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Für unabhängige Medien

Seit Oktober vergangenen Jahres sendet die Deutsche Welle in ihrem russischen Radioprogramm täglich jeweils 15 Minuten spezielle Beiträge für Weißrussland. Da die Bevölkerung dort fast nur noch über staatlich gelenkte Medien informiert wird, entschloss sich die Europäische Union, dieses Programm auch finanziell zu unterstützen. Anfang März geht ein zusätzliches, sehr viel umfangreicheres Radio. und Fernsehprogramm der EU auf Sendung.

Von Dieter Wulf |
    Natürlich sei auch das Programm der Deutschen Welle sinnvoll, aber Kurzwelle höre eben auch in Weißrussland nur derjenige, der wirklich danach sucht, meint Harald Zulauf, Geschäftsführer von Media Consulta. Die Medienagentur, die ab Anfang März im Auftrag der EU nun zusätzlich ein sehr viel umfangreicheres Radio- und Fernsehprogramm für Weißrussland organisiert, setzt stattdessen auf sehr viel nutzerfreundlichere Programme.

    "Kurzwelle, da haben sie immer dieses tolle schöne Rauschen, was sich eigentlich freiwillig keiner anhört. Der einzige Vorteil von Kurzwelle: Es ist natürlich sehr günstig in der Abstrahlung und sie können es auch in ganz Weißrussland erreichen. Das können wir durch unseren strategischen Partner Radio Baltic Waves allerdings auch und das in besserer Qualität nämlich in FM und in Mittelwelle, dadurch dass wir die Sendemasten rund um Weißrussland gestreut haben Litauen, Polen Ukraine, et cetera."

    Um den Zugang zu unabhängigen Medien noch weiter zu stärken, hatte die EU ein Programm über zwei Millionen Euro ausgeschrieben, und die deutsche Medien- und Kommunikationsagentur Media Consulta erhielt Ende Januar den Zuschlag.

    Pilotprogramme verraten so in etwa, wie das geplante Radioprogramm, das irgendwann Anfang März auf Sendung gehen soll, sich vermutlich anhören wird. Mit der inhaltlichen journalistischen Umsetzung habe die Agentur allerdings so gut wie nichts zu tun, erklärt Harald Zulauf. Die Verantwortung dafür liege bei Journalisten aus Weißrussland.

    "European Radio for Belarus ist eine Initiative von NGOs, vor allem der unabhängige weißrussische Journalistenverband mit der Präsidentin Sara Letvina. Die hat vor zwei Jahren vom Europaparlament den Sacharowpreis erhalten für Freiheit und unabhängigen Journalismus in Weißrussland."

    Gleichzeitig ist pro Woche ein 30-minütiges Fernsehmagazin mit gleichem Namen geplant. Kooperationspartner hier ist das ZDF und der russische Auslandssender RTVI Russian Television International.

    "Es ist ein Auslandssender der vor allem in erster Linie russischsprachige Zuschauer außerhalb Russlands anspricht. Der Sender hat in Belarus den Vorteil, dass es der mit Abstand quotenreichste nichtweißrussische Fernsehsender ist, der über Satellit abstrahlt, weil die Bedingung der EU für dieses Projekt war, dass wir einen Fernsehsender rekrutieren der über Satellit ausstrahlt und nicht terrestrisch."

    Natürlich müsse man damit rechnen, dass die Regierung Weißrusslands sehr negativ reagieren könnte. Alleine die weißrussischen Radiojournalisten, die demnächst von Warschau aus senden, seien sich zumindest bewusst, dass sie eventuell längerfristig damit rechnen müssen, nicht mehr in ihre Heimat einreisen zu können. Trotzdem wolle man mit diesen Programmen auf keinen Fall ein reines Anti-Lukaschenko-Programm produzieren, betont Harald Händel, der Pressesprecher der Europäischen Kommission in Berlin.

    "Wir wollen uns mit unserem Programm nicht in die Innenpolitik einmischen, wir wollen ein Gegengewicht zu den staatlich gelenkten Medien schaffen. Wir wollen Pressefreiheit in dieses Land hinein tragen, aber wir wollen uns nicht in die politischen Gegebenheiten in Weißrussland direkt einmischen."

    Aber natürlich ist das nichts anderes als die Beschreibung der Quadratur des Kreises. Unabhängige Medien in dieser Form in einem Land wie Weißrussland zu verbreiten, bedeutet natürlich eine innenpolitische Einmischung. Nur darf man das eben offiziell nicht so nennen, denn dazu bedarf es eines Beschlusses aller 25 EU-Mitgliedsstaaten. Dies genau aber fehle, kritisiert der Diplomat Hans Georg Wieck, der bis Ende 2001 die OSZE Mission in Weißrussland leitete und seit Jahren für eine stärkere Medienpräsenz der EU gegenüber dem Lukaschenko-Regime plädiert.

    "Da fehlt uns ein strategisches Konzept, und wenn man kein strategisches Konzept hat, macht man Einzelmaßnahmen, auch wenn sie miteinander unverbunden sind."

    Auch Cornelia Rabitz, die Leiterin der russischen Redaktion bei der Deutschen Welle, sieht das Defizit bei der EU in der bislang fehlenden Koordination der verschiedenen auf Weißrussland bezogenen Medienprojekte.

    "Ich finde es sehr schade, dass diese vielen mehr oder minder wichtigen kleinen großen Initiativen nicht irgendwo zusammen gebunden werden konnten. Das wäre mit Sicherheit eine Aufgabe von Brüssel gewesen dass man dort eine Stelle installiert hätte, die die Medienprojekte evaluiert, die die Dinge zusammenbindet, zusammenfügt, koordiniert. Das ist leider nicht geschehen. Schade find ich e allemal, denn gemeinsam ist man in jedem Fall stärker als wenn jeder alleine vor sich hin sendet."