400 junge Leute im Saal, überwiegend Männer. Keine Skinheads. Gymnasiasten, Studenten, Lehrlinge, ein junges Mädchen trägt ein T-Shirt. "Französin: stark und stolz" steht auf ihrem Rücken. Manche haben ihren Mitgliedsantrag gerade ausgefüllt, andere sind schon länger dabei.
Die "Unterdrückung durch EU und Nato" wird ein Ende haben, wenn das französische Volk es will. Der Vizepräsident der Partei steht am Rednerpult. Die Parteispitze hat ihr komplettes Personal anreisen lassen. "Ihr seid es, die uns helfen, diesen Krieg zu gewinnen", ruft Florian Philippot und bittet um die Marseillaise:
An der Stirnwand der Bühne das Banner: "Generation Nation". Ein junger Redner entschuldigt sich für einen "Anglizismus", der ihm rausgerutscht ist. An den Seitenwänden Poster mit Auszügen der französischen Verfassung: Die Sprache der Republik ist Französisch! Gerade ist eine unliebsame Journalistin einer linken Internet-Zeitung des Saales verwiesen worden. Durch die offenen Türen weht warme Mittelmeerluft.
Vorbereiten auf das Regieren
"Wir haben 30.000 Mitglieder", sagt der Chef der Jugendsparte der französischen Rechtsextremen, Julien Rochedy. "Wir sind junge Leute, die sich darauf vorbereiten, dieses Land zu regieren."
Rugy, der aus der Nähe von Narbonne angereist ist, hockt in einer Pause mit anderen auf der Mauer. Er ist seit drei Jahren dabei. "Der FN ist eine Hoffnung, die einzige Chance für das Land".
"Sicherheitsfragen sind unser erstes Anliegen", sagt Louis, 20 Jahre. Er lebte früher in Paris, jetzt nahe Nizza, hockt ebenfalls auf der Mauer. Neben Louis sitzt Christophe, 24 Jahre, weißes T-Shirt, dunkle Haare, südländische Erscheinung: "Dann die Einwanderung – wenn man erlebt, dass einheimische Franzosen weniger Rechte haben, als die, die zu uns kommen...."
Partei der klaren Ansage
Die Jugendlichen fühlen sich an den Rand gedrängt, von den anderen Parteien nicht ernst genommen, der Front National ist für sie die Partei der klaren Ansagen. Im Saal plädiert der außenpolitische Berater Aymeric Chauprade für eine strategische Allianz mit Russland, nur so könne Frankreich sich aus den Klauen der USA befreien. Muslime, die sich nicht eingliedern wollen, sollen gehen, meint er noch und:
"....nur mit Marine Le Pens Hilfe wird die Flagge Frankreichs in der ganzen Welt bald wieder wehen."
Die Parteichefin ist eigens in den Süden gekommen, die Jugendlichen hält es nicht auf den Sitzen, als sie den Saal betritt. "Vor zehn Jahren war es noch sozialer Selbstmord, wenn man sagte, ich bin beim FN , aber heute ist das Gegenteil der Fall, da darf man das mit Stolz sagen", sagt Louis.
Er erzählt von der Jugend, die sich zunehmend politisch engagieren will: "Der Front National unterstützt uns auf unserem politischen Weg, wir haben viele junge Bürgermeister."
Auch in Fréjus, das den Jugendkongress ausrichtet. In der 55.000-Seelen-Stadt sitzt seit März David Rachline im Rathaus, 26 Jahre. Im Sall wird "David" wie einen Popstar gefeiert. Eine überschuldete, von den Konservativen heruntergewirtschaftete Stadt hat Rachline den Weg ins Rathaus erleichtert. Er sei jung, dynamisch, habe gute Ideen, sagt ein Taxifahrer im Dorf. Andere sehen das anders.
Erstmal die Europa-Flagge abgebaut
Auf einer Wiese in der Nähe des Stadtzentrums hat das "Republikanische Forum" zum Picknick eingeladen.
"Wir beobachten aus der Distanz, was der Front National in unserer Stadt tut". Marie Jose de Azevedo ist Lehrerin in Fréjus und leitet die Gruppe, der heutige FN-Bürgermeister war einst ihr Schüler.
"Zuallererst hat er die Europaflagge am Rathaus abnehmen lassen..." Lila Katthar ist die Sprecherin der selbst ernannten Demokratiewächter.
"Wir mussten die Vertretung der Europäischen Kommission in Marseille um Hilfe bitten, denn der Bürgermeister wollte uns sogar ein Europafest verbieten", beschreibt Jean-Paul Radigois, der pensionierter Architekt kümmert sich ehrenamtlich um Jugendliche in den Problemvierteln. Gerade hat der FN Bürgermeister ein Sozialzentrum schließen lassen, andere stehen vor drastischen Etatkürzungen:
"Die Jugend in den Einwanderer-Vierteln verlieren ihr zweites Zuhause, lungern herum, machen Unsinn und genau das will der FN, damit er sagen kann, seht, das ist Gesindel, die sollen hingehen, wo sie herkommen."
Ein großer, stämmiger Mann gesellt sich hinzu, Ziad, 25 Jahre. Bis vor Kurzem besaß er eine Bäckerei für orientalisches Gebäck. "Eine Woche, nachdem der FN die Wahlen in Fréjus gewonnen hatte, habe ich vor meinem Laden einen Schweinskopf gekommen, in einen Gebetsteppich eingewickelt."
Ziad hat sein Geschäft inzwischen geschlossen. Während die selbsternannten Demokratiewächter ihre Sorgen ausbreiten, macht sich die FN-Chefin beim Jugendkongress über sie lustig – die haben zu viel Zeit, spottet sie und lässt sich feiern als Idol der Jugend, die sich mit Le Pen auf der Erfolgsspur sieht.