Die Firma Recombine hat eine Mission. Und die lautet:
"Wir wollen helfen, eine Welt aufzubauen, in der Familien nicht mehr von genetischen Erkrankungen beeinträchtigt werden."
Recombine bietet einen Präkonzeptionstest an. Paare können ihr Erbgut auf Gendefekte untersuchen lassen, die später beim Kind zu schweren Erkrankungen führen könnten. Der Test kostet 560 Euro, und alles, was man dafür braucht, ist ein bisschen Blut oder Speichel von den potenziellen Eltern.
"Die Paare kennen dann ihre genetische Ausgangssituation. Und wenn sie zufällig beide Anlageträger für dieselbe Krankheit sind, dann können sie die entsprechenden Schritte einleiten, um eben kein krankes Kind zu bekommen."
Seit Januar 2013 ist der Test in den USA und in Spanien zu haben. Und sehr wahrscheinlich auch bald in Deutschland, sagt José Horcajadas, der wissenschaftliche Leiter von Recombine Europe im spanischen Bilbao.
"In Deutschland haben viele Interesse an dem Test - Kinderwunschkliniken, humangenetische Labors und so weiter."
Es gibt Tausende sogenannte monogene Erbkrankheiten, die durch Mutationen in einem einzelnen Gen verursacht werden. Jeder Mensch trägt Anlagen für solche Erkrankungen in seinem Erbgut - ohne zu wissen, welche. Wenn beide Eltern zufällig die Anlage für dieselbe Krankheit haben, dann liegt das Risiko bei 25 Prozent, dass ihr Kind beide Anlagen erbt und die Krankheit bei ihm ausbricht. Bislang konnten sich potenzielle Eltern nur ganz gezielt auf einzelne Krankheiten testen lassen, und das auch nur, wenn die Krankheit schon in der Familie aufgetaucht war. Der Recombine-Test ist offen für alle, und er checkt das Erbgut auf 180 Krankheiten gleichzeitig: solche, die besonders häufig sind, und besonders schwer verlaufen wie Mukoviszidose, die spinale Muskelatrophie oder das Tay-Sachs-Syndrom. Horcajadas:
"Bei 99 Prozent aller Paare wird das Ergebnis in Ordnung sein - das heißt, sie haben zwar Mutationen für monogene Erkrankungen, aber eben nicht für dieselben. In einem Prozent der Fälle tragen beide Eltern die Anlage für dieselbe Krankheit. Und das bedeutet: Sie haben ein erhebliches Risiko, ein schwer krankes Baby zu bekommen."
In dem Fall empfiehlt Recombine eine künstliche Befruchtung mit Präimplantationsdiagnostik - eine Methode, die inzwischen auch in Deutschland erlaubt ist. Die Embryos werden in der Petrischale gezeugt und nur die gesunden ohne Gendefekt in die Gebärmutter verpflanzt. Es gibt noch eine Alternative: Paare können natürlich auch eine ganz normale Schwangerschaft eingehen, und hoffen, dass alles gut geht. Horcajadas:
"Ich würde niemals zu diesem Reproduktionsroulette raten. Aber in einigen Ländern ist das gängige Praxis. Obwohl die Eltern wissen, dass sie beide Anlageträger sind, riskieren sie eine Schwangerschaft und treiben im Zweifelsfall ab. Es wäre viel besser, von Anfang an einen gesunden Embryo einzusetzen. Aber es gibt auch Paare, die kein Geld für eine künstliche Befruchtung haben, und in manchen Ländern ist die PID nicht erlaubt. Das sind Fragen, auf die ich keinen Einfluss habe."
Der Recombine-Test ist der erste seiner Art, der in den USA und Europa zum Einsatz kommt. Neben Recombine gibt es noch andere Firmen, die an ähnlichen Verfahren arbeiten. Eine Entwicklung, die der Genetiker Stephen Kingsmore kritisch sieht:
"Ich halte das für sehr problematisch."
Stephen Kingsmore leitet das Zentrum für Genmedizin am Childrens' Mercy Hospital in Kansas City. Vor drei Jahren hat er selbst einen Präkonzeptionstest der Superlative entwickelt: Der Test sollte bis zu 1000 verschiedene Erbkrankheiten bei den potenziellen Eltern aufspüren. Doch jetzt ist er erst mal vom Tisch, berichtet Kingsmore:
"Es war unter ethischen Gesichtspunkten sehr schwierig zu entscheiden, unter welchen Umständen Eltern so einen Test machen sollten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Test in der amerikanischen Gesellschaft akzeptiert wird - aus Angst, dass er letztendlich zu zusätzlichen Abtreibungen führen könnte."
Kingsmore und seine Kollegen nutzen das Verfahren jetzt für eine andere Zielgruppe: Sie screenen das Erbgut von schwer kranken Kindern, um so schnell wie möglich herauszufinden, ob sie an einer monogenen Erbkrankheit leiden:
"Bei einem kranken Kind sehen wir die Symptome und wissen, wonach wir in etwa suchen müssen. Beim Präkonzeptionstest wissen wir das nicht. Wir screenen das ganze Erbgut einfach auf gut Glück durch. Und wir denken, dass es dabei zu technischen Problemen kommen kann - dass Gendefekte nicht erkannt oder falsch ausgewiesen werden. Der Test ist einfach noch nicht ausgereift, und wenn wir damit nicht vorsichtig sind, könnte das einen Rückschlag für die gesamte Genmedizin bedeuten."
José Horcajadas kann diese Bedenken nicht nachvollziehen. Der Recombine-Test sei mehrfach abgesichert, erklärt er, seine Zuverlässigkeit wurde in großen Studien bestätigt:
"Und was die ethischen Bedenken angeht: Es ist wirklich sehr hart, eine Familie zu erleben, die ihr Kind durch eine genetische Erkrankung verloren hat. Diese Eltern würden alles dafür tun, damit sie das nicht noch einmal erleben müssen. Ich bin wirklich nicht dafür, das Erbgut bis ins kleinste Detail auszuleuchten und zu analysieren - nein. Das ist nicht das Ziel. Aber bei vergleichsweise häufigen Erkrankungen, da denke ich, dass wir etwas tun müssen."
Der Recombine-Test werde gut angenommen, sagt der Reproduktionsmediziner. In den USA lassen sich jede Woche 100 Paare testen, in Spanien um die 50. Eine Garantie auf ein gesundes Kind ist der Test nicht. Im Moment erfasst er 180 Erbkrankheiten, doch Forscher gehen davon aus, dass es mindestens 6000 solcher Krankheiten gibt. Außerdem sind da noch die Gendefekte, die nicht vererbt werden - die sich neu im Embryo bilden. Ein gesundes Kind ist und bleibt ein großes Glück.
"Wir wollen helfen, eine Welt aufzubauen, in der Familien nicht mehr von genetischen Erkrankungen beeinträchtigt werden."
Recombine bietet einen Präkonzeptionstest an. Paare können ihr Erbgut auf Gendefekte untersuchen lassen, die später beim Kind zu schweren Erkrankungen führen könnten. Der Test kostet 560 Euro, und alles, was man dafür braucht, ist ein bisschen Blut oder Speichel von den potenziellen Eltern.
"Die Paare kennen dann ihre genetische Ausgangssituation. Und wenn sie zufällig beide Anlageträger für dieselbe Krankheit sind, dann können sie die entsprechenden Schritte einleiten, um eben kein krankes Kind zu bekommen."
Seit Januar 2013 ist der Test in den USA und in Spanien zu haben. Und sehr wahrscheinlich auch bald in Deutschland, sagt José Horcajadas, der wissenschaftliche Leiter von Recombine Europe im spanischen Bilbao.
"In Deutschland haben viele Interesse an dem Test - Kinderwunschkliniken, humangenetische Labors und so weiter."
Es gibt Tausende sogenannte monogene Erbkrankheiten, die durch Mutationen in einem einzelnen Gen verursacht werden. Jeder Mensch trägt Anlagen für solche Erkrankungen in seinem Erbgut - ohne zu wissen, welche. Wenn beide Eltern zufällig die Anlage für dieselbe Krankheit haben, dann liegt das Risiko bei 25 Prozent, dass ihr Kind beide Anlagen erbt und die Krankheit bei ihm ausbricht. Bislang konnten sich potenzielle Eltern nur ganz gezielt auf einzelne Krankheiten testen lassen, und das auch nur, wenn die Krankheit schon in der Familie aufgetaucht war. Der Recombine-Test ist offen für alle, und er checkt das Erbgut auf 180 Krankheiten gleichzeitig: solche, die besonders häufig sind, und besonders schwer verlaufen wie Mukoviszidose, die spinale Muskelatrophie oder das Tay-Sachs-Syndrom. Horcajadas:
"Bei 99 Prozent aller Paare wird das Ergebnis in Ordnung sein - das heißt, sie haben zwar Mutationen für monogene Erkrankungen, aber eben nicht für dieselben. In einem Prozent der Fälle tragen beide Eltern die Anlage für dieselbe Krankheit. Und das bedeutet: Sie haben ein erhebliches Risiko, ein schwer krankes Baby zu bekommen."
In dem Fall empfiehlt Recombine eine künstliche Befruchtung mit Präimplantationsdiagnostik - eine Methode, die inzwischen auch in Deutschland erlaubt ist. Die Embryos werden in der Petrischale gezeugt und nur die gesunden ohne Gendefekt in die Gebärmutter verpflanzt. Es gibt noch eine Alternative: Paare können natürlich auch eine ganz normale Schwangerschaft eingehen, und hoffen, dass alles gut geht. Horcajadas:
"Ich würde niemals zu diesem Reproduktionsroulette raten. Aber in einigen Ländern ist das gängige Praxis. Obwohl die Eltern wissen, dass sie beide Anlageträger sind, riskieren sie eine Schwangerschaft und treiben im Zweifelsfall ab. Es wäre viel besser, von Anfang an einen gesunden Embryo einzusetzen. Aber es gibt auch Paare, die kein Geld für eine künstliche Befruchtung haben, und in manchen Ländern ist die PID nicht erlaubt. Das sind Fragen, auf die ich keinen Einfluss habe."
Der Recombine-Test ist der erste seiner Art, der in den USA und Europa zum Einsatz kommt. Neben Recombine gibt es noch andere Firmen, die an ähnlichen Verfahren arbeiten. Eine Entwicklung, die der Genetiker Stephen Kingsmore kritisch sieht:
"Ich halte das für sehr problematisch."
Stephen Kingsmore leitet das Zentrum für Genmedizin am Childrens' Mercy Hospital in Kansas City. Vor drei Jahren hat er selbst einen Präkonzeptionstest der Superlative entwickelt: Der Test sollte bis zu 1000 verschiedene Erbkrankheiten bei den potenziellen Eltern aufspüren. Doch jetzt ist er erst mal vom Tisch, berichtet Kingsmore:
"Es war unter ethischen Gesichtspunkten sehr schwierig zu entscheiden, unter welchen Umständen Eltern so einen Test machen sollten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Test in der amerikanischen Gesellschaft akzeptiert wird - aus Angst, dass er letztendlich zu zusätzlichen Abtreibungen führen könnte."
Kingsmore und seine Kollegen nutzen das Verfahren jetzt für eine andere Zielgruppe: Sie screenen das Erbgut von schwer kranken Kindern, um so schnell wie möglich herauszufinden, ob sie an einer monogenen Erbkrankheit leiden:
"Bei einem kranken Kind sehen wir die Symptome und wissen, wonach wir in etwa suchen müssen. Beim Präkonzeptionstest wissen wir das nicht. Wir screenen das ganze Erbgut einfach auf gut Glück durch. Und wir denken, dass es dabei zu technischen Problemen kommen kann - dass Gendefekte nicht erkannt oder falsch ausgewiesen werden. Der Test ist einfach noch nicht ausgereift, und wenn wir damit nicht vorsichtig sind, könnte das einen Rückschlag für die gesamte Genmedizin bedeuten."
José Horcajadas kann diese Bedenken nicht nachvollziehen. Der Recombine-Test sei mehrfach abgesichert, erklärt er, seine Zuverlässigkeit wurde in großen Studien bestätigt:
"Und was die ethischen Bedenken angeht: Es ist wirklich sehr hart, eine Familie zu erleben, die ihr Kind durch eine genetische Erkrankung verloren hat. Diese Eltern würden alles dafür tun, damit sie das nicht noch einmal erleben müssen. Ich bin wirklich nicht dafür, das Erbgut bis ins kleinste Detail auszuleuchten und zu analysieren - nein. Das ist nicht das Ziel. Aber bei vergleichsweise häufigen Erkrankungen, da denke ich, dass wir etwas tun müssen."
Der Recombine-Test werde gut angenommen, sagt der Reproduktionsmediziner. In den USA lassen sich jede Woche 100 Paare testen, in Spanien um die 50. Eine Garantie auf ein gesundes Kind ist der Test nicht. Im Moment erfasst er 180 Erbkrankheiten, doch Forscher gehen davon aus, dass es mindestens 6000 solcher Krankheiten gibt. Außerdem sind da noch die Gendefekte, die nicht vererbt werden - die sich neu im Embryo bilden. Ein gesundes Kind ist und bleibt ein großes Glück.