Am Anfang bekommt man einen gehörigen Schrecken. Ein großes Gitter versperrt die freie Bühnensicht. Gleich schießt einem Calixto Bieitos grauenvolle "Fidelio"-Inszenierung in den Sinn, da durfte Jonas Kaufmann im Schlafanzug auf einem Metallgerüst herumturnen. Doch das war ja an der Bayerischen Staatsoper, am Gärtnerplatz (diesmal in der Ausweichspielstätte Prinzregententheater) regiert aber der in bunte Oberflächen verliebte Josef E. Köpplinger.
In der Tat, bald hebt sich der nur virtuelle Netzvorhang und wir sehen eine Parkbank, ringsherum blüht grünste Natur. Auf der Bank sinnieren zwei ältere Herren über das Leben und die Kunst und die Frage, was heute wohl guter Opernstoff wäre. Einer ist offenbar Komponist und sucht nach Inspiration, der Andere erzählt ihm aus seinem Leben. Er ist Präsident eines Stahlkonzerns und hat just am gestrigen Tage merkwürdige Dinge erlebt. Stracks sind wir mitten im Geschehen, die Natur verschwindet bis auf mehrere zurückbleibende Tannen, ein kühl weißes Bürogebäude mit etlichen Etagen kommt zum Vorschein.
Oben malochen asiatische Anzugträger, unten thront der Stahlboss, umgeben von einer riesigen Entourage. Diese nimmt ihrem Chef fast alles ab, doch um ein Persönchen muss er sich selber kümmern. Die Tochter eines wichtigen Geschäftspartners ist nämlich zu Gast. Sie hört auf den schönen Namen Melody und verliebt sich dummerweise in den Fahrradboten Josef, ist sogar von ihm schwanger. Josef hat merkwürdige Ideen, er interessiert sich zum Beispiel für - bäh! - Gewerkschaften und sieht ziemlich verlottert aus.
Also macht der gute Onkel Präsident aus ihm einen Vorzeigeschwiegersohn, was nur unter Komplikationen gelingt. Sogar ein - recht seniler - Graf adoptiert ihn und schlussendlich passt alles. Wen diese Geschichte irgendwie an einen Film von Billy Wilder erinnert, der irrt keineswegs. Sein Komödienhit "Eins, Zwei, Drei" aus dem Jahr 1961 bringt allerdings noch deutlicher Politisches herein, nämlich nicht nur Wort-Gefechte im Berlin zwischen West und Ost, zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Wilders Grundlage war ein Theaterstück von Ferenc Molnár, darauf greifen auch Friedrich Cerha und sein Librettist Peter Wolf zurück. Herausgekommen ist ein unterhaltsam vor sich hinschnurrendes Öperchen, das im Zweifel Klamauk statt tiefgründigen Humor bietet und in Josef E. Köpplingers Inszenierung punktgenau und zielsicher über die Rampe kommt.
Es gibt zwar ganz schreckliche Stilblüten, wie etwa eine "Mama Morgana", doch vor allem die zahlreichen selbstreferenziellen Kaspereien verfehlen ihre Wirkung nicht. Mehrfach wird die Handlung mal eben angehalten und Sänger beschweren sich über zu wenig Arioses, worauf der (exzellente) Dirigent Marco Comin reichlich schimpfen darf.
Nicht jede gut gemeinte Pointe zündet an diesem Abend, der zweite Teil leidet leider zunehmend unter Lähmungserscheinungen, bis ganz zum Schluss die zwei alten Jungs wieder auf der Parkbank sitzen, als wäre nichts geschehen. Hier wirken sie für einen Moment wie wunderbare Beckett-Clowns, bald schläft der Präsident ein und die Musik vertröpfelt allmählich, ganz sachte und sanft.
Friedrich Cerha hat einst das Wienerlied quasi neu erfunden und deftige, komplexe Musik im Stil der Zweiten Wiener Schule geschrieben. "Onkel Präsident" ist hörbar ein altersmildes Spätwerk geworden. Nach dem Baukastenprinzip addiert Cerha raue Klangflächen, zirpend-schmirgelnde Einzelfiguren, luftig heitere Operettenfarben und manchmal auch frostige Passagen, wo die Musik gleichsam einfriert. Wirkliche Höhepunkte sind rar gesät, aber zumindest stimmt meist das Timing.
Renatus Mészár brilliert als Präsident, Paul Schweinesters hell timbrierte Stimme passt gut zum bübchenhaften Josef, das übrige Ensemble singt solide bis gut, präzise und knackig tönt es aus dem Orchestergraben. Für echte Cerha-Fans ist dieser Falstaff sicher weniger geeignet, aber große Meister sind ja idealerweise auch gute Handwerker. Und sein Handwerk beherrscht der große Meister Cerha immer noch.
In der Tat, bald hebt sich der nur virtuelle Netzvorhang und wir sehen eine Parkbank, ringsherum blüht grünste Natur. Auf der Bank sinnieren zwei ältere Herren über das Leben und die Kunst und die Frage, was heute wohl guter Opernstoff wäre. Einer ist offenbar Komponist und sucht nach Inspiration, der Andere erzählt ihm aus seinem Leben. Er ist Präsident eines Stahlkonzerns und hat just am gestrigen Tage merkwürdige Dinge erlebt. Stracks sind wir mitten im Geschehen, die Natur verschwindet bis auf mehrere zurückbleibende Tannen, ein kühl weißes Bürogebäude mit etlichen Etagen kommt zum Vorschein.
Oben malochen asiatische Anzugträger, unten thront der Stahlboss, umgeben von einer riesigen Entourage. Diese nimmt ihrem Chef fast alles ab, doch um ein Persönchen muss er sich selber kümmern. Die Tochter eines wichtigen Geschäftspartners ist nämlich zu Gast. Sie hört auf den schönen Namen Melody und verliebt sich dummerweise in den Fahrradboten Josef, ist sogar von ihm schwanger. Josef hat merkwürdige Ideen, er interessiert sich zum Beispiel für - bäh! - Gewerkschaften und sieht ziemlich verlottert aus.
Also macht der gute Onkel Präsident aus ihm einen Vorzeigeschwiegersohn, was nur unter Komplikationen gelingt. Sogar ein - recht seniler - Graf adoptiert ihn und schlussendlich passt alles. Wen diese Geschichte irgendwie an einen Film von Billy Wilder erinnert, der irrt keineswegs. Sein Komödienhit "Eins, Zwei, Drei" aus dem Jahr 1961 bringt allerdings noch deutlicher Politisches herein, nämlich nicht nur Wort-Gefechte im Berlin zwischen West und Ost, zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Wilders Grundlage war ein Theaterstück von Ferenc Molnár, darauf greifen auch Friedrich Cerha und sein Librettist Peter Wolf zurück. Herausgekommen ist ein unterhaltsam vor sich hinschnurrendes Öperchen, das im Zweifel Klamauk statt tiefgründigen Humor bietet und in Josef E. Köpplingers Inszenierung punktgenau und zielsicher über die Rampe kommt.
Es gibt zwar ganz schreckliche Stilblüten, wie etwa eine "Mama Morgana", doch vor allem die zahlreichen selbstreferenziellen Kaspereien verfehlen ihre Wirkung nicht. Mehrfach wird die Handlung mal eben angehalten und Sänger beschweren sich über zu wenig Arioses, worauf der (exzellente) Dirigent Marco Comin reichlich schimpfen darf.
Nicht jede gut gemeinte Pointe zündet an diesem Abend, der zweite Teil leidet leider zunehmend unter Lähmungserscheinungen, bis ganz zum Schluss die zwei alten Jungs wieder auf der Parkbank sitzen, als wäre nichts geschehen. Hier wirken sie für einen Moment wie wunderbare Beckett-Clowns, bald schläft der Präsident ein und die Musik vertröpfelt allmählich, ganz sachte und sanft.
Friedrich Cerha hat einst das Wienerlied quasi neu erfunden und deftige, komplexe Musik im Stil der Zweiten Wiener Schule geschrieben. "Onkel Präsident" ist hörbar ein altersmildes Spätwerk geworden. Nach dem Baukastenprinzip addiert Cerha raue Klangflächen, zirpend-schmirgelnde Einzelfiguren, luftig heitere Operettenfarben und manchmal auch frostige Passagen, wo die Musik gleichsam einfriert. Wirkliche Höhepunkte sind rar gesät, aber zumindest stimmt meist das Timing.
Renatus Mészár brilliert als Präsident, Paul Schweinesters hell timbrierte Stimme passt gut zum bübchenhaften Josef, das übrige Ensemble singt solide bis gut, präzise und knackig tönt es aus dem Orchestergraben. Für echte Cerha-Fans ist dieser Falstaff sicher weniger geeignet, aber große Meister sind ja idealerweise auch gute Handwerker. Und sein Handwerk beherrscht der große Meister Cerha immer noch.