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Führungsfrage in der CDU
"Friedrich Merz brennt vor Ehrgeiz"

Armin Laschet, Jens Spahn oder Friedrich Merz: Wer strebt nach Annegret Kramp-Karrenbauer den Vorsitz bei der CDU an? Laut Medienberichten ist Friedrich Merz bereit und auch Jens Spahn deutete an, er würde "Verantwortung übernehmen". Einschätzungen dazu von Dlf-Hauptstadtkorrespondent Stephan Detjen.

Stephan Detjen im Gespräch mit Silvia Engels |
06.11.2018, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Jens Spahn (l-r), Bundes-Gesundheitsminister, Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Friedrich Merz sitzen vor Beginn der CDU-Landesvorstandssitzung am Präsidiumstisch. Ex-Unionsfraktionschef Merz und Gesundheitsminister Spahn haben ihre Kandidaturen für den Parteivorsitz erklärt.
Jens Spahn (l-r), Bundes-Gesundheitsminister, Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Friedrich Merz bei der Sitzung des CDU-Landesvorstands in NRW (dpa / picture alliance / Federico Gambarini)
Silvia Engels: Hat Friedrich Merz mittlerweile bestätigt, dass er noch einmal antritt?
Stephan Detjen: Nein, da gibt es keine Bestätigung. Es ist noch nicht klar, ob das, wie es gestern hieß, aus seinem Umfeld durchgesickert ist oder ob das gezielt lanciert worden ist. Aber es hieß von seinem Sprecher nur, es gebe keine Bestätigung, kein Dementi. Man beteilige sich nicht an Spekulationen. Aber zugleich ist klar, wenn man Friedrich Merz kennt, wenn man ihn erlebt in den letzten Tagen und Monaten, dann sieht man jemanden, der vor Gestaltungswillen brennt, andere sagen, vor Ehrgeiz. Wiederum andere werfen ihm vor, immer noch die persönliche Revanche gegen Angela Merkel zu suchen.
Annegret Kramp-Karrenbauer, Parteivorsitzende der CDU, aufgenommen vor Beginn einer Kabinettssitzung im Bundeskanzleramt 
Rückzug und Richtungskampf: Die CDU ohne Kompass
Annegret Kramp-Karrenbauer verzichtet auf die Kanzlerkandidatur für die Union – und kündigt gleichzeitig an, sich vom Parteivorsitz der CDU zurückziehen zu wollen. Die Rückzugsankündigung nach nur gut einem Jahr als Vorsitzende kam trotz vieler interner Kritiker überraschend. Doch wie geht es weiter?
Auch deshalb habe ich gestern auch kritische Stimmen gehört, nachdem diese Meldungen durchgesickert sind. Da hieß es dann, na ja, typisch Merz, der kann sich nicht zurückhaltend. Aber klar ist eben auch: In mehreren Umfragen seit dem letzten Herbst bekommt Friedrich Merz von allen möglichen Kandidaten für die Kanzlerkandidatur, inzwischen den CDU-Vorsitz, am meisten Zustimmung. Merz weiß das, und er nutzt diese Popularität an der Basis natürlich auch. Das braucht er auch als Druckmittel. Denn in den Spitzengremien, die da formal zunächst mal gefragt sind, da ist er ja nicht vertreten.
Armin Laschet hält sich bedeckt
Engels: Wie steht es denn mit den anderen Bewerbern, die ja immer gehandelt werden? Gesundheitsminister Jens Spahn und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet?
Detjen: Armin Laschet gibt sich bisher am konsequentesten bedeckt. Es heißt immer wieder, er ringe noch mit sich. Er habe als Ministerpräsident dieses großen Bundeslandes auch am meisten zu verlieren. Jens Spahn, der hat sich in der Rolle des Bundesgesundheitsministers inzwischen in der eigenen Partei viel Respekt erworben. In dieser Rolle als Minister hatte er sich gestern zur Corona-Epidemie geäußert und auf Nachfrage dann auch zum CDU-Vorsitz gesagt:
"Ich habe immer gesagt und das habe ich, denke ich auch dokumentiert in den letzten eineinhalb, zwei Jahren, dass sich bereit bin, Verantwortung zu übernehmen. In welcher Konstellation das aber geschieht, darüber reden wir jetzt eben in den nächsten Tagen."
Jens Spahn und das Alter
Abends habe ich ihn dann erlebt bei einer Veranstaltung der jungen Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag. Die haben da ein Buch vorgestellt und haben Jens Spahn, der da viel Unterstützung genießt, eingeladen, ein Impulsreferat zu halten unter dem vielsagenden Titel: "Du hast doch noch Zeit - junge Menschen in der Politik". Und Jens Spahn hat dann deutlich gemacht, dass er mit diesem Hinweis, mit dem Hinweis auf sein Alter ja immer wieder konfrontiert worden ist. Auch im Herbst 2018 bei den Regionalkonferenzen, als er sich da damals um die Nachfolge von Angela Merkel bewarb, da habe er Folgendes erlebt:
"Da kam ein Parteimitglied auf mich zu, eine alte Dame und sagte zu mir: Ah, Herr Spahn. Sie sind doch mit ihren 38 noch blutjung. Da sage ich ihnen, wenn man in der CDU mit 38 noch blutjung ist, dann ist das Teil des Problems."
Also, das mit dem Warten, sagt Jens Spahn selbst, das ist nicht so unbedingt seine Sache.
Termine für große Hallen im Mai angefragt
Engels: Unabhängig von den Namen steht ja auch der Zeitplan der scheidenden Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer in der Kritik. Also der Zeitplan, wann welches Amt der neu vergeben werden soll, der sah ja bislang einen langen Planungshorizont vor. Ist das noch zu halten?
Sachsen-Anhalts CDU-Chef zu Parteivorsitz: "Jemanden, der wieder konservative Werte vertritt"
Die konservativen Werte seien vernachlässigt worden, sagte Holger Stahlknecht, CDU-Landeschef Sachsen-Anhalt und Landesinnenminister. Deshalb sei als neuer CDU-Parteivorsitzender jemand nötig, der glaubwürdig für die konservativen Werte eintrete. Entschieden werden sollte darüber auf einem vorgezogenen Parteitag.
Detjen: Na ja, Annegret Kramp-Karrenbauer macht inzwischen selbst deutlich, dass sie nicht bis zum Jahresende warten wolle. Das ist daraus abgeleitet worden, dass sie bei ihrer Erklärung am Montag ja den gesamten Zeitrahmen bis zum regulären Parteitag, der Anfang Dezember stattfinden soll, aufgerissen hat. Sie hatte da schon gesagt, zum Sommer hin, so hatte sie das formuliert, solle man die Frage der Kanzlerkandidatur klären. Und aus dem Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale der CDU, hören wir inzwischen auch den ausdrücklichen Hinweis, ein Bundesparteitag könne natürlich auch vor dem regulären Termin im Dezember stattfinden. Es war auch zu hören, die CDU suche bereits oder frage bereits bei Vermietern von großen Hallen an. Ob da im Mai Termine frei seien.
CDU muss zunächst mal ihre Führungsfrage klären
Engels: Und noch kurz zum Schluss wird nun entgegen des Plans von AKK erst der CDU-Vorsitz und dann die Kanzlerkandidatur entschieden. So wie es die CSU will?
Detjen: Nein, ich glaube nicht, dass das zu halten ist, wenn das tatsächlich der Plan von Annegret Kramp-Karrenbauer war. Möglicherweise fühlt sie sich da auch missverstanden. Das ist auch von der CSU selbst sofort zurückgewiesen worden. Der CSU-Generalsekretär Blume hatte von einem abwegigen Plan gesprochen, hat auch gesagt, die CDU muss zunächst mal ihre Führungsfrage klären, bevor man dann gemeinsam die gemeinsame Kanzlerkandidatur klärt.