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Frieren
Auf Signale des Körpers achten

Frieren ist ein normaler Schutzmechanismus des Körpers bei kühlen Außentemperaturen. Lebenswichtige Organe im Körperinneren werden so besser mit Blut versorgt. Überhöhte Kälteempfindlichkeit kann aber auch andere Auslöser haben - zum Beispiel Alkohol, Müdigkeit, Hunger oder Durst.

Von Mirko Smiljanic |
    Eine Frau schläft mit einer Wärmflasche auf dem Bauch auf einem grünen Sofa
    Wie bekämpft man unangenehmen Schüttelfrost? Durch noch mehr von außen zugeführte Wärme? Falsch! Durch Kühlung! (David Ebener/dpa)
    Klinikum Leverkusen, Operationssaal 3 der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin.
    "Wir haben einen Patienten operiert, der eine ausgedehnte Darmresektion, das heißt, ein Ausschneiden von Darmteilen, über sich hat ergehen lassen müssen, eine Operation, die so etwa drei Stunden dauert." Professor Gerd Molter, Direktor der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin. "Dann kommt es in dieser Situation, weil der Patient in entkleidetem Zustand auf dem OP-Tisch liegt, wenn man nicht entsprechende Maßnahmen ergreift, zu einem erheblichen Temperaturverlust. Der Patient ist nicht geschützt und erschwerend kommt hinzu, dass unter den Bedingungen der Narkose die Temperaturregulation des Körpers unterdrückt ist."
    Während der OP wird die Temperaturregulation des Körpers ausgeschaltet. Der tiefe Schlaf des Patienten während der Narkose schaltet die Temperatursteuerung des menschlichen Organismus aus.
    "Erschwerend hinzukommt, dass unsere Narkosemedikamente die Eigenschaft haben, die Blutgefäße des Menschen zu erweitern. Damit ist deutlich mehr Blut in der Peripherie des menschlichen Körpers und die Abgabe von Wärme ist dadurch begünstigt."
    Rezeptoren im Körper registrieren die Temperatur
    Der Patient friert. Was ausgesprochen schnell passiert, der menschliche Organismus reagiert auf kleinste Temperaturunterschiede. Optimal ist eine Kerntemperatur – also die Temperatur im Innern des Körpers – von 36,5 Grad Celsius bis 37 Grad Celsius. Registriert werden die Temperaturunterschiede von Rezeptoren, die über den gesamten Körper verteilt sind.
    "Wir unterscheiden Kälte- und Wärmerezeptoren im Körper. Die Wärmerezeptoren arbeiten in einem Bereich von 30 bis 44 Grad, und messen sie eine zu hohe Temperatur, werden diese Signale an das Gehirn fortgeleitet und als Schmerz interpretiert."
    Dr. Anja Mitrenga-Theusinger, leitende Oberärztin am Klinikum Leverkusen:
    "Und die Kälterezeptoren funktionieren ab 25 Grad abwärts, und in dieser Zwischenzone arbeiten beide Rezeptortypen. Und die Rezeptoren reagieren besonders auf die Temperaturveränderung, in einer Zeit, wo die Temperatur vom Körper konstant wahrgenommen wird, wird auch nicht ständig eine Information an das Gehirn weitergeleitet, erst bei der Schwankung." Bei niedriger Außentemperatur ziehen sich die Blutgefäße der Haut zusammen. Bei zu niedriger Außentemperatur frieren wir, wobei "Frieren" genau genommen nur ein Ziel hat: Die lebenswichtigen Organe im Körperinneren – Hirn und Herz, Leber und Niere – müssen immer mit Blut versorgt werden.
    "Damit nicht zu viel Wärme verloren geht, ziehen sich die Blutgefäße in der Haut zusammen. Das spüren wir dann besonders daran, dass zum Beispiel die Hände oder die Füße, die Ohren oder Lippen kalt werden. Zu diesen Gegenmaßnahmen gehört es dann auch, dass Muskeln anfangen, zu zittern. Durch diese kleinen Bewegungen erzeugt die Muskulatur Wärme. Das kann den Körper vor Auskühlung schützen."
    Kühlung bei Schüttelfrost
    Ein Vorgang, den jeder kennt – zwar überlebenswichtig, in seiner Alltäglichkeit aber auch nichts Besonderes. Dies ändert sich bei einem Blick auf – vereinfacht gesagt – "ungesundes Frieren". Auslöser können Alkohol und Müdigkeit sein, Hunger und Durst, und natürlich Krankheiten, so Anja Mitrenga-Theusinger.
    "Dann ist es letztendlich in unserer Umgebung warm genug, bei Fieber zum Beispiel ist die eigene innere Temperatur erhöht, und der Körper denkt dann – so kann man sich das vorstellen – dass die Außentemperatur zu niedrig ist, und er ergreift die entsprechenden Gegenmaßnahmen wie beschrieben, wir beginnen dann zu frösteln, die Muskeln fangen an zu zittern und man kennt das von sich, den Schüttelfrost, der dann einsetzt."
    Und wie bekämpft man einen äußerst unangenehmen Schüttelfrost? Durch noch mehr von außen zugeführte Wärme? Falsch! Durch Kühlung!
    "Letztendlich geht es darum, dem Körper diesen Impuls zu nehmen, dass die zu hohe Temperatur von ihm wahrgenommen wird. Es geht um Fiebersenkung, fiebersenkende Maßnahmen durch mechanische Kühlung, das ist immer noch der kalte Waschlappen auf der Stirn oder die Wadenwickel, die man anwenden kann. Aber auch das medikamentöse Absenken dieser erhöhten Temperatur."
    Vorsicht vor Alkohol
    Der Umgang mit physiologisch "gesundem Frieren" lässt sich übrigens trainieren. Saunabesucher machen das, wenn sie nach Schwitzbädern in kaltes Wasser gehen. Mit der Zeit verändern sie so die Empfindlichkeit fürs Frieren, außerdem stärken Wechselbäder das Immunsystem.
    Und wie ist es im Winter auf dem Weihnachtsmarkt? Noch einen Glühwein? Vorsicht bei Alkohol, er weitet die Blutgefäße mit der Folge, dass noch mehr Wärme verloren geht.
    "Deswegen muss man unbedingt davon abraten, wenn ein Frieren einsetzt dort den Alkohol dort als Möglichkeit zu ergreifen, ein Wärmegefühl herzustellen, das hält nicht lange an und ist kontraproduktiv."