Kommentar
Friedenstaube Orbán: Unterwegs im Interesse des Kreml

Viktor Orbán ist auf einer „Friedensmission“ – rund um den Globus wirbt er für einen Waffenstillstand, vor Friedensverhandlungen. Also genau das, was Russland brauchen kann: mehr Zeit, um aufzurüsten.

Ein Kommentar von Silke Hahne |
Viktor Orban und Wladimir Putin schütteln Hände
Auf Friedensmission? Nachdem Viktor Orban in Kiew Wolodymyr Selenskyj traf, flog er zu Wladimir Putin in Moskau. Das sorgte für Ärger. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Valeriy Sharifulin)
Wladimir Putin hat heute wieder die Ukraine bombardieren lassen. Dieses Mal fielen die Bomben am helllichten Tag. Mindestens 20 Menschen wurden getötet. Unter anderem bombardierte Putins Armee ein Kinderkrankenhaus in der Hauptstadt Kiew.
Unterdessen fliegt die Friedenstaube Viktor Orbán nach Peking, zu Russlands wichtigstem Unterstützer auf der Bühne der internationalen Diplomatie. So wie er am Freitag nach Moskau geflogen ist, um dem Kriegsverbrecher und Diktator Wladimir Putin die Hand zu schütteln.

Sicherheitsrisiko für NATO und EU

All das war nicht abgesprochen mit Ungarns internationalen Bündnispartnern. Die NATO wurde lediglich in Kenntnis gesetzt, dass Orbán nach Moskau reist. Und die EU-Spitzen sowie die Staats- und Regierungschefs der Mitglieder, hat Orbán wohl gänzlich kalt erwischt. Als besonderes Schmankerl hat sich Orbán für seine Freunde in Brüssel noch etwas einfallen lassen:
Zwar behauptet er bescheiden, natürlich kein Mandat für seine sogenannte Friedensmission zu haben. Die Propaganda-Videos über seine kleine Weltreise ziert dann aber doch das ungarische Logo der EU-Ratspräsidentschaft.
Orbán nutzt die Ratspräsidentschaft aus, um die vorzuführen, die seine Partner sein sollten. Er wird immer mehr zu einem ernsthaften Sicherheitsrisiko für die NATO und die EU. Beide müssen spätestens jetzt dringend Wege finden, einen weiteren Missbrauch des Mitgliederstatus durch Ungarn zu verhindern. Ein guter Anfang wäre es auszuloten, wie man Ungarn die Ratspräsidentschaft entziehen kann.

Ukrainische Regierung düpiert

Orbán missbraucht aber nicht nur diese vergleichsweise unbedeutende Ratspräsidentschaft. Er hat auch die ukrainische Regierung düpiert. Die war nämlich ebenfalls nicht darüber informiert, welche Hauptstädte nach Kiew noch auf Orbáns Reiseroute liegen würden. Die Ukraine dürfte gegen ihren Willen in die große Viktor-Orbán-Show hineingezogen worden sein.
Der Kreml hat sich hingegen sehr gefreut über den hohen Besuch aus Europa. Man schätze Orbáns Bemühungen, die Positionen im Krieg zu klären, hieß es aus Moskau. Und wahrscheinlich schätzt man dort auch, wovon Viktor Orbán die Welt jetzt überzeugen will: Dass es einen Waffenstillstand braucht, bevor über Frieden verhandelt wird. Denn das würde für Russland einen Zeitgewinn bedeuten. Zeit für seine Aufrüstung.
Denn dass Russland sich nicht an Vereinbarungen hält, das haben die Ukrainer schon zwischen 2014 und 2022 lernen müssen. Und was Putin von Frieden hält, das hat er heute mit seinen Bomben wieder gezeigt.