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Für eine friedliche Welt

Lange wurde um eine internationale Gerichtsbarkeit gekämpft, 2003 war es soweit: In Den Haag wurden die ersten 18 Richter des Internationalen Strafgerichtshof vereidigt. Das Gericht gilt als Errungenschaft der weltweiten Staatengemeinschaft - und das, obwohl es erst ein Urteil gesprochen hat.

Von Annette Wilmes |
    Den Haag ist die Stadt der internationalen Gerichtsbarkeit. Hier hat der Internationale Gerichtshof seinen Sitz, an dem Staaten gegen Staaten streiten. Hier arbeitet das Jugoslawien-Tribunal die Kriegsverbrechen im Balkan-Krieg auf. Und am 11. März 2003 wurde hier der ständig arbeitende Internationale Strafgerichtshof eröffnet, der Kriegsverbrechen überall auf der Welt ahnden soll. Dieses von Menschen- und Völkerrechtlern lang ersehnte Weltstrafgericht beruht auf dem sogenannten Rom-Statut, das 1998 nach jahrelangen zähen Verhandlungen verabschiedet wurde.

    "Es war eine solche Eruption der Freude, der Spannung, Jubel, Tränen, hartgesottene Delegierte lagen sich in den Armen. Eine unglaubliche Sache,"

    sagt Hans-Peter Kaul aus Deutschland, damals Völkerrechtler im Auswärtigen Amt, Hauptinitiator des Internationalen Strafgerichthofs, seit 2003 einer der 18 Richter aus 18 verschiedenen Ländern von fünf Kontinenten.

    Als das Gericht seine Arbeit aufnahm, gab es nur 34 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Heute sind es weit mehr als 1000, darunter Juristen, Sicherheitspersonal und vor allem Dolmetscher - in den Prozessen wird simultan übersetzt - aber auch Psychologen für die Betreuung der Opfer und Zeugen, die an diesem Gericht besonders ernst genommen wird.
    Cuno Tarfusser, Richter aus Italien, seit 2012 auch Vizepräsident:

    "Wir sind zuständig für drei Straftatenkomplexe, sagen wir so, weil es nicht Straftaten sind in dem Sinne, wie wir sie aus den nationalen Gerichtsbarkeiten kennen. Das ist Völkermord, das ist Verbrechen gegen die Menschheit und Kriegsverbrechen."

    Das Gericht ist mit den schlimmsten Verbrechen befasst. Mord, Vertreibung, Ausrottung, Zwangsumsiedlung, Folter und Vergewaltigung. Das erste und bislang einzige Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs erging 2012 mit einem Schuldspruch gegen den Milizenführer Thomas Lubanga Dyilo wegen der Rekrutierung von Kindersoldaten im Kongo. Er erhielt eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren.

    Kongo, Uganda, Zentralafrikanische Republik, Sudan-Darfur, Kenia, Libyen - das Gericht ist nahezu ausschließlich mit Vorgängen befasst, die sich auf dem afrikanischen Kontinent abspielen. Das hat seine Gründe, erläutert der Berliner Jurist und Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck:

    "In Afrika sind natürlich mit die schlimmsten Verbrechen der letzten Dekade begangen worden. Der Internationale Strafgerichtshof ist deswegen auch zuständig für die afrikanischen Situationen, weil sie zum Teil vom UN-Sicherheitsrat überwiesen wurden. Und weil zum Teil die afrikanischen Regierungen sich selber nach Den Haag gewandt haben."

    Das Gericht, sagt Kaleck, hätte jedoch darüber hinaus seinen Spielraum besser nutzen können:

    "Der Gerichtshof hätte sich mit anderen Situationen wie zum Beispiel Gefangenenmisshandlung der Briten in Irak, Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Kolumbianer und auch möglicherweise der Situation in Israel und Palästina näher beschäftigen müssen."

    Inzwischen haben 121 Staaten den Vertrag von Rom unterschrieben, das sind mehr als die Hälfte in der ganzen Welt. Einige große Länder wie China, Russland, Pakistan, Indien und vor allem die USA haben das Statut jedoch nicht ratifiziert. Völkerrechtler hoffen auf noch größere Verankerung des Gerichts.

    "Und dann würde das vielleicht auch eine Dynamik, eine Sogwirkung entfalten, und dann ist es auch schwerer für die USA, diese Totalblockade aufrechtzuerhalten."

    Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag steht in der Tradition der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, denn damals wurden zum ersten Mal Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen konsequent verfolgt. Einer der letzten noch lebenden Ankläger von Nürnberg ist der Amerikaner Benjamin Ferencz, der sich sein ganzes Leben für die Internationale Strafgerichtsbarkeit eingesetzt hat. Er war dabei, als 2003 die ersten 18 Richter vereidigt wurden, mehr als fünf Jahrzehnte hatte er auf diesen Tag gewartet:

    "Ich habe gesehen, was Krieg bedeutet, und deswegen habe ich versucht meine ganzes Leben, eine friedliche Welt zu schaffen. Und was wir haben hier jetzt gebaut, ist ein Schritt in diese Richtung. Natürlich ist schwer die Arbeit, aber es ist nie ein Grund, aufzugeben, man muss weitergehen."


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