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Friedrich Wilhelm von Brandenburg
Historiker: "Er ist nicht dieser große Gründungsmythos-Held"

Erinnerung an historische Figuren ist nicht frei von politischen Interessen. Das sieht man nach Ansicht des Historikers Jürgen Luh deutlich am angeblichen Gründungshelden Preußens, Friedrich Wilhelm von Brandenburg. "Dass er nur ein einfacher Mensch war, hat man übersehen", sagte Luh im Dlf.

Jürgen Luh im Gespräch mit Anja Reinhardt |
Denkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Preußen in Emden
Dass er als Gründungsheld Preußens in die Geschichte eingehen würde, hätte sich Friedrich Wilehlm von Brandenburg eher nicht träumen lassen, meint der Historiker Jürgen Luh (imago / Wolfgang Fiedler)
Friedrich Wilhelm von Brandenburg - vor 400 Jahren in die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs geboren - wird oft als Begründer des Aufstiegs der preußischen Hohenzollern dargestellt. Das sei allerdings eher den geschichtspolitischen Interessen etwa Friedrichs des Großen geschuldet als den historischen Tatsachen, sagt der Historiker Jürgen Luh.
"Er gilt als Gründungsvater - da hat man natürlich einen gesucht und viel auf ihn appliziert. Er gilt als ein großer Held, großer Monarch, vorausschauend und alles schon geplant habend", sagt der Wissenschaftler von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. "Dass er nur ein einfacher Mensch war, hat man übersehen." Es lohne sich, den Kurfürsten neu zu betrachten, um mit einigen Vorurteilen aufzuräumen.
Ein Suchender und Getriebener mit Hang zur Depression
Das tut Luh in seinem Buch über "Den großen Kurfürsten". Friedrich Wilhelm sei ein Suchender gewesen, aufgewachsen auf der Flucht, vom Vater von der Politik ferngehalten und seit seiner Jugendzeit bei der damaligen Weltmacht Niederlande vom Wunsch getrieben, etwas darzustellen; emporzukommen, wie sich das bei den preußischen Monarchen bis zur Rede vom "Platz an der Sonne" im Deutschen Reich fortsetzte.
Die Entschädigungsforderungen der Hohenzollern
Die Nachfahren der preußischen Herrscher erheben Ansprüche auf teils national bedeutsame Kunstwerke aus öffentlichen Museen. Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sieht Rechtsansprüche der Hohenzollern als verwirkt an.
Zugleich habe Friedrich Wilhelm zu Depressionen geneigt, sei unsicher und wechselhaft in seinen Bündnissen gewesen. Nach Rückschlägen sei er auch mal für längere Zeit verschwunden, auf die Jagd etwa, und habe indessen seine Frau und seine Räte regieren lassen. "Der Kurfürst selbst hat, glaube ich, nicht geahnt - es lässt sich jedenfalls nicht nachvollziehen -, dass Preußen ein wichtiger Teil der deutschen Geschichte sein wird. Er hatte genug zu tun in seiner eigenen Zeit, um sich zu behaupten, um etwas darzustellen."
Friedrich Wilhelms Vermächtnis
Nichtsdestotrotz hat Friedrich Wilhelm nach Luhs Ansicht ein bis heute sichtbares Vermächtnis hinterlassen, unter anderem durch seine Kulturförderung. Er habe sich mit anderen Fürsten messen können wollen und daher wichtige Grundsteine gelegt, unter anderem für die Bildhauerkunst und das Berliner Schloss, für die preußischen Gemäldesammlungen und die heutige Staatsbibliothek in Berlin.