Vor allem im Süden Deutschland besteht das Risiko, an Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) zu erkranken. Ein kleiner Stich einer Zecke reicht schon aus, damit Viren in die Blutbahn des Menschen gelangen.
Es dauert eine bis zwei Wochen, bis erste Symptome wie Fieber und Kopfschmerzen auftreten. Bei einem kleinen Teil der FSME-Erkrankten kann es nach einer weiteren Woche zu einer Entzündung der Hirnhaut, des Gehirns oder des Rückenmarks kommen. Die Folge: Koordinationsstörungen, Lähmungen, Sprachstörungen, Bewusstseinsstörungen. In einem Prozent der Fälle kann die Krankheit tödlich verlaufen.
Die meisten Menschen infizieren sich zwischen Mai und Oktober mit dem FSME-Virus, wenn es warm ist und sie viel draußen unterwegs sind. Grundsätzlich ist das Infektionsrisiko eher gering. In Landkreisen, die das Robert Koch-Institut (RKI) als sogenannte Risikogebiete ausweist, tragen nur 0,1 bis 0,5 Prozent der Zecken das Virus. Da viele FSME-Infektionen ohne sichtbare Symptome verlaufen, sei es nicht möglich zu sagen, wie viele Menschen tatsächlich erkranken, erklärt das RKI.
In diesem Jahr könnte das Risiko für FSME-Infektionen steigen: Franz Rubel vom Wiener Institut für Öffentliches Veterinärwesen erwartet laut einer Prognose überdurchschnittlich viele Zecken. Das gehe aus Zeckenbeobachtungen und Populationszahlen hervor. Auch die Zahl der Bucheckern und Eicheln, die jährliche Durchschnittstemperatur und die aktuelle Wintertemperatur spielen bei den Berechnungen eine Rolle.
Bereits im vergangenen Jahr gab es einen starken Anstieg an FSME-Erkrankungen: Das RKI zählt insgesamt 704 Fälle. Nach Angaben der Universität Hohenheim ist das der höchste Wert seit Einführung der Meldepflicht im Jahr 2001. Die meisten Infizierten gab es in Baden-Württemberg. Im Vorjahr gab es nur 445 Erkrankungen.
Ein Grund dafür könnte die Corona-Pandemie sein, erklärt Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für FSME-Erkrankungen der Bundeswehr in München. 2020 hätten mehr Menschen Urlaub in Deutschland gemacht, sich mehr in der Natur aufgehalten.
Laut RKI besteht vor allem in den Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen, im südöstlichen Thüringen und in Sachsen ein erhöhtes Risiko, an FSME zu erkranken. Anfang des Jahres hat das RKI fünf neue Landkreise zu Risikogebieten erklärt – Dillingen a.d. Donau (Bayern), Fulda (Hessen), Mittelsachsen (Sachsen), Weimarer Land, (Thüringen) und der Stadtkreis Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt). Somit gibt es aktuell 169 FSME-Risikogebiete.
Experten beobachten seit einigen Jahren, dass sich FSME-infizierte Zecken auch in nördlicheren Gebieten ausbreiten. Milde Winter sorgen dafür, dass die Zecken schon recht früh aktiv werden.
Ein Kreis wird als Risikogebiet definiert, wenn die Zahl der gemeldeten FSME-Erkrankungen in einem Fünfjahreszeitraum höher liegt als bei einer Inzidenz von einer Erkrankung auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Der Status als Risikogebiet gilt für mindestens 20 Jahre.
Es gibt keine Medikamente, mit denen FSME direkt behandelt werden kann. Stattdessen werden die Symptome der Erkrankung verarztet. Es gibt aber einen Schutz vor FSME, eine Impfung. Allerdings ist die Impfquote laut RKI eher gering – auch in Risikogebieten. 2018 schwankte sie in den verschiedenen Kreisen zwischen acht und 39 Prozent. "Wenn wir es schaffen würden, alle zu impfen, dann hätten wir kein FSME mehr", betont Dobler. Die gängigen FSME-Impfstoffe haben laut Dobler eine Wirkung von über 90 Prozent. Auch die Ständige Impfkommission empfiehlt: Menschen, die in Risikogebieten wohnen, arbeiten oder Urlaub machen und dabei in Kontakt mit Zecken kommen könnten, sollten sich impfen lassen.
Grundsätzlich können sich Menschen vor Zeckensticken schützen, indem sie helle Kleidung tragen und auf festen Wegen bleiben. Denn Zecken halten sich vor allem in lichten Wäldern oder Waldrändern, im hohen Gras oder in Büschen auf.
Quellen: epd, dpa, Robert Koch-Institut, Thomas Wagner