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Für und Wider im Kreis der Innenminister

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) wirbt seit Jahren für ein Verbot der NPD. Für ihn sind alle Hausaufgaben gemacht, die das Bundesverfassungsgericht der Politik im Jahr 2003 mit auf den Weg gab. Doch die Hürden sind hoch - nicht nur wegen der V-Leute.

Von Gudula Geuther und Peter Marx |
    Es ist ruhig geworden im sechsten Stock des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern. Seit Tagen ist es merklich still hier, was nicht nur daran liegt, dass derzeit keine Plenarsitzungen stattfinden. Nach der Landtagswahl Anfang September sind die fünf Abgeordneten der NPD von der Landtagsverwaltung unter das Dach abgeschoben worden - weit weg von Besuchergruppen.

    Obwohl die Rechtsextremen anfangs gegen den Umzug protestierten, scheinen sie - seit Aufdeckung des Zwickauer Mordtrios - mit ihren versteckten Büros zufrieden. Nur nicht die öffentliche Diskussion über ein NPD-Verbot anheizen, scheint ihre Devise zu sein. Betroffenheit zeigen und jede Schuld weit von sich weisen, so jedenfalls verfährt NPD-Fraktionschef Udo Pastörs. Auf die Mordserie der terroristischen Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) geht Pastörs nur mit einem Satz ein:

    "Das nimmt man zunächst einmal betroffen auf, wenn man die Morde sieht."

    Zwei Kilometer entfernt vom Schweriner Landtag, im ehemaligen Armeearsenal direkt am Pfaffenteich, sitzt Lorenz Caffier. Seit seinen ersten Amtstagen als Innenminister im November 2006 sind ihm die Rechtsextremen ein Dorn im Auge. Seither plädiert er gebetsmühlenartig für ein Verbot der NPD. Jahrelang wurde er dafür von seinen West-Kollegen bestenfalls belächelt. Doch jetzt sieht der CDU-Minister die Front der Verbotsgegner bröckeln:

    "Nachdem man sich ja manchmal verloren bei der Diskussion vorkam oder die Diskussion geführt wurde: Ihr kommt ja da aus den neuen Bundesländern, da ist die Problematik, bei uns ist sie nicht. Diese Betrachtungsweise hat sich in den letzten Jahren Schritt für Schritt geändert. Und ich glaube, dass vom Grundsatz her alle dafür sind, aber dass es einen Teil gibt, die das Risiko, dass wir nicht erfolgreich sind, größer einschätzen als ich das einschätze beispielsweise, und deswegen eher zurückhaltend reagieren."

    Die stärkste Waffe im Kampf gegen die NPD ist für Caffier ein dickes Dossier. Ein Dossier, in dem alle Straftaten von Rechtsextremen, alle Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, Materialen der NPD aufgelistet sind, Reden der NPD-Funktionäre und sogar alle Ordnungsrufe für NPD-Abgeordnete während der Landtagssitzungen aufgelistet sind.

    805 Straftaten aus dem "Phänomenbereich Rechts" registrierte das Landeskriminalamt im vergangenen Jahr. Es sind vor allem sogenannte Propagandadelikte. Dazu kamen 36 Gewaltdelikte von Rechtextremen mit - laut LKA - fremdenfeindlicher Ausrichtung. Sein Dossier will Caffier seinen Kollegen auf der morgen beginnenden Innenministerkonferenz in Wiesbaden präsentieren.

    "Wir haben natürlich die Äußerungen, das Auftreten der NPD im Landtag von MV, von Herrn Pastörs auch außerhalb des Landtages. Die Vernetzung der NPD mit den Kameradschaften innerhalb des Landes. Wir haben natürlich eine Vielzahl von Erkenntnissen mit eingebracht im Rahmen von den sogenannten Heldengedenktagen, von den Feierlichkeiten, die die NPD in der Regel organisiert oder über Kameradschaften organisiert werden. Also: Eine vielfältige Sammlung und da lässt sich die Nähe der NPD zur rechtsextremistischen, zur gewaltbereiten Szene nicht verleugnen."

    Vor drei Jahren hat Innenminister Caffier das NPD-Dossier erstmals seinen Kabinettskollegen präsentiert und die Papiere dann dem Bundesamt für Verfassungsschutz übergeben. Doch passiert ist nichts.

    "Dies Material haben wir fortgeschrieben, weil sich seit 2008 auch eine Reihe neuer Erkenntnisse ergeben hat. Und deswegen sind wir nach wie vor der Auffassung, dass allein die Materialsammlung, die wir in MV haben, die grundlegende These, nämlich dass die NPD erstens eine enge Vernetzung zur rechtsextremistischen Szene, zu Kameradschaften als auch zu den Subkulturen hat, ganz klar erfüllt ist. Und zweitens, dass man versucht mit kämpferisch aggressiven Mitteln die Gesellschaftsordnung zu verändern."

    Welche Erkenntnisse von V-Leuten in das Dossier einflossen, darüber schweigt sich der Minister aus. Anders als in anderen Bundesländern hätten die 85 Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern jedoch das Treiben der NPD und der mit der Partei verbundenen Kameradschaften nie aus den Augen verloren. Für Caffier sind alle Hausaufgaben gemacht, die das Bundesverfassungsgericht der Politik im Jahr 2003 mit auf den Weg gab.

    Damals scheiterte ein früherer Verbotsantrag - aus Gründen, die bis heute die Diskussion über einen möglichen neuen Antrag bestimmen. Doch der Reihe nach. Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD, hatte im Jahr 2000 einen "Aufstand der Anständigen" gefordert. Vorausgegangen war eine Reihe von fremdenfeindlichen Anschlägen. In großen politischen Konsens - einzig die FDP war damals durchweg dagegen - erarbeiteten die drei Verfassungsorgane Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung jeweils eigene Anträge mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Bundesinnenminister Otto Schily ging im Januar 2001 für die Bundesregierung voran:

    "Der Staat muss entschlossen von seinen repressiven Möglichkeiten Gebrauch machen, wo sich Strukturen herausbilden, die den psychischen und physischen Rückhalt für Gewalttaten, rechtsextremistische Gewalttaten bilden. Das ist der Fall."

    Im März 2001 folgten Bundestag und Bundesrat. Am Bundesverfassungsgericht stellte man sich auf eine mehrjährige intensive Arbeit ein. Auf andere Arbeit als man sie in Karlsruhe gewohnt ist. Denn die Richter könnten Räume der Partei und ihrer Funktionäre durchsuchen, Unterlagen der Organisation beschlagnahmen lassen. Bei Gericht wurden eigens Mitarbeiter eingestellt, ein Jahr lang die fast 600 Seiten der Antragsschriften plus viele hundert Dokumente gesichtet.

    Dann aber kam die V-Mann-Problematik ins Spiel - scheibchenweise. Die Richter hatten gerade fünf Verhandlungstage angesetzt und 14 sogenannte Auskunftspersonen geladen, überwiegend Funktionäre der NPD - als der Berichterstatter im Verfahren, der Verfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch, einen überraschenden Anruf erhielt. Der Leiter der Abteilung Verfassung im Bundesinnenministerium, Klaus-Dieter Schnappauf, teilte ihm am 16. Januar 2002 telefonisch mit, dass einer der geladenen Funktionäre V-Mann des Landesverfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen gewesen sei.

    "Er hat ja gemeint, er solle jedenfalls so einen diskreten Hinweis geben. Nicht offiziell, nicht schriftlich, sondern sozusagen unter Verfassungsorganen einen Hinweis, deshalb auch diese etwas seltsame Wortwahl 'privat-dienstliches Gespräch'."

    So erklärte der Bundesinnenminister das Telefonat eine Woche später in einer Pressekonferenz, der ein Eklat vorausgegangen war: Das Gericht hatte zwei Mal um schriftliche Information zur früheren V-Mann-Tätigkeit des Funktionärs gebeten. Das wurde abgelehnt, man habe das Thema nur mündlich und abstrakt anschneiden wollen, hieß es später.

    Den acht Richtern, die über die Verbotsanträge zu entscheiden hatten, aber platzte der Kragen. Alle fünf Verhandlungstermine wurden aufgehoben. Und nun telefonierte auch Otto Schily, was viele in Karlsruhe als instinktlos ansahen.

    "Ich habe, nachdem ich von diesem Beschluss erfahren habe, den Versuch gemacht, Frau Limbach telefonisch zu erreichen, ich habe auch den Versuch gemacht, Herrn Jentsch zu erreichen. Und zwar einfach, um meine Position dabei zu erklären, auch den Sachverhalt."

    Da ging mindestens Otto Schily noch von einem V-Mann aus, einem der längst - wie es im nachrichtendienstlichen Jargon heißt - abgeschaltet ist. Doch nach und nach, zuletzt in einem Erörterungstermin in Karlsruhe, stellte sich - trotz gegenteiliger Beteuerungen aus den Ländern - heraus: Die Führungsebene der NPD ist durchsetzt mit V-Leuten, jedes siebte Mitglied der Parteivorstände in Bund und Ländern ist Zuträger des Verfassungsschutzes oder war es bis kurz vor dem Verfahren.

    Eine Minderheit von drei der acht Richter glaubte damals, so könne das Verfahren nicht weitergehen. Und da im Verbotsverfahren Entscheidungen zu Lasten einer Partei einer Zweidrittelmehrheit unter den beteiligten Richtern bedürfen, setzten sie sich durch. Der Vorsitzende des Senats, Winfried Hassemer, verkündete am 18. März 2003: Das Verfahren wird eingestellt.

    "Die Beobachtung einer politischen Partei durch V-Leute staatlicher Behörden, die als Mitglieder des Bundesvorstands oder eines Landesvorstands fungieren, unmittelbar vor und während der Durchführung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, ist in der Regel unvereinbar mit den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren.
    Ausreichend ist die bloße Präsenz doppelfunktionaler, sowohl mit dem Staat als auch mit der Partei rechtliche und faktisch verknüpfter Verbindungspersonen."

    Aus drei Gründen: Werden V-Leute mit eigenen Äußerungen zitiert, mit denen der Staat die Verfassungswidrigkeit belegen will, sei unklar, warum die V-Leute diese Äußerungen gemacht haben. Die V-Leute seien, wie es im Verfahren hieß, Diener zweier Herren. Beeinflussen V-Leute die Partei, gelte das gleiche. Und: Wenn es Zuträger weit oben gibt, bestehe die Gefahr, dass sie die Prozesstaktik der Partei ausplaudern. Drei Gründe für die Richterminderheit, warum sie ein faires Verfahren nicht mehr für gewährleistet hielten. Bundesinnenminister Otto Schily reagierte erbost:

    "Die von der Minderheit des Senats vertretene Auffassung halte ich für falsch."

    Bis heute bestimmt die V-Mann-Problematik die Überlegungen zu einem neuen Verbotsverfahren. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, CSU, in der vergangenen Woche:

    "Viele, auch Experten aus dem kriminalistischen Bereich, weisen uns darauf hin, dass die V-Leute natürlich dringend notwendig sind, um Einblick in die Strukturen zu bekommen."

    Lange Zeit war das für ihn der Grund, warum er einem neuen Verbotsantrag skeptisch gegenüberstand. Doch seit Bekanntwerden der Mordserie des Zwickauer Terrortrios klingt Friedrich anders:

    "Wir werden sehen, inwieweit wir - auch in Zusammenarbeit mit den Ländern - die Frage beantworten können: Gibt es ein Zurücknehmen der V-Leute zumindest zahlenmäßig oder auf einer bestimmten Ebene und trotzdem Aussicht auf ein erfolgreiches Verbotsverfahren?"

    Unklar ist noch, wie offen Bund und Länder dabei miteinander umgehen wollen. Im letzten Verbotsverfahren wussten die verschiedenen Verfassungsschutzämter nichts voneinander, nichts von ihren Quellen. Heute sagt Wolfgang Bosbach, CDU, der Vorsitzende des Innenausschusses:

    "Wir kennen nur auf Bundesebene die Zahl der V-Leute in der NPD. Wir wissen nicht, wer diese V-Leute sind. Sie werden geführt von 16 Landesämtern für Verfassungsschutz, das ist der real existierende Föderalismus. Und weil wir sie nicht kennen, die Personen, können wir auch gar nicht wissen, in welchen Funktionen sie in der NPD tätig sind."

    Alle Meinungen werden vertreten unter den Innenministern. Der Bayer Joachim Herrmann, CSU, setzt beispielsweise darauf, dass die Richter nicht noch einmal wie 2003 entscheiden würden. Er will das neue Verbotsverfahren, will aber auch an den V-Leuten festhalten. Immerhin, so sagt er, habe es sich damals nur um eine Minderheit an Richtern gehandelt. Und tatsächlich haben die drei inzwischen das Bundesverfassungsgericht verlassen. Andere sehen ein Verbot der NPD wegen der V-Mann-Problematik nach wie vor skeptisch. Wieder andere zweifeln - angesichts des Versagens des V-Mann-Systems bei der Zwickauer Zelle - inzwischen mehr als früher an den rechtsextremistischen Zuarbeitern.

    Nur ein - inzwischen ehemaliger - Verantwortlicher hat klar gemacht, dass sein Land keine Zuträger in Vorständen beschäftigt, der Berliner Erhard Körting:

    "Bei der NPD brauche ich aber keine V-Leute als Landesvorsitzende oder etwas Ähnliches, um's mal ironisch auszudrücken, wie das leider in der Vergangenheit der Fall war. Sondern ich brauche Leute, die mir vielleicht als Mitläufer oder so Informationen geben zu der Frage, wann Aktionen geplant sind und so weiter."

    Seit der Mordserie glauben einzelne Rechtsexperten wie der Grüne Christian Ströbele, die V-Mann-Problematik falle nicht mehr so ins Gewicht - wenn, ja wenn sich eine enge Verbindung zwischen der Zwickauer Zelle und der NPD ergeben könnte. Dass aber nicht nur einzelne, sondern die NPD insgesamt verbrecherisch, gewaltverbrecherisch, agiert, ist bisher nicht ersichtlich. Ganz allgemein und unabhängig von der V-Mann-Problematik sagt der Bundesinnenminister:

    "Ich glaube persönlich, dass wir aus dem, was wir an Erkenntnissen gewinnen werden, die eine oder andere Schlussfolgerung ziehen werden, die möglicherweise eine Neubewertung in der einen oder anderen Richtung erforderlich macht."

    Das gilt auch für das, worum es in dem Verfahren eigentlich geht: die Gründe für ein Verbot. Das Grundgesetz verlangt nämlich für das Verbot einer Partei, dass sie nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf aus ist ...

    " ... die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden."

    Das Bundesverfassungsgericht hat aus diesem Satz Kriterien entwickelt, und zwar in den Entscheidungen zu den einzigen beiden Parteiverboten in der Bundesrepublik. 1952 hatte das Gericht den selbst erklärten NSDAP-Nachfolger, die Sozialistische Rechtspartei, kurz SRP, verboten. 1956 folgte das Verbot der KPD. Demnach muss eine Partei ...

    " ... planvoll das Funktionieren dieser Ordnung beeinträchtigen, im weiteren Verlauf diese Ordnung selbst beseitigen wollen."

    In diesen früheren Entscheidungen zählte das Bundesverfassungsgericht zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung u.a. die Achtung vor den Menschenrechten, vor allem vor dem Recht auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, Chancengleichheit aller politischen Parteien und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.

    Allerdings genügt es keineswegs, dass eine Partei diese Prinzipien nicht anerkennt. Es müssen außerdem ...

    " ... verfassungsfeindliche Bestrebungen aktiv-kämpferisch und aggressiv verfolgt werden".

    Das sind äußerst hohe Hürden. Abgesehen davon, dass niemand weiß, wie die Verfassungsrichter heute, mehr als 50 Jahre später, diese Frage sehen würden. Viele Innenpolitiker geben sich sicher: Ist die V-Leute-Frage geklärt, wird der Rest des Verfahrens klappen. Und mit der Festnahme des früheren thüringischen Partei-Vize Ralf Wohlleben, der der Terrorzelle unter anderem eine Waffe verschafft haben soll, glauben manche, neue Belege für die kämpferische Haltung der NPD zu bekommen.

    Dagegen warnt der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier: Das Verhalten einzelner reiche für ein Parteiverbot nicht aus, so steht es auch schon im KPD-Verbots-Urteil. Es müsste Verbindungen zur Partei selbst geben; wonach es bisher nicht aussieht. Papiers Sorge: Erst werde politisch über den Verbotsantrag entschieden, noch bevor klar sei, ob das Verfahren inhaltlich trägt.

    Im Innenministerium in Sachsen-Anhalt widerspricht man. Dort ist eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe angesiedelt, die die Erfolgsaussichten eines Verbots prüfen soll. In der vergangenen Woche traf sie sich zum ersten Mal. In dieser Arbeitsgruppe soll es nicht nur um die V-Leute gehen, es sollen Erkenntnisse zusammengetragen und bewertet werden. Das allerdings kann Jahre dauern. Und: Entscheidet man sich für ein Verbot und schaltet dann erst die führenden V-Leute ab, muss die Beweissuche, will man auf Nummer sicher gehen, von vorn beginnen.

    Eines allerdings entscheidet die Bund-Länder-Arbeitsgruppe nicht: Ob das Verbotsverfahren politisch gewollt ist, ob die Auseinandersetzung mit der Partei und dem Rechtsextremismus nicht dem Verbot vorzuziehen ist. Auch das vertreten manche Innenminister. Kein Wunder also, dass Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich für Gründlichkeit plädiert. Denn:

    "Wir sind uns glaube ich alle einig: Wenn dieses Verfahren kommt, dann muss es erfolgreich sein. Die NPD darf nicht am Schluss triumphieren, indem sie mit einer Verfahrenseinstellung oder gar einem Freispruch davonkommt."

    Die Entscheidung über das Verbot wird also noch lange nicht fallen.

    Zurück nach Mecklenburg-Vorpommern, wo die rechtsextreme NPD seit dem Jahr 2006 im Landtag sitzt. Nach dem Bericht des Verfassungsschutzes ist das rechtsextremistische Spektrum dort in drei Ebenen aufgegliedert: Die NPD als politische Spitze, dann als Fußvolk die Neonazi-Szene mit den Kameradschaften und quasi als Bodensatz die rechtsextremen Subkulturen: kleine Gruppen, verteilt über das ganze Land, die mit Konzerten, Hitler-Geburtstags- und Sonnwendfeiern immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Insgesamt sollen es nicht mehr als 600 Anhänger sein, die meisten Jugendliche. Um diese Gruppe zu erreichen, reicht jedoch ein NPD-Verbot nicht aus, das weiß auch Landesinnenminister Lorenz Caffier:

    "Hier ist die Gesellschaft in Gänze gefragt, von Kirchen bis Vereine, von Politik bis zur Schule."

    Der Minister will mit einem Verbot die NPD aus den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern drängen. Vor allem will er der rechtsextremen Partei die ihr bislang zustehende finanzielle Unterstützung nehmen. So bekommt beispielsweise die NPD-Fraktion im Schweriner Landtag jährlich rund 700.000 Euro an Zuschüssen. Ginge es auch ohne diese Steuergelder? NPD-Fraktionschef Udo Pastörs verweist auf den Rechenschaftsbericht seiner Partei:

    "Da werden sie sehen, dass unser Spendenaufkommen das Hauptrückgrat unserer Finanzierung ist und nicht die Wahlkostenerstattung durch den Staat."

    Nach Darstellung von Udo Pastörs verfügt die NPD über keinen Plan B, der vorsieht, nach einem möglichen Verbot die rechtsextreme Partei unter einem neuen Namen wieder aufleben zu lassen. Der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende spricht lediglich von "Vorsichtsmaßnahmen", geht aber nicht näher darauf ein. Eine "Falschinformation" aus der Sicht des Innenministers Caffier:

    "Ich weiß, dass sie einen Plan B in der Tasche haben und dass sie natürlich über Strukturen wie Kameradschaften und ähnliches ganz schnell in der Lage sind umzusteuern. Ich weiß aber, dass sie eins sehr fürchten, dass die derzeitigen Vertretungen in Parlamenten, und sei es in Kommunalparlamenten, aber auch in Landtagen wie bei uns, natürlich auf dem Tag sofort beendet wäre."

    Doch bis dahin, wenn überhaupt, wird es noch einige Jahre dauern, vermutet Udo Pastörs und gibt gleich die Marschrichtung seiner Partei bekannt. Sollten die Karlsruher Richter - im zweiten Anlauf - ein Verbot befürworten, werde sich die NPD direkt an die nächste Instanz wenden: an den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Die Ironie, die sich dahinter versteckt, lässt den NPD-Politiker beinahe lächeln.