag. Übrigens: Auch das ist so ein parteiübergreifendes Wahlversprechen. Und für alle, die weniger am finanziellen, sondern am ideellen Wert der Kultur festhalten, hat es die SPD geschafft, ihr Wahlvorhaben, das "Staatsziel Kultur" ins Grundgesetz zu schreiben, zumindest auf den Weg zu bringen. Wobei man im gleichen Atemzug sagen muss, dass dieser Vorschlag in der Union - selbst vor der Wahl - alles andere als umstritten war.
"Auch das Staatsziel, Kultur ins Grundgesetz aufzunehmen, bringt natürlich nicht direkt einen Anspruch. Aber ich glaube, es ist ist für das Klima im Land ganz wichtig, dass solch ein Staatsziel anerkannt wird."
Klimafreundliche Kulturpolitik, die niemanden wirklich überrascht, aber auch niemanden wirklich verärgert. Den in letzter Zeit so häufig angemahnten Finanzierungsvorbehalt brauchen die kulturpolitischen Beschlüsse der möglichen Koalitionspartner jedenfalls nicht zu fürchten. Da ist sich der Verhandlungsführer der Union, Michael Kretschmer, sicher:
"Die Vorschläge, die wir abgeschlossen haben, sind sehr bescheiden. Natürlich kosten sie Geld, aber sie sind wirklich bescheiden, wenn man den Gesamthaushalt betrachtet. Ich glaube, es ist ein seriöser Vorschlag."
Friede, Freude, fertig: Die große Einigkeit der Kulturpolitiker von CDU/CSU und SPD hat natürlich ihren Preis. Zwar machen ihre ersten Beschlüsse auf dem Papier etwas her. Aber: Papier ist bekanntlich geduldig. Interessant wird es, wenn es um die Details geht: Wie wird zum Beispiel das Urheberrecht ins digitale Zeitalter gehoben? Wie stattet man die Künstlersozialkasse finanziell besser aus? Was hilft gegen den "Fördertourismus" in der deutschen Filmwirtschaft? All das sind heikle Problemfelder, an deren Umsetzung selbst der allseits so anerkannte, scheidende Kulturstaatsminister Bernd Neumann - auch in seinen eigenen Unions-Reihen - scheiterte.
Die Nachfolgerfrage ist daher alles andere als eine Petitesse. Kaum ein anderes Amt ist so sehr von der Personalie abhängig. Das zurzeit alle Beteiligten nicht über Namen reden möchten, sondern über Inhalte, wirkt dahingegen fast schon suspekt. Auch die Frage, ob aus einem Kulturstaatsminister bald ein Kulturminister wird - wonach es nicht aussieht - wirkt wie ein Ablenkungsmanöver. Noch traut sich keiner aus der Offensive. Und solange das so ist, freut sich über den kulturpolitischen Kuschelkurs in erster Linie Klaus Wowereit. Denn wer auch immer kommen mag, für seine Berliner Kulturbaustellen wird es wohl auch künftig Finanzspritzen vom Bund geben.
Man muss in den Untiefen des Internets schon etwas länger suchen, um dieses mit peinlichen 800 Klicks fast unbeachtete SPD-Wahlkampf-Video mit Peer Steinbrücks Schatten- Kulturminister Oliver Scheytt zu finden. Es dokumentiert den Versuch der Sozialdemokraten, auch auf dem Feld der Kultur eine Wechselstimmung im Land heraufzubeschwören. Man muss sich diese Kuriosität vielleicht auch deshalb noch mal in Erinnerung rufen, um deutlich zu machen: Kulturfragen waren und sind zwischen Union und SPD kaum Streitfragen. Oder wie es die ehemalige Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses, Monika Grütters, während des ersten Treffens der "Arbeitsgruppe Kultur und Medien" formulierte:
"Ich glaube, in der Kultur sind wir, ja, in der Regel konsensorientiert. Und haben auch in der Vergangenheit fraktionsübergreifend gearbeitet."
Das konnte man auch in den Wahlprogrammen lesen. Die Überschneidungen waren so groß wie in keinem anderen Politikfeld: Künstlersozialkasse erhalten, Urheberrechtsreform anpacken, mehr Filmförderung, aktive Erinnerungspolitik. Weder CDU/CSU noch SPD trauten sich in diesen Bereichen die üblichen Grabenkämpfe zu. Während das Wahlprogramm der SPD die Filmförderung etwas aus den Augen verlor, hat das Wahlprogramm der Union sie dafür wieder etwas deutlicher hervorgehoben. Ergänzungen und Korrespondenzen, die bereits lange vor dem Wahltag eine Große Koalition vorwegnahmen. Es herrscht eben Einstimmigkeit in der Kulturpolitik. Und überhaupt: Es geht ja auch um ein hohes Gut, wie Klaus Wowereit, Wortführer der SPD in der Arbeitsgruppe, nicht müde wurde zu betonen:
"Entscheidend ist, dass auch die Rahmenbedingungen für die Künstlerinnen und Künstler gestaltet werden, verbessert werden. Das ist auch ein gemeinsames Ziel. Ich bin sicher, dass am Ende etwas Positives für die Kultur in Deutschland herauskommt."
'Etwas Positives', das heißt in der Kulturpolitik vor allem: Mehr Geld. Und was für ein schöner Zufall, dass Wowereit Regierender Bürgermeister von Berlin und dort gleichzeitig Kultursenator ist. Schließlich sind es besonders Berliner Kulturprojekte, die vom Bund finanziert werden. Und so ist es auch die Hauptstadt, die von den ersten Vereinbarungen profitieren könnte: Mehr Geld soll es für das Bauhaus-Archiv, für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und für den Wiederaufbau des Stadtschlosses geben. Ein deutliches Bekenntnis der potenziellen Koalitionäre zum Hauptstadt-Kulturvertrag. Übrigens: Auch das ist so ein parteiübergreifendes Wahlversprechen. Und für alle, die weniger am finanziellen, sondern am ideellen Wert der Kultur festhalten, hat es die SPD geschafft, ihr Wahlvorhaben, das "Staatsziel Kultur" ins Grundgesetz zu schreiben, zumindest auf den Weg zu bringen. Wobei man im gleichen Atemzug sagen muss, dass dieser Vorschlag in der Union - selbst vor der Wahl - alles andere als umstritten war.
"Auch das Staatsziel, Kultur ins Grundgesetz aufzunehmen, bringt natürlich nicht direkt einen Anspruch. Aber ich glaube, es ist ist für das Klima im Land ganz wichtig, dass solch ein Staatsziel anerkannt wird."
Klimafreundliche Kulturpolitik, die niemanden wirklich überrascht, aber auch niemanden wirklich verärgert. Den in letzter Zeit so häufig angemahnten Finanzierungsvorbehalt brauchen die kulturpolitischen Beschlüsse der möglichen Koalitionspartner jedenfalls nicht zu fürchten. Da ist sich der Verhandlungsführer der Union, Michael Kretschmer, sicher:
"Die Vorschläge, die wir abgeschlossen haben, sind sehr bescheiden. Natürlich kosten sie Geld, aber sie sind wirklich bescheiden, wenn man den Gesamthaushalt betrachtet. Ich glaube, es ist ein seriöser Vorschlag."
Friede, Freude, fertig: Die große Einigkeit der Kulturpolitiker von CDU/CSU und SPD hat natürlich ihren Preis. Zwar machen ihre ersten Beschlüsse auf dem Papier etwas her. Aber: Papier ist bekanntlich geduldig. Interessant wird es, wenn es um die Details geht: Wie wird zum Beispiel das Urheberrecht ins digitale Zeitalter gehoben? Wie stattet man die Künstlersozialkasse finanziell besser aus? Was hilft gegen den "Fördertourismus" in der deutschen Filmwirtschaft? All das sind heikle Problemfelder, an deren Umsetzung selbst der allseits so anerkannte, scheidende Kulturstaatsminister Bernd Neumann - auch in seinen eigenen Unions-Reihen - scheiterte.
Die Nachfolgerfrage ist daher alles andere als eine Petitesse. Kaum ein anderes Amt ist so sehr von der Personalie abhängig. Das zurzeit alle Beteiligten nicht über Namen reden möchten, sondern über Inhalte, wirkt dahingegen fast schon suspekt. Auch die Frage, ob aus einem Kulturstaatsminister bald ein Kulturminister wird - wonach es nicht aussieht - wirkt wie ein Ablenkungsmanöver. Noch traut sich keiner aus der Offensive. Und solange das so ist, freut sich über den kulturpolitischen Kuschelkurs in erster Linie Klaus Wowereit. Denn wer auch immer kommen mag, für seine Berliner Kulturbaustellen wird es wohl auch künftig Finanzspritzen vom Bund geben.