Der Sveavägen in der Stockholmer Innenstadt. Der abendliche Berufsverkehr bahnt sich langsam seinen Weg. Passanten mit Aktentaschen oder Einkaufstüten huschen vorbei, einige nehmen die Stufen hinunter zur U-Bahn am Hötorget. Hier an der Ecke, wo die Tunnelgatan auf den Sveavägen trifft, wurde der schwedische Ministerpräsident Olof Palme am 28. Februar 1986 erschossen. Die Gedenkplatte, die auf dem Bürgersteig an die Tat erinnert, ist von Schnee und Eis bedeckt.
"Er war eine große Persönlichkeit. Ich war sehr betroffen, als ich von seinem Tod hörte. Ich denke, den meisten ging es so."
Ähnlich wie diese Passantin erinnert sich der schwedische Publizist Henrik Berggren an den Schock, ja die Lähmung, die der Mord am damaligen Regierungschef in der Bevölkerung auslöste. In der Einleitung seiner kürzlich erschienenen Palme-Biografie "Vor uns liegen wunderbare Tage" beschreibt er eine Gedenkveranstaltung nur 48 Stunden nach dem tödlichen Attentat:
"Zum ersten Mal in meinem Leben erlebte ich die Kraft der nationalen Zusammengehörigkeit, das Gefühl, mit anderen Menschen in einer Schicksalsgemeinschaft verbunden zu sein. Ich betrachtete die Leute um mich herum − den Arbeiter mit Schirmmütze, die Punkerin, den jungen Einwanderer, das gut gekleidete Ehepaar mittleren Alters - und fühlte mich ihnen allen verbunden. Es spielte keine Rolle, woher wir kamen, zu welchen Göttern wir beteten oder welcher Ideologie wir anhingen. Wir hatten einen Verlust erlitten, der uns vereinte."
Heute - 25 Jahre danach - ist es nicht in erster Linie der damalige Verlust, also des Menschen und Politikers Olof Palme, der die Passanten in der Stockholmer Innenstadt umtreibt. Vielmehr ist es die Frage nach dem nie gefundenen Mörder:
Agneta Gustavsson:
"Ich bin sehr frustriert. Und auch etwas skeptisch, wie all dies passieren konnte. Ich glaube, die Ermittler waren nicht objektiv. Sie haben nur gesehen, was sie sehen wollten. Alles andere haben sie ignoriert, ja weggesehen."
Männlicher Passant:
"Es ist offensichtlich, dass die Polizei viele Fehler begangen hat. Diesen Fall hätte man aufklären müssen. Aber jetzt sind so viele Jahre vergangen, niemand erwartet, dass der Fall noch gelöst wird. Und das ist befremdlich."
Jörgen Krigsmann:
"Ich glaube, hinter diesem Mord steckt eine Konspiration. Und das ist ein unheimliches Gefühl. Ich war sehr jung, als es passierte, aber der Fall ist ja seither - seit 1986 - wie ein nicht enden wollender Fortsetzungsroman in den schwedischen Medien. Ich finde es bedauerlich, dass man den Fall nicht gelöst hat. Es gab sehr viele Zeugen, die man nicht verhört hat."
Verdrossen über die mangelhafte Aufklärung des Mordfalles Palme ist auch Schwedens amtierender Ministerpräsident Frederik Reinfeldt:
"Ich denke, es ist eines der Ereignisse, an das sich jeder erinnern kann - wo man war, als man davon hörte. Und es hat Schweden verändert. Zusammen mit späteren Ereignissen wie dem Mord an Anna Lindh hat die Tat unser Selbstbild gewandelt. Und natürlich spielen auch die jahrelangen Spekulationen über den Täter hierbei eine große Rolle. "
Die Meldung vom Tod Olof Palmes verbreitete sich rasant. Noch in der Nacht zum Samstag berichteten Sondersendungen des schwedischen Rundfunks, was geschehen war. Olof Palme und seine Frau Lisbeth hatten am Abend gemeinsam mit ihrem Sohn Mårten und dessen Freundin einen Film gesehen, hatten sich anschließend vor dem Kino von den jungen Leuten verabschiedet und begaben sich zu Fuß und ohne Personenschutz auf den Heimweg. Einige hundert Meter vom Kino entfernt - um 23:21 Uhr - schoss ein Mann aus unmittelbarer Nähe zwei Mal auf das Ehepaar Palme - die eine Kugel traf Olof Palme tödlich, die andere verletzte Lisbeth, die jedoch überlebte. Der Täter, der als 38- bis 45-jähriger Mann beschrieben wurde, flüchtete durch eine Seitenstraße in die Stockholmer Nacht. 25 Jahre später blickt die zuständige Staatsanwältin Kerstin Skarp zurück und muss nüchtern konstatieren:
"Wir haben keine heiße Spur, doch wir arbeiten weiter und es gibt Dinge, die wir noch nicht in Gänze untersucht haben. Ehrlicherweise aber müssen wir zugeben, dass wir nicht unmittelbar vor der Aufklärung des Falles stehen. Nach wie vor aber haben wir die Ambition, dies eines Tages zu tun."
Im Archiv der schwedischen Polizei blättert Stig Edqvist durch die Akten. 1998 kehrte er von einer Tätigkeit am Haager Kriegsverbrechertribunal nach Stockholm zurück und übernahm - als vierter - die Leitung der Palme-Ermittlungsgruppe. 13 Berufsjahre hat er dem Mord an Olof Palme inzwischen gewidmet.
"Schon damals wurde mir gesagt, wenn ein erfahrener Jurist 300 Seiten am Tag, sieben Tage die Woche lesen würde, dann würde er zehn Jahre benötigen, um das Material in Gänze zu studieren. Heute kämen dann sicher noch ein paar Jahre hinzu. In ihrer Dimension hat man die Untersuchung im Fall Palme oft mit dem Mord an John F. Kennedy oder dem Lockerbie-Attentat verglichen. Heute, denke ich, ist die Palme-Ermittlung größer."
Auch knapp 300 Meter Archivmaterial verteilt auf mehr als 3600 Aktenordner, auch Kosten in Höhe von rund 60 Millionen Euro und 130 Geständnisse verschiedenster Personen, den Mord an Palme begangen zu haben, können eine traurige Wahrheit nicht verdecken: Der Mörder ist nicht gefunden und die Wahrscheinlichkeit, dies zu tun, wird stetig kleiner. Stig Edqvist hat noch nicht resigniert, betont aber, er sei realistisch:
"Die ganze Welt ist involviert in diesen Fall. Palme hatte zu tun mit dem Iran-Irak-Krieg, war ein Kritiker Südafrikas, spielte eine Rolle in einem Waffengeschäft mit Indien. Dieser Fall beinhaltet alle erdenklichen Szenarien, es gibt Spuren, die auf die Geheimdienste aller Herren Länder hindeuten. Es gibt viele Details, die sich schlicht und ergreifend nicht ermitteln lassen. Nehmen Sie zum Beispiel Südafrika: Wie will man heute untersuchen, welche Operationen der Geheimdienst des Landes in der Zeit des Apartheidregimes durchgeführt hat? Das ist schwierig."
Doch muss man wirklich so weit hinaus in die Welt blicken, um den Mord an Olof Palme aufzuklären? Gewiss, auszuschließen sind derlei Szenarien keineswegs, doch Tatsache ist auch, dass sehr viel näher liegende Sachverhalte unzureichend untersucht wurden. Ja, bereits in der Mordnacht unterliefen den Ermittlern schwerwiegende Fehler, wie Gunnar Wall, Autor preisgekrönter Bücher über den Fall Palme, hervorhebt:
"Nichts wurde so gemacht, wie man es hätte tun sollen. Die Fahndung in der Mordnacht war eine einzige Katastrophe. Und dieses Chaos setzte sich fort während des gesamten ersten Jahres, als Hans Holmér die Untersuchung leitete, der nach außen hin den Anschein eines sehr effektiven und dynamischen Ermittlers erweckte, der tatsächlich aber einen grotesken Fehler nach dem anderen verantwortete. Und klar ist, all diese Fehlentwicklungen ließen sich später nicht mehr reparieren, so sehr sich nachfolgende Ermittler auch bemühten."
Vor allem aber führte die chaotische Polizeiarbeit und die fehlenden Resultate im Fall Palme dazu, dass die Kritik seitens der Öffentlichkeit lauter wurde - und somit auch der Druck auf die Ermittler stieg, einen Mörder zu präsentieren. Vor diesem Hintergrund konzentrierte sich die Untersuchung Ende der 1980er Jahre immer mehr auf den vorbestraften und drogenabhängigen Christer Pettersson, dessen Alibi für die Tatnacht sich als falsch erwiesen hatte und den Lisbeth Palme bei einer Gegenüberstellung als Täter identifizierte.
Allerdings hatte Palmes Witwe zuvor einen Hinweis seitens der Ermittler erhalten, der auf Pettersson als Mörder hindeutete, weshalb der daraufhin Verurteilte in zweiter Gerichtsinstanz obsiegte und neben einem Freispruch eine Entschädigung von knapp 60.000 Euro erhielt. Heute sind viele Schweden nach wie vor von der Schuld Petterssons überzeugt, weil dieser später immer wieder mit der Tat kokettierte, ja von unterschiedlichen Medien gar mit Geldzahlungen zu einem Geständnis gelockt wurde. Nicht so Gunnar Wall und viele andere Kenner des Falls:
"Pettersson lebte ein Leben am Rande der Gesellschaft, aber er war alles andere als dumm - in seiner Kindheit war er ein begabter Schachspieler, zudem las er eine Menge Bücher. Meines Erachtens wurde er in seine Rolle hineingelockt - und wahrscheinlich fand er es selbst sehr viel spannender, als potenzieller Mörder des Ministerpräsidenten angesehen zu werden, als als bloßer Alkoholiker."
Auch Lars Borgnäs, Journalist beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk SVT und Autor eines Buches über die Palme-Ermittlungen, für das er 2006 einen schwedischen Sachbuchpreis erhielt, glaubt nicht an Christer Pettersson als Mörder. Ebenso wie die parlamentarische Untersuchungskommission Ende der 1990er Jahre zahlreiche Aspekte der Polizeiarbeit kritisierte, befasst sich Borgnäs mit den vielen nicht-gestellten Fragen der Ermittler. Was, wenn Olof Palme seinen Mörder kannte?
Zahlreiche Zeugen, die nicht verhört wurden, hatten angegeben, Palme habe unmittelbar vor den Schüssen mit seinem Mörder gesprochen. Rund um den Schauplatz des Attentates waren zudem mehrere Personen mit Walkie-Talkies observiert worden. Auch die Annahme, bei dem Täter habe es sich um einen allein agierenden Amateur gehandelt, vielleicht sogar um einen geistig Verwirrten, entbehrt laut Borgnäs jeglicher Grundlage:
"Der Mörder war ganz und gar kein Amateur. Er war unglaublich schnell, die Schüsse sehr platziert, ungemein platziert sogar, dem Mörder gelang es, sein Gesicht zu verbergen, obwohl ungefähr 20 Leute in der Nähe standen, er hatte sich einen guten Platz für das Attentat mit einem perfekten Fluchtweg ausgesucht - er hatte 100 Prozent Erfolg. Ich kann nicht erkennen, dass das ein Amateur gewesen sein soll. 25 Jahre sind vergangen und wir haben nichts in der Hand. Er ist ganz und gar verschwunden."
Zudem, so Borgnäs, gebe es umfassend dokumentierte Hinweise, die einen großen Hass auf Olof Palme innerhalb der schwedischen Streitkräfte, der Marine, des Nachrichtendienstes, ja selbst der Polizei belegten. Auch das habe die parlamentarische Untersuchungskommission Ende der 1990er Jahre hervorgehoben. Wenige Wochen vor dem Attentat hatte der schwedische Verteidigungsminister Palme in einem persönlichen Gespräch vor der Stimmung in der Truppe gewarnt.
Wenige Wochen danach, im April 1986, hätte Palme zu einem Staatsbesuch in die Sowjetunion reisen sollen - ein Land also, mit dem das neutrale Schweden in den Jahren zuvor mehrfach direkte Konfrontationen gehabt hatte. Immer wieder waren sowjetische U-Boote in schwedische Gewässer, ja sogar bis in die Scheren Stockholms eingedrungen. In der Bevölkerung, vor allem aber im sicherheitspolitischen Establishment des Landes gab es eine verbreitete Furcht, Moskau könne das Land invadieren wollen. So absurd dies 25 Jahre später auch klingen mag, so Borgnäs, der Sozialdemokrat Palme habe damals in vielen konservativen Kreisen als sicherheitspolitisches Risiko gegolten, weil er die vom anderen Ufer der Ostsee ausgehende Gefahr ihrer Meinung nach unterschätzte:
"Indem Palme eliminiert wurde, verschwand die Gefahr. Das Risiko in diesem Motivbild war Palme als Person - nicht die Regierung, sondern Palme selbst, und deswegen musste er sterben. Ähnliche Motive hat es in der Geschichte immer wieder gegeben, man kann es vergleichen mit der Ermordung Yitzhak Rabins 1995 in Israel. Auch hier gab es nur einen Grund für seinen Tod, nämlich die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern unter dem Motto: Land für Frieden - das Rabin akzeptiert hatte. Für die Nationalisten war er genau deswegen ein Dorn im Auge und nur deshalb wurde er getötet. Derlei Motive sind bekannt - das Problem ist eine bestimmte Person beziehungsweise ein Politiker. Und in diesem Motivbild war es Palme, der weg musste."
So sehr sich Wall, Borgnäs und viele andere Experten mit den Versäumnissen, Widersprüchen und vielen offenen Fragen im Mordfall Palme befassen, so sehr die heutigen Ermittler auch die Fehler ihrer Vorgänger bedauern - die Aussichten, das Attentat eines Tages aufzuklären, erscheinen mittlerweile gering. Wenn auch widerwillig hat sich die schwedische Öffentlichkeit damit abfinden müssen, dass der Mord an ihrem ehemaligen Regierungschef ungesühnt bleiben wird.
Vielleicht aber hat diese Erkenntnis auch ihr Gutes. Denn jahrelang verdeckte der gewaltsame Tod Olof Palmes die Sicht auf sein politisches Wirken - und somit auch auf sein politisches Vermächtnis. Nach und nach aber fängt diese Auseinandersetzung an, versucht man den Politiker Olof Palme in der Geschichte des 20. Jahrhunderts zu verorten.
"Er war listig, geschickt und gefährlich. Er machte aus Schweden eine Gesellschaft, in der jedermann geborgen sein sollte und in der alle die Hand aufhielten. Heute wissen wir, wer etwas haben will, muss dafür arbeiten. Ich finde es gefährlich, einer ganzen Bevölkerung einzureden, dass sie allein von staatlichen Zahlungen leben kann."
"Er war ein sehr großer Politiker - der größte, den Schweden je hatte. Er hat es vermocht, Visionen für die Gesellschaft zu formulieren und international hat er sich für die Rechte kleiner Staaten eingesetzt."
Der Name Palme aber spaltet nicht nur die Bürger, auch beim politischen Gegner ruft er nach wie vor Emotionen hervor. Für den konservativen Außenminister Carl Bildt ist Palme Teil einer vergangenen Epoche. Die heftigen Wortgefechte, die er sich als junger Abgeordneter in den 1980er-Jahren mit dem sozialdemokratischen Regierungschef lieferte, gerade über die sowjetische Bedrohung, scheinen auch 25 Jahre später nachzuwirken:
"Er predigte so viel über Demokratie und Freiheit in der Dritten Welt, wieso konnte er das nicht auch auf der anderen Seite der Ostsee tun? Das alles fällt zurück auf eine Neutralitätsdoktrin, der wir seinerzeit anhingen, die sich auf Dauer aber als fehlerhaft erwies. Damals lagen die dunkelsten Schatten der Sowjetunion über unserem Land, die heute glücklicherweise verschwunden sind."
Und auch Bildts Parteifreund, Schwedens amtierender Ministerpräsident Frederik Reinfeldt, geht auf Distanz zu seinem sozialdemokratischen Amtsvorgänger:
"Er war ein Politiker der Konfrontation, er ideologisierte und trieb die Sozialdemokratie sehr stark nach links. Gut, das lag an der Zeit in den 1970er-Jahren, aber ich glaube mehr an Pragmatismus, an den Zusammenhalt - ich finde, das sind Werte, die tief in der schwedischen Tradition verankert sind, und davon ist er abgewichen. Palme riss diejenigen mit, die an ihn glaubten. Aber er spaltete auch die schwedische Gesellschaft, denn es gab viele, die seine Politik missbilligten."
Auch 25 Jahre nach seinem Tod scheint zu gelten, was man Palme schon zu Lebzeiten nachsagte - entweder man liebte oder man hasste ihn. Ähnlich sieht es Mona Sahlin, die in wenigen Wochen scheidende Vorsitzende der schwedischen Sozialdemokraten. Sie wurde nach eigenem Bekunden von Palmes Widerstand gegen den Vietnamkrieg inspiriert und wurde dadurch politisch aktiv. Heute hebt sie neben Palmes internationalem Engagement einen anderen Aspekt seines Wirkens hervor:
"Olof Palme inspirierte mich und viele andere zu dem Versuch, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Wir sind nicht allein Politiker, um den Menschen nach dem Mund zu reden, damit sie uns wählen, sondern wir sind Politiker, um die Gesellschaft zu verändern. Das war der ganze Lebensnerv von Olof Palme. Heute gibt es jede Menge Politiker, die niemand hasst und niemand liebt, an denen niemand Anstoß nimmt. Doch wir alle brauchen mehr Persönlichkeiten, die uns in unseren Gewissheiten herausfordern. Nur diejenigen, die man entweder liebt oder hasst, hinterlassen auch einen Eindruck."
Gewiss, auch Olof Palme war nicht allein ein Idealist. Auch er machte Geschäfte und reiste um die Welt, um etwa schwedische Waffen zu verkaufen. Der Palme-Biograf Henrik Berggren:
"Viele haben Palme als Intellektuellen gesehen - auch weil er rhetorisch ungemein begabt war. Doch Palme war Politiker und zwar ein zum Teil kaltblütiger und ungemein pragmatischer, der Resultate erreichen wollte. Palme selbst war dieser Balancegang bewusst, er war Teil seiner Identität. Er bewunderte Poeten, Schriftsteller, Kritiker, Leute, die Utopien formulieren, aber er selbst verstand sich als Politiker, der die Ideen in die Wirklichkeit überführt - eine Wirklichkeit, die immer auch schmutzig ist."
Und doch - trotz aller Kompromisse, die die Politik verlangte - behielt Palme bis zuletzt, bis zu seinem gewaltsamen Tod vor 25 Jahren seinen politischen Elan. Insofern ging zumindest ein Wunsch Palmes in Erfüllung, den er 1969 - wenige Wochen, bevor er den Parteivorsitz und die Regierungsmacht von seinem politischen Ziehvater Tage Erlander erbte - in einem Interview mit der BBC formuliert hatte:
"An mein eigenes Vermächtnis habe ich nie gedacht und ich hoffe, dass ich bis zu meinem allerletzten Atemzug auch nicht daran denken werde. Denn ich glaube, sobald jemand anfängt, an seinen eigenen Nachlass zu denken, wird er ängstlich, traut sich nicht, Dinge durchzuführen und verliert seine Vitalität."
"Er war eine große Persönlichkeit. Ich war sehr betroffen, als ich von seinem Tod hörte. Ich denke, den meisten ging es so."
Ähnlich wie diese Passantin erinnert sich der schwedische Publizist Henrik Berggren an den Schock, ja die Lähmung, die der Mord am damaligen Regierungschef in der Bevölkerung auslöste. In der Einleitung seiner kürzlich erschienenen Palme-Biografie "Vor uns liegen wunderbare Tage" beschreibt er eine Gedenkveranstaltung nur 48 Stunden nach dem tödlichen Attentat:
"Zum ersten Mal in meinem Leben erlebte ich die Kraft der nationalen Zusammengehörigkeit, das Gefühl, mit anderen Menschen in einer Schicksalsgemeinschaft verbunden zu sein. Ich betrachtete die Leute um mich herum − den Arbeiter mit Schirmmütze, die Punkerin, den jungen Einwanderer, das gut gekleidete Ehepaar mittleren Alters - und fühlte mich ihnen allen verbunden. Es spielte keine Rolle, woher wir kamen, zu welchen Göttern wir beteten oder welcher Ideologie wir anhingen. Wir hatten einen Verlust erlitten, der uns vereinte."
Heute - 25 Jahre danach - ist es nicht in erster Linie der damalige Verlust, also des Menschen und Politikers Olof Palme, der die Passanten in der Stockholmer Innenstadt umtreibt. Vielmehr ist es die Frage nach dem nie gefundenen Mörder:
Agneta Gustavsson:
"Ich bin sehr frustriert. Und auch etwas skeptisch, wie all dies passieren konnte. Ich glaube, die Ermittler waren nicht objektiv. Sie haben nur gesehen, was sie sehen wollten. Alles andere haben sie ignoriert, ja weggesehen."
Männlicher Passant:
"Es ist offensichtlich, dass die Polizei viele Fehler begangen hat. Diesen Fall hätte man aufklären müssen. Aber jetzt sind so viele Jahre vergangen, niemand erwartet, dass der Fall noch gelöst wird. Und das ist befremdlich."
Jörgen Krigsmann:
"Ich glaube, hinter diesem Mord steckt eine Konspiration. Und das ist ein unheimliches Gefühl. Ich war sehr jung, als es passierte, aber der Fall ist ja seither - seit 1986 - wie ein nicht enden wollender Fortsetzungsroman in den schwedischen Medien. Ich finde es bedauerlich, dass man den Fall nicht gelöst hat. Es gab sehr viele Zeugen, die man nicht verhört hat."
Verdrossen über die mangelhafte Aufklärung des Mordfalles Palme ist auch Schwedens amtierender Ministerpräsident Frederik Reinfeldt:
"Ich denke, es ist eines der Ereignisse, an das sich jeder erinnern kann - wo man war, als man davon hörte. Und es hat Schweden verändert. Zusammen mit späteren Ereignissen wie dem Mord an Anna Lindh hat die Tat unser Selbstbild gewandelt. Und natürlich spielen auch die jahrelangen Spekulationen über den Täter hierbei eine große Rolle. "
Die Meldung vom Tod Olof Palmes verbreitete sich rasant. Noch in der Nacht zum Samstag berichteten Sondersendungen des schwedischen Rundfunks, was geschehen war. Olof Palme und seine Frau Lisbeth hatten am Abend gemeinsam mit ihrem Sohn Mårten und dessen Freundin einen Film gesehen, hatten sich anschließend vor dem Kino von den jungen Leuten verabschiedet und begaben sich zu Fuß und ohne Personenschutz auf den Heimweg. Einige hundert Meter vom Kino entfernt - um 23:21 Uhr - schoss ein Mann aus unmittelbarer Nähe zwei Mal auf das Ehepaar Palme - die eine Kugel traf Olof Palme tödlich, die andere verletzte Lisbeth, die jedoch überlebte. Der Täter, der als 38- bis 45-jähriger Mann beschrieben wurde, flüchtete durch eine Seitenstraße in die Stockholmer Nacht. 25 Jahre später blickt die zuständige Staatsanwältin Kerstin Skarp zurück und muss nüchtern konstatieren:
"Wir haben keine heiße Spur, doch wir arbeiten weiter und es gibt Dinge, die wir noch nicht in Gänze untersucht haben. Ehrlicherweise aber müssen wir zugeben, dass wir nicht unmittelbar vor der Aufklärung des Falles stehen. Nach wie vor aber haben wir die Ambition, dies eines Tages zu tun."
Im Archiv der schwedischen Polizei blättert Stig Edqvist durch die Akten. 1998 kehrte er von einer Tätigkeit am Haager Kriegsverbrechertribunal nach Stockholm zurück und übernahm - als vierter - die Leitung der Palme-Ermittlungsgruppe. 13 Berufsjahre hat er dem Mord an Olof Palme inzwischen gewidmet.
"Schon damals wurde mir gesagt, wenn ein erfahrener Jurist 300 Seiten am Tag, sieben Tage die Woche lesen würde, dann würde er zehn Jahre benötigen, um das Material in Gänze zu studieren. Heute kämen dann sicher noch ein paar Jahre hinzu. In ihrer Dimension hat man die Untersuchung im Fall Palme oft mit dem Mord an John F. Kennedy oder dem Lockerbie-Attentat verglichen. Heute, denke ich, ist die Palme-Ermittlung größer."
Auch knapp 300 Meter Archivmaterial verteilt auf mehr als 3600 Aktenordner, auch Kosten in Höhe von rund 60 Millionen Euro und 130 Geständnisse verschiedenster Personen, den Mord an Palme begangen zu haben, können eine traurige Wahrheit nicht verdecken: Der Mörder ist nicht gefunden und die Wahrscheinlichkeit, dies zu tun, wird stetig kleiner. Stig Edqvist hat noch nicht resigniert, betont aber, er sei realistisch:
"Die ganze Welt ist involviert in diesen Fall. Palme hatte zu tun mit dem Iran-Irak-Krieg, war ein Kritiker Südafrikas, spielte eine Rolle in einem Waffengeschäft mit Indien. Dieser Fall beinhaltet alle erdenklichen Szenarien, es gibt Spuren, die auf die Geheimdienste aller Herren Länder hindeuten. Es gibt viele Details, die sich schlicht und ergreifend nicht ermitteln lassen. Nehmen Sie zum Beispiel Südafrika: Wie will man heute untersuchen, welche Operationen der Geheimdienst des Landes in der Zeit des Apartheidregimes durchgeführt hat? Das ist schwierig."
Doch muss man wirklich so weit hinaus in die Welt blicken, um den Mord an Olof Palme aufzuklären? Gewiss, auszuschließen sind derlei Szenarien keineswegs, doch Tatsache ist auch, dass sehr viel näher liegende Sachverhalte unzureichend untersucht wurden. Ja, bereits in der Mordnacht unterliefen den Ermittlern schwerwiegende Fehler, wie Gunnar Wall, Autor preisgekrönter Bücher über den Fall Palme, hervorhebt:
"Nichts wurde so gemacht, wie man es hätte tun sollen. Die Fahndung in der Mordnacht war eine einzige Katastrophe. Und dieses Chaos setzte sich fort während des gesamten ersten Jahres, als Hans Holmér die Untersuchung leitete, der nach außen hin den Anschein eines sehr effektiven und dynamischen Ermittlers erweckte, der tatsächlich aber einen grotesken Fehler nach dem anderen verantwortete. Und klar ist, all diese Fehlentwicklungen ließen sich später nicht mehr reparieren, so sehr sich nachfolgende Ermittler auch bemühten."
Vor allem aber führte die chaotische Polizeiarbeit und die fehlenden Resultate im Fall Palme dazu, dass die Kritik seitens der Öffentlichkeit lauter wurde - und somit auch der Druck auf die Ermittler stieg, einen Mörder zu präsentieren. Vor diesem Hintergrund konzentrierte sich die Untersuchung Ende der 1980er Jahre immer mehr auf den vorbestraften und drogenabhängigen Christer Pettersson, dessen Alibi für die Tatnacht sich als falsch erwiesen hatte und den Lisbeth Palme bei einer Gegenüberstellung als Täter identifizierte.
Allerdings hatte Palmes Witwe zuvor einen Hinweis seitens der Ermittler erhalten, der auf Pettersson als Mörder hindeutete, weshalb der daraufhin Verurteilte in zweiter Gerichtsinstanz obsiegte und neben einem Freispruch eine Entschädigung von knapp 60.000 Euro erhielt. Heute sind viele Schweden nach wie vor von der Schuld Petterssons überzeugt, weil dieser später immer wieder mit der Tat kokettierte, ja von unterschiedlichen Medien gar mit Geldzahlungen zu einem Geständnis gelockt wurde. Nicht so Gunnar Wall und viele andere Kenner des Falls:
"Pettersson lebte ein Leben am Rande der Gesellschaft, aber er war alles andere als dumm - in seiner Kindheit war er ein begabter Schachspieler, zudem las er eine Menge Bücher. Meines Erachtens wurde er in seine Rolle hineingelockt - und wahrscheinlich fand er es selbst sehr viel spannender, als potenzieller Mörder des Ministerpräsidenten angesehen zu werden, als als bloßer Alkoholiker."
Auch Lars Borgnäs, Journalist beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk SVT und Autor eines Buches über die Palme-Ermittlungen, für das er 2006 einen schwedischen Sachbuchpreis erhielt, glaubt nicht an Christer Pettersson als Mörder. Ebenso wie die parlamentarische Untersuchungskommission Ende der 1990er Jahre zahlreiche Aspekte der Polizeiarbeit kritisierte, befasst sich Borgnäs mit den vielen nicht-gestellten Fragen der Ermittler. Was, wenn Olof Palme seinen Mörder kannte?
Zahlreiche Zeugen, die nicht verhört wurden, hatten angegeben, Palme habe unmittelbar vor den Schüssen mit seinem Mörder gesprochen. Rund um den Schauplatz des Attentates waren zudem mehrere Personen mit Walkie-Talkies observiert worden. Auch die Annahme, bei dem Täter habe es sich um einen allein agierenden Amateur gehandelt, vielleicht sogar um einen geistig Verwirrten, entbehrt laut Borgnäs jeglicher Grundlage:
"Der Mörder war ganz und gar kein Amateur. Er war unglaublich schnell, die Schüsse sehr platziert, ungemein platziert sogar, dem Mörder gelang es, sein Gesicht zu verbergen, obwohl ungefähr 20 Leute in der Nähe standen, er hatte sich einen guten Platz für das Attentat mit einem perfekten Fluchtweg ausgesucht - er hatte 100 Prozent Erfolg. Ich kann nicht erkennen, dass das ein Amateur gewesen sein soll. 25 Jahre sind vergangen und wir haben nichts in der Hand. Er ist ganz und gar verschwunden."
Zudem, so Borgnäs, gebe es umfassend dokumentierte Hinweise, die einen großen Hass auf Olof Palme innerhalb der schwedischen Streitkräfte, der Marine, des Nachrichtendienstes, ja selbst der Polizei belegten. Auch das habe die parlamentarische Untersuchungskommission Ende der 1990er Jahre hervorgehoben. Wenige Wochen vor dem Attentat hatte der schwedische Verteidigungsminister Palme in einem persönlichen Gespräch vor der Stimmung in der Truppe gewarnt.
Wenige Wochen danach, im April 1986, hätte Palme zu einem Staatsbesuch in die Sowjetunion reisen sollen - ein Land also, mit dem das neutrale Schweden in den Jahren zuvor mehrfach direkte Konfrontationen gehabt hatte. Immer wieder waren sowjetische U-Boote in schwedische Gewässer, ja sogar bis in die Scheren Stockholms eingedrungen. In der Bevölkerung, vor allem aber im sicherheitspolitischen Establishment des Landes gab es eine verbreitete Furcht, Moskau könne das Land invadieren wollen. So absurd dies 25 Jahre später auch klingen mag, so Borgnäs, der Sozialdemokrat Palme habe damals in vielen konservativen Kreisen als sicherheitspolitisches Risiko gegolten, weil er die vom anderen Ufer der Ostsee ausgehende Gefahr ihrer Meinung nach unterschätzte:
"Indem Palme eliminiert wurde, verschwand die Gefahr. Das Risiko in diesem Motivbild war Palme als Person - nicht die Regierung, sondern Palme selbst, und deswegen musste er sterben. Ähnliche Motive hat es in der Geschichte immer wieder gegeben, man kann es vergleichen mit der Ermordung Yitzhak Rabins 1995 in Israel. Auch hier gab es nur einen Grund für seinen Tod, nämlich die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern unter dem Motto: Land für Frieden - das Rabin akzeptiert hatte. Für die Nationalisten war er genau deswegen ein Dorn im Auge und nur deshalb wurde er getötet. Derlei Motive sind bekannt - das Problem ist eine bestimmte Person beziehungsweise ein Politiker. Und in diesem Motivbild war es Palme, der weg musste."
So sehr sich Wall, Borgnäs und viele andere Experten mit den Versäumnissen, Widersprüchen und vielen offenen Fragen im Mordfall Palme befassen, so sehr die heutigen Ermittler auch die Fehler ihrer Vorgänger bedauern - die Aussichten, das Attentat eines Tages aufzuklären, erscheinen mittlerweile gering. Wenn auch widerwillig hat sich die schwedische Öffentlichkeit damit abfinden müssen, dass der Mord an ihrem ehemaligen Regierungschef ungesühnt bleiben wird.
Vielleicht aber hat diese Erkenntnis auch ihr Gutes. Denn jahrelang verdeckte der gewaltsame Tod Olof Palmes die Sicht auf sein politisches Wirken - und somit auch auf sein politisches Vermächtnis. Nach und nach aber fängt diese Auseinandersetzung an, versucht man den Politiker Olof Palme in der Geschichte des 20. Jahrhunderts zu verorten.
"Er war listig, geschickt und gefährlich. Er machte aus Schweden eine Gesellschaft, in der jedermann geborgen sein sollte und in der alle die Hand aufhielten. Heute wissen wir, wer etwas haben will, muss dafür arbeiten. Ich finde es gefährlich, einer ganzen Bevölkerung einzureden, dass sie allein von staatlichen Zahlungen leben kann."
"Er war ein sehr großer Politiker - der größte, den Schweden je hatte. Er hat es vermocht, Visionen für die Gesellschaft zu formulieren und international hat er sich für die Rechte kleiner Staaten eingesetzt."
Der Name Palme aber spaltet nicht nur die Bürger, auch beim politischen Gegner ruft er nach wie vor Emotionen hervor. Für den konservativen Außenminister Carl Bildt ist Palme Teil einer vergangenen Epoche. Die heftigen Wortgefechte, die er sich als junger Abgeordneter in den 1980er-Jahren mit dem sozialdemokratischen Regierungschef lieferte, gerade über die sowjetische Bedrohung, scheinen auch 25 Jahre später nachzuwirken:
"Er predigte so viel über Demokratie und Freiheit in der Dritten Welt, wieso konnte er das nicht auch auf der anderen Seite der Ostsee tun? Das alles fällt zurück auf eine Neutralitätsdoktrin, der wir seinerzeit anhingen, die sich auf Dauer aber als fehlerhaft erwies. Damals lagen die dunkelsten Schatten der Sowjetunion über unserem Land, die heute glücklicherweise verschwunden sind."
Und auch Bildts Parteifreund, Schwedens amtierender Ministerpräsident Frederik Reinfeldt, geht auf Distanz zu seinem sozialdemokratischen Amtsvorgänger:
"Er war ein Politiker der Konfrontation, er ideologisierte und trieb die Sozialdemokratie sehr stark nach links. Gut, das lag an der Zeit in den 1970er-Jahren, aber ich glaube mehr an Pragmatismus, an den Zusammenhalt - ich finde, das sind Werte, die tief in der schwedischen Tradition verankert sind, und davon ist er abgewichen. Palme riss diejenigen mit, die an ihn glaubten. Aber er spaltete auch die schwedische Gesellschaft, denn es gab viele, die seine Politik missbilligten."
Auch 25 Jahre nach seinem Tod scheint zu gelten, was man Palme schon zu Lebzeiten nachsagte - entweder man liebte oder man hasste ihn. Ähnlich sieht es Mona Sahlin, die in wenigen Wochen scheidende Vorsitzende der schwedischen Sozialdemokraten. Sie wurde nach eigenem Bekunden von Palmes Widerstand gegen den Vietnamkrieg inspiriert und wurde dadurch politisch aktiv. Heute hebt sie neben Palmes internationalem Engagement einen anderen Aspekt seines Wirkens hervor:
"Olof Palme inspirierte mich und viele andere zu dem Versuch, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Wir sind nicht allein Politiker, um den Menschen nach dem Mund zu reden, damit sie uns wählen, sondern wir sind Politiker, um die Gesellschaft zu verändern. Das war der ganze Lebensnerv von Olof Palme. Heute gibt es jede Menge Politiker, die niemand hasst und niemand liebt, an denen niemand Anstoß nimmt. Doch wir alle brauchen mehr Persönlichkeiten, die uns in unseren Gewissheiten herausfordern. Nur diejenigen, die man entweder liebt oder hasst, hinterlassen auch einen Eindruck."
Gewiss, auch Olof Palme war nicht allein ein Idealist. Auch er machte Geschäfte und reiste um die Welt, um etwa schwedische Waffen zu verkaufen. Der Palme-Biograf Henrik Berggren:
"Viele haben Palme als Intellektuellen gesehen - auch weil er rhetorisch ungemein begabt war. Doch Palme war Politiker und zwar ein zum Teil kaltblütiger und ungemein pragmatischer, der Resultate erreichen wollte. Palme selbst war dieser Balancegang bewusst, er war Teil seiner Identität. Er bewunderte Poeten, Schriftsteller, Kritiker, Leute, die Utopien formulieren, aber er selbst verstand sich als Politiker, der die Ideen in die Wirklichkeit überführt - eine Wirklichkeit, die immer auch schmutzig ist."
Und doch - trotz aller Kompromisse, die die Politik verlangte - behielt Palme bis zuletzt, bis zu seinem gewaltsamen Tod vor 25 Jahren seinen politischen Elan. Insofern ging zumindest ein Wunsch Palmes in Erfüllung, den er 1969 - wenige Wochen, bevor er den Parteivorsitz und die Regierungsmacht von seinem politischen Ziehvater Tage Erlander erbte - in einem Interview mit der BBC formuliert hatte:
"An mein eigenes Vermächtnis habe ich nie gedacht und ich hoffe, dass ich bis zu meinem allerletzten Atemzug auch nicht daran denken werde. Denn ich glaube, sobald jemand anfängt, an seinen eigenen Nachlass zu denken, wird er ängstlich, traut sich nicht, Dinge durchzuführen und verliert seine Vitalität."