Ja zum Frieden, ein Abkommen jetzt! Mit dieser Losung dankte der frisch gebackene Nobelpreisträger Juan Manuel Santos denjenigen, die mit ihm den Friedensvertrag mit der Farc-Guerilla unterstützt hatten. Mit dem Vertrag, durch den ein Schlussstrich unter mehr als 50 Jahre blutiger Kämpfe gezogen werden sollte, die Millionen zu Opfern machten. Doch die Kolumbianer stimmten mit Nein. Der Preis sei deswegen im richtigen Moment gekommen, sagte Kolumbiens Präsident, er sei ein Appell in der aktuell schwierigen Situation eine schnelle Lösung zu finden.
"Ich bin Optimist von Natur aus, und als einstiger Matrose strebe ich immer danach, das Schiff sicher an Land zu bringen, auch durch Sturm und Wellengang, auch wenn rundherum Haifische schwimmen."
Kolumbianer sind gespalten
Ironie hat er sich in diesen anstrengen Tagen lang nicht mehr erlaubt. Der Seitenhieb eines erstmals seit Tagen etwas entspannter wirkenden Santos galt in erster Linie demjenigen, der den Friedensprozess von Anfang an torpedierte, Seinem Vorgänger im Amt und Ziehvater, Alvaro Uribe – und dessen Gefolgsleuten von der Partei Centro Democrático. Doch ob die sich von einem Nobelpreis umstimmen lassen? Die Kolumbianer selbst sind dem Preis gegenüber ähnlich gespalten wie schon dem Friedensvertrag gegenüber.
"Wir erleben in Kolumbien einen schwierigen Moment. Nicht alle sind mit Santos und dem Friedenprozess einverstanden, aber ich finde es richtig, dass seine Arbeit gewürdigt wurde. Was weiß ich, ich halte davon überhaupt nichts. Diesen Preis haben ohnehin schon viel bekommen, für mich hat er an Bedeutung verloren."
Verhärtete Positionen
Hinter den Kulissen wird derweil auf Hochtouren verhandelt – doch die Positionen scheinen verhärtet, jedenfalls in Interviews wie diesen - Uribe bei Radio El Mundo
"Ich habe dem Präsidenten dargelegt, welche Änderungen am Vertrag vorgenommen werden müssten, und das sind nicht nur Details. Wenn hier nur kosmetisch drüber gegangen wird, ohne an die Wurzeln zu gehen wäre das enorm schlecht für Kolumbien."
Zeichen der Hoffnung dagegen aus Havanna, wo Delegationen beider Seiten erneut zusammensitzen, dort verkündete Regierungs-Chefunterhändler Humberto de la Calle: Man akzeptiere das Nein einer Mehrheit, auch wenn diese knapp sei – und arbeite an Justierungen.
"Im Rahmen der uns von der Verfassung gewährten Befugnisse, müssen wir jetzt schnell und intelligent handeln und alle Sektoren der Gesellschaft mit einbeziehen."
Doch was heißt das im Detail? Das Uribe-Lager lehnt vor allem die politische Beteiligung der Farc ab, fordert härtere Strafen und mehr Garantieren für die Privatwirtschaft. Damit Kolumbien sich nicht in ein – Zitat – Venezuela verwandele. Alles Punkte, die die linksgerichtet Guerillaorganisation schwer akzeptieren dürfte – schließlich betonten sie immer wieder: Wir geben unseren Kampf nicht auf, wir führen ihn nur mit Worten, statt mit Waffen weiter.
Für den Frieden in Kolumbien einsetzen
Zwei Positionen, die sich unversöhnlich gegenüberstehen – und die Uhr tickt. Wie lange kann die Farc-Führung in Havanna die Basis noch hinter sich halten, die meisten sind bereits zurück in Dschungel und Berge gekehrt. Kolumbien befindet sich derzeit in einem Schwebezustand, wie es weitergeht, ist ungewiss. Daran ändert erst mal auch ein Friedensnobelpreis nichts. Aber er gibt denjenigen Kraft, die sich seit Jahren für den Frieden in Kolumbien einsetzen und sich in den letzten Tagen im ganzen Land auf die Straße gegangen sind, um den Opfern des Krieges zu gedenken.