Archiv


Frust bei Telekom-Aktionären

Der scheidende Telekom-Chef René Obermann zeigte sich auf seiner letzten Hauptversammlung selbstkritisch. Der Milliardenverlust im letzten Jahr löste weder bei ihm noch bei den Aktionären Begeisterungsstürme aus.

Von Benjamin Hammer |
    Rund 60 Euro pro Stück, so viel waren die Telekom-Aktien von Familie Hennig aus Niedersachsen vor 13 Jahren wert, als sie einstiegen. Heute ist eine T-Aktie noch rund zehn Euro wert. Macht um die 80 Prozent Verlust. Enttäuschung.

    "Denn die Aktie ist ja bei Weitem gefallen, was wir damals beim Kauf investiert haben, ist ja heute nur noch ein Minimum von dem."

    Leute wie die Hennigs gibt es viele auf der Telekom-Hauptversammlung in Köln. Da mag der Konzern Wörter wie "Innovation" oder "Transformation" auf die Leinwand werfen – die Vergangenheit hängt ihm noch immer nach. Das weiß auch René Obermann, seit sechseinhalb Jahren Chef des Konzerns.

    "Guten Morgen meine Damen und Herren, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre."

    Vielleicht liegt es daran, dass dies die letzte Hauptversammlung von René Obermann ist, Ende des Jahres räumt er seinen Posten. Vielleicht nimmt Obermann die Dinge dadurch etwas leichter. Der Chef beginnt seine Rede jedenfalls nicht mit Zahlen und Eigenlob.
    "Seit ich 2006 in dieses Amt kam, gab es eine Menge aufzuarbeiten. Es war eigentlich immer irgendwo Alarm. Die Spitzelaffäre gleich zu Beginn, Dopingskandal, dann Korruptionsvorwürfe in Osteuropa, leider erforderliche Standortschließungen, Tarifkonflikte und großen Streiks."
    Selbstkritisch ist auch Obermanns Blick in die Gegenwart.

    "Dass wir bisher trotz aller Anstrengungen den drastischen Preisverfall auf der Umsatzseite nicht kompensieren konnten. Unser Aktienkurs spiegelt die Branchenproblematik zumindest teilweise auch wider. Er löst keine Begeisterungsstürme aus, weder bei mir noch bei Ihnen."

    Keine Begeisterung dürften auch die künftigen Dividendenpläne der Telekom auslösen. Für 2012 soll es bei 70 Cent bleiben, für das laufende Jahr soll sie jedoch auf 50 Cent gesenkt werden. Dieser Schritt wird bereits heute diskutiert – und von Aktionärsvertretern gelobt. Denn das Geld wird dringend gebraucht: für den teuren Ausbau der Internet-Leitungen. Apropos teuer, auf die Kritik an der möglichen Drosselung des Internets geht Obermann ebenfalls ein.

    "Wir sollen auf der einen Seite zusätzlich viele Milliarden investieren, in den Netzausbau, ländliche Regionen, die dünn besiedelt sind, wo die Anschlüsse zum Teil Tausende von Euro kosten. Schnell ausbauen, schnell versorgen. Aber natürlich zu stabilen oder idealerweise zu sinkenden Preisen. Das ist absurd, meine Damen und Herren."

    Obermann verlässt die Telekom Ende des Jahres. Auf ihn folgt Tim Höttges, das hat der Aufsichtsrat jetzt auch offiziell beschlossen. Umsatz und Gewinn dürften auch mit dem neuen Chef vorerst bescheiden bleiben, dafür ist der Markt zu umkämpft.

    Zumindest den Problemfall USA hat die Telekom aus eigener Sicht gelöst. Der Börsenstart der neuen Tochter aus T-Mobile und Metro PCS gelang Anfang Mai sehr gut, der Aktienkurs stieg rasant. Eine Entwicklung, von der Familie Hennig bei ihrer T-Aktie nur träumen kann. Ob sie noch immer Kunden von der Deutschen Telekom sind?

    "Nein. Nein, wir waren da also nicht ganz mit der Telekom mehr einverstanden, also, nicht sehr kundenfreundlich."