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Für das Gartenreich "einfach überlebenswichtig"

Der Direktor des Gartenreichs Dessau-Wörlitz, Thomas Weiss, hält große Stücke auf den Titel Unesco-Weltkulturerbe. Der internationale Tourismus orientiere sich sehr stark an solchen Welterbestätten.

Thomas Weiss im Gespräch mit Doris Schäfer-Noske |
    Doris Schäfer-Noske: Schon Goethe schwärmte von dieser Landschaft an Elbe und Mulde. Im Dezember jährt sich zum zehnten Mal der Tag, an dem das Dessau-Wörlitzer Gartenreich zum Weltkulturerbe wurde. Gefeiert wird das Jubiläum schon an diesem Wochenende. Dabei ist der Welterbetitel eine Ehre, die nicht umsonst zu haben ist. Das weiß man spätestens seit dem vergangenen Jahr, als die Unesco Dresden den Welterbetitel aberkannt hat. Als man dort ein Jahr später die Folgen des verlorenen Titels analysiert hat, kam heraus, dass es keinen Einbruch bei den Besucherzahlen gab. – Frage an den Direktor des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs, Thomas Weiss: Herr Weiss, was hat Ihnen denn der Welterbetitel gebracht?

    Thomas Weiss: Ich glaube, für das Gartenreich Dessau-Wörlitz – das wage ich nicht, mit Dresden zu vergleichen – ist es einfach überlebenswichtig und wir sehen an den Gästen, die wir im Park, im Wörlitzer Park wie aber auch an anderen Stätten – ich meine im Luisium, Oranienbaum etc. – sehen, dass sich der internationale Tourismus doch sehr an solchen Welterbestätten orientiert. Deswegen würde ich alles daran setzen wollen, dass nichts passiert, dass uns dieser Titel abhandenkommt.

    Schäfer-Noske: Wie wichtig war denn dieser Titel, als im Sommer 2002 das Elb-Hochwasser kam?

    Weiss: Auch da denke ich, dass wir davon profitieren konnten. Wir haben ja insgesamt über 27 Millionen Euro bekommen. Da, denke ich, hat auch das Prädikat Welterbe genützt und auch viele andere Dinge, die in Zukunft eine Rolle spielen, die Evaluation durch die Unesco oder Icomos, also was ist in den letzten zehn Jahren passiert, haben wir einen Denkmalrahmenplan oder einen Managementplan im Umgang mit diesem Welterbe. Die Umverlegung der Bundesstraße an der Rousseau-Insel, diese ganzen Dinge wären, glaube ich, nie passiert, wenn wir nicht diesen Titel hätten.

    Schäfer-Noske: Sie haben diese Erfüllung der Auflage mit der Bundesstraße schon erwähnt. Was hat sich denn sonst noch verändert in den letzten zehn Jahren?

    Weiss: Es gab natürlich nach der Flut vor allem sehr viele Veränderungen. Wir konnten kontinuierlich auch über das sogenannte Leuchtturmprogramm des Bundes und des Landes Sachsen-Anhalt sehr viel investieren. Wir investieren pro Jahr etwa drei Millionen in den Erhalt der Welterbestätten, sofern sie denn der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz gehören. Das setzt natürlich voraus, trotz allem, dass man ein vernünftiges Konzept hat, was man mit diesen Mitteln machen möchte, die man beantragt.

    Schäfer-Noske: Das Weltkulturerbe Wartburg ist zurzeit durch Pläne für Windkraftanlagen gefährdet. Inwieweit gab es denn bei Ihnen auch solche Pläne, durch die der Titel aufs Spiel gesetzt worden wäre?

    Weiss: Konkret gab es bei uns keine. Wir haben möglicherweise auch das Glück der etwas dezentralen Lage. Und die Dinge, die jetzt in der Nähe der Wartburg passieren, mit den Windkraftanlagen, das ist eine Sache, die ich im Detail nicht bewerten kann. Ich weiß nur, dass wir ähnliche Anlagen etwa 14 Kilometer nordwestlich vom Gartenreich haben bei Zieko an der Autobahn A9, und die sieht man natürlich auch von gewissen erhöhten Punkten aus dem Gartenreich heraus in den Sichtachsen. Bisher waren alle, die geplant wurden in der Region, im Rahmen dieser Raumordnungsverfahren, wie ich denke, verträglich. Das Gartenreich hat 250 Jahre jetzt seine Existenz garantiert bekommen und ich glaube, so wird es auch weitergehen. Alle Verantwortlichen sind sich, glaube ich, einig, dass man nicht nur einen Kulturschatz in dem Sinne erhält, dass man ihn musealisiert, sondern dass man vor allem eine Bildungslandschaft erfährt, die man selbst, egal welches Bildungsstandes, betreten kann, kostenlos betreten kann und daraus seinen eigenen Nektar ziehen.

    Schäfer-Noske: Ich habe was gelesen von der Idee, das Jagdschloss Haideburg zu verkaufen. Ist da was dran?

    Weiss: Die gab es in der Tat, aber da gibt es inzwischen Verhandlungen, dass die Kulturstiftung das Jagdschloss übernehmen soll, einschließlich des Umfeldes, und da sind wir, glaube ich, auf einem ganz guten Weg mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt. Also wir wollen keine Käseglocke über das Gartenreich stülpen; wir sind offen für den Wandel. Aber wie gesagt, es müsste eben doch entsprechend der Guidelines oder unserem Denkmalrahmenplan, aber auch den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten von Fall zu Fall so entschieden werden, dass die nächsten Generationen auch noch vom Gartenreich leben können, und sich dieses Potenzial abzuschneiden, wäre, glaube ich, höchst fatal.

    Schäfer-Noske: Das war der Direktor des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs, Thomas Weiss, zum zehnten Jubiläum des Welterbetitels.