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Friedmann, Einsteins Fehler und der verpasste Urknall

Vor hundert Jahren veröffentlichte der russische Mathematiker Alexander Friedmann in der Zeitschrift für Physik seinen Aufsatz „Über die Krümmung des Raumes“. Dies war eine Art Entdeckung des Urknalls, was damals aber niemand bemerkte.

Von Dirk Lorenzen | 29.11.2022
Das Universum dehnt sich als Folge des Urknalls aus – unbemerkt entdeckt von Alexander Friedmann
Das Universum dehnt sich als Folge des Urknalls aus – unbemerkt entdeckt von Alexander Friedmann (ESA/Hubble & NASA, A. Newman, M.)
Anfang des letzten Jahrhunderts galt das Universum den Fachleuten als völlig statisch und ewig unveränderlich, wozu auch die Allgemeine Relativitätstheorie zu passen schien. Alexander Friedmann beschäftigte sich mit deren Gleichungen und erkannte, dass sie ein dynamisches Universum vorhersagen: einen Kosmos, der sich ausdehnt, zusammenstürzt oder pulsiert – der jedenfalls nicht in Ruhe ist.

Beginn der modernen Kosmologie

Aus heutiger Sicht war dies der Beginn der modernen Kosmologie. Doch Friedmanns Arbeit erregte keineswegs Aufsehen. Albert Einstein meinte gar, Friedmann habe sich verrechnet. Der widerlegte diesen Einwand, was Einstein auch einräumte. Doch was diese Gleichungen physikalisch bedeuten, erfassten weder Friedmann noch Einstein.
Erst der Belgier Georges Lemaître erkannte einige Jahre später, dass ein sich ausdehnender Kosmos irgendwann einmal aus einem ganz engen und dichten Zustand hervorgegangen sein musste – aus dem Urknall. Fast zeitgleich bestätigten Beobachtungen, dass sich die Galaxien im Universum tatsächlich voneinander fortbewegen.
Alexander Friedmann hat die wahre Bedeutung seiner „Entdeckung“ nicht mehr erlebt. Drei Jahre nach seiner epochalen Arbeit ist er mit nur 37 Jahren an Typhus gestorben. Die Bewegungsgleichungen des Universums heißen bis heute „Friedmann-Gleichungen“.

Leben und Werk von Alexander Friedmann
Bericht über Friedmann und das expandierende Universum