Archiv

Fritz Stern ist tot
Ein Historiker, der die Gegenwart immer im Blick hatte

Fritz Stern gehörte zu den berühmtesten Historikern der Gegenwart, galt als einer der besten Kenner der deutschen Geschichte in den USA. Dorthin war er mit seiner jüdischstämmigen Familie 1938 geflohen, und dort ist er nun im Alter von 90 Jahren gestorben. Sein Wort hatte bis zuletzt Gewicht.

    Der US-amerikanische Historiker deutsch-jüdischer Herkunft Fritz Stern 2009 in Berlin
    Der US-amerikanische Historiker deutsch-jüdischer Herkunft Fritz Stern 2009 in Berlin (picture alliance / dpa / Claudia Esch-Kenkel)
    Stern sei zuhause in New York gestorben, teilte eine Sprecherin des Verlags C.H.Beck in München mit. Stern war am 2. Februar 90 Jahre alt geworden, eines seiner letzten Interviews gab er aus diesem Anlass Deutschlandradio Kultur. Darin warnte er die Gesellschaft "vor einem neuen Zeitalter von Angst" und neuer autoritärer Systeme. Der derzeitige Rechtsruck habe mit Angst zu tun, und die rechtsradikalen Kräfte in Europa verbreiteten diese Angst.
    Selbst hatte er als Kind und Jugendlicher den Aufstieg der Nationalsozialisten in Deutschland erlebt. Nach seiner Flucht 1938 lehrte er in den USA als Professor der Columbia-Universität in New York und gehörte zu den international profiliertesten Historikern. In Deutschland wurde er unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Stern beschäftigte sich immer wieder mit der deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert und äußerte sich auch zu aktuellen Fragen.
    Trump? "Kann dieses Land nur ins Unglück stürzen"
    Zum US-Präsidentschaftswahlkampf sagte der Historiker bei Deutschlandradio Kultur, dort lasse sich ein Populismus beobachten, der mit "allgemeiner Verdummung" einhergehe. Der Republikaner Donald Trump im Weißen Haus sei eigentlich undenkbar: "Ein Mensch, der mit Geld und Ignoranz protzt, der kann dieses Land nur ins Unglück stürzen", so Stern.
    Auch im Deutschlandfunk-Zeitzeugengespräch anderthalb Jahre zuvor hatte sich Stern kritisch zur aktuellen Lage in den USA geäußert. So kritisierte er die Spionagepraktiken der Geheimdienste dort und die Folgen eines "neuen Typs des Kapitalismus".
    "Wie man es machen soll, bleibt Aufgabe der Zukunft"
    Der Vizepräsident des Europaparlaments, Alexander Graf Lambsdorff, betonte im Kurznachrichtendienst Twitter die Bedeutung von Sterns Worten mit Blick auf aktuelle Entwicklungen:
    Einen seiner bekanntesten Sätze sagte Stern in seiner Dankrede für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: "Die Vergangenheit hat uns in mancher Hinsicht gelehrt, wie man es nicht machen soll; wie man es machen soll, bleibt Aufgabe der Zukunft."
    (bor/fe)