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Für Wind- und Solarstrom
Batteriespeicher ohne Lithium

In Laptops, Smartphones und Elektroautos: Lithium-Ionen-Akkus haben sich überall als Energiespeicher durchgesetzt. Denn sie sind klein und leistungsfähig - aber für bestimmte Anwendungen auch zu teuer. Forscher aus Freiburg arbeiten daher an einer preiswerten Alternative, die ohne das Leichtmetall auskommt.

Von Ines Rutschmann |
    Ein Mann spaziert über einen Feldweg bei Hannover (Niedersachsen), als am Horizont die Sonne untergeht.
    Lithiumfreie Batterien sollen Wind- und Solarstrom für ertragsarme Zeiten speichern (dpa / Julian Stratenschulte)
    Was ist wichtig bei einem Akku? Dass er lange Strom vorhält. Dass er schnell geladen ist. Harald Gentischer interessiert allerdings ein dritter Aspekt viel stärker: Was kostet es, eine Kilowattstunde Strom zu speichern? Denn davon hängt ab, ob sich Batteriespeicher rentieren – für Unternehmen, aber auch für Privatpersonen, die sich selbst mit Strom versorgen.
    "Für den Kunden ist natürlich wichtig, dass wenn er jetzt seinen Strom da speichert, dass der Strom, den er aus der Batterie entnimmt, nicht teurer ist als der Strom, den er vom Stromanbieter kauft", sagt Gentischer.
    Eine Batterie, maßgeschneidert für stationäre Anwendungen
    Seit sieben Jahren entwickelt der Forscher am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg einen neuartigen Akku. Er soll Solar- oder Windstrom speichern, damit er zu einem späteren Zeitpunkt verbraucht werden kann. Für den Hausgebrauch gibt es solche Batteriespeicher längst. Rund 100.000 sind davon in Wohnhäusern und Gewerbebetrieben installiert. Sie bestehen meist aus den gleichen Speicherzellen, die auch in Autos oder Laptops stecken.
    "Traditionell wurden Batterien ja für mobile Anwendungen entwickelt - wenn einfach kein Strom aus dem Netz zur Verfügung steht. Damals gab es nur die bekannten Bleibatterien und Lithium-Ionen-Batterien. Auch heute hat sich daran nicht viel geändert. Wir wollten einfach eine maßgeschneiderte Batterie für stationäre Anwendungen entwickeln."
    Wässrige Lösungen statt organischem Elektrolyt
    Am Prinzip der Lithium-Ionen-Zelle haben die Forscher festgehalten. Sie nutzen aber kein Lithium. Das Metall und seine Ionen sind zwar ideal, um viel Energie auf kleinem Raum zu speichern. Ist aber ein Speicher an einem Ort fest installiert, spielen Größe und Gewicht eine untergeordnete Rolle. Dann lässt sich auf Lithium verzichten. Und damit auch auf weitere Materialien, die im Verbund mit den hochreaktiven Lithium-Ionen notwendig sind, aber die Herstellungskosten nach oben treiben - allen voran ein organischer Elektrolyt. Als Flüssigkeit, durch die die Ladungsträger wandern, nutzen Gentischer und seine Mitstreiter statt dessen eine wässrige Lösung. Die Batterie ist damit auch sehr sicher. Dass sie sich wie ein Lithium-Ionen-Akku von selbst entzünden kann, beispielsweise infolge eines Kurzschlusses, schließt Harald Gentischer aus.
    "Durch das Wasser in unserer Batterie kann das nicht passieren. Weil das Wasser eine so hohe Wärmekapazität besitzt, dass diese Energie, die dabei entstehen würde, vom Wasser aufgenommen würde."
    Preiswerte Elektrodenmaterialien
    Für die Elektroden, an denen sich Ionen beim Laden und Entladen der Batterie anlagern oder abscheiden, können die Forscher unterschiedliche Materialien verwenden. Fokussiert haben sie sich auf vier: Zink, Natrium, Manganoxid und Kohlenstoff.
    "Wichtig ist, dass die Materialien nicht nur ausreichend leistungsfähig sind, sondern eben auch preiswert. Wir haben dann darüber hinaus darauf geachtet, dass es ungiftige Materialien sind und dass die Materialien auch nachhaltig sind."
    Um eine möglichst hohe Energiedichte zu erzielen, arbeiten die Forscher mit dickeren Elektroden, als es bisher üblich ist. Sie erreichen dabei bereits Werte, die kommerziell gefertigten Lithium-Ionen-Batterien entsprechen. Produziert wird bislang noch rein zu Forschungszwecken am Institut in Freiburg – aber auf andere Weise als die Akkuhersteller, erklärt Gentischer.
    Kritische Frage: Die Kosten
    "Wir verwenden hier zur Herstellung unserer Batterien Produktionsverfahren, mit denen auch Solarzellen hergestellt werden. Wir bedrucken vorgefertigte Einzelsubstrate, die dann direkt aufeinandergestapelt werden. Und bei Lithium-Ionen-Batterien werden dagegen riesige Bahnen von Metallfolien bedruckt, die dann ausgeschnitten werden und zu zylindrischen Zellen zusammengerollt werden."
    Als nächstes wollen die Forscher mit Partnerfirmen eine Pilotlinie aufbauen. Diese soll auch zeigen, wie teuer die Fertigung der wässrigen Metall-Ionen-Batterie ist. Das Ziel der Forscher lautet: Das Speichern einer Kilowattstunde Strom soll weniger als fünf Cent kosten. Heute betragen die Kosten mindestens das Doppelte bis Dreifache. Gingen die Pläne auf, würde sich das Speichern von Solar- oder Windstrom nicht nur für Eigenverbraucher lohnen - sondern auch für Energieversorger, um Strommengen zu nutzen, die das Stromnetz bei hoher Produktion nicht mehr aufnehmen kann.