Bürgerrechtler und Theologe
Friedrich Schorlemmer gestorben - Würdigung von Steinmeier

Bundespräsident Steinmeier hat den verstorbenen Theologen und DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer als "mutigen und aufrechten Streiter für Freiheit und Demokratie" gewürdigt. Steinmeier erklärte, ohne Menschen wie ihn wäre die friedliche Revolution vor 35 Jahren nicht möglich gewesen.

    Der Theologe Friedrich Schorlemmer auf der Leipziger Buchmesse: Er stell sein Buch "Luther" vor.
    Der Theologe Friedrich Schorlemmer (Archivbild aus dem Jahr 2017) (Deutschlandradio / M. Hucht)
    "Friedrich Schorlemmer gehörte zu jenen mutigen DDR-Bürgerrechtlern, die mit hohem persönlichen Einsatz das Unrecht des SED-Regimes kritisierten und im Herbst 1989 den Aufbruch für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte wagten", erklärte Steinmeier.
    Mit der von ihm mit initiierten Friedensaktion "Schwerter zu Pflugscharen" in Wittenberg 1983 sei Schorlemmer in die Geschichte eingegangen. Auch nach dem Fall der Mauer habe er die politischen Debatten mit kritischem Blick bereichert. Zugleich habe Schorlemmer Bürgerinnen und Bürger ermutigt, Verantwortung zu übernehmen.

    Schorlemmer wurde 80 Jahre alt

    Der Theologe und Bürgerrechtler war nach Angaben seiner Familie am Montag nach langer Krankheit im Alter von 80 Jahren in einem Berliner Pflegeheim verstorben. Der am 16. Mai 1944 im brandenburgischen Wittenberge geborene Friedrich-Wilhelm Schorlemmer war einer der wichtigsten Protagonisten der friedlichen Revolution in der DDR.
    Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff würdigte Schorlemmer als eine wichtige Stimme des Ostens und eine Symbolfigur der kirchlichen Friedensbewegung in der DDR. Schorlemmer habe wortmächtig den Freiraum der Kirche genutzt, sagte Haseloff in Magdeburg.

    Wittenberger Thesen für eine Demokratisierung der DDR

    Schorlemmer, der Sohn eines evangelischen Pfarrers, galt als unangepasst. Er verweigerte als Pazifist den Wehrdienst. Später studierte er in Halle Theologie und kam 1978 als Dozent ans Evangelische Predigerseminar in die Lutherstadt Wittenberg. Dort bildete sich um ihn eine oppositionelle Gruppe, der Wittenberger Friedenskreis. Rund ein Jahr vor dem Mauerfall legte Schorlemmer gemeinsam mit der Gruppe die "20 Wittenberger Thesen" für eine Demokratisierung der DDR vor: Freie Wahlen, unabhängige Gerichte, Reisefreiheit - diese und andere Forderungen galten im Juni 1988 als Provokation.

    Eintritt in die SPD

    Auf der berühmten Demonstration am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz war Schorlemmer einer der Redner, er engagierte sich im "Demokratischen Aufbruch". Als sich die Partei im Zuge der ersten freien Volkskammerwahlen im Frühjahr 1990 der CDU zuwandte, trat er aus und schloss sich der SPD an. Von 1990 bis 1994 war er Fraktionsvorsitzender der SPD im Wittenberger Stadtparlament.
    Der Theologe erhielt im Laufe seines Lebens zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Carl-von-Ossietzky-Medaille, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und das Bundesverdienstkreuz. In den vergangenen Jahren war Schorlemmer an Demenz und Parkinson erkrankt. Er lebte in einem Berliner Pflegeheim und äußerte sich nicht mehr öffentlich.
    Diese Nachricht wurde am 10.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.