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Fukushima-Rückbau
Erste Stationen eines langen Weges

Dreieinhalb Jahre nach den Havarien geht das Aufräumen in Fukushima Daiichi weiter. Das Gros der Brennelemente wurde aus Block 4 herausgeholt und in Block 1 wird die provisorische Schutzhülle durchlöchert. Erst dann kann der langwierige Rückbau beginnen.

Von Dagmar Röhrlich |
    An Block 1 wird durch Löcher im Dach ein Mittel eingebracht, dass die Verbreitung radioaktiven Staubs verhindern soll.
    An Block 1 wird durch Löcher im Dach ein Mittel eingebracht, dass die Verbreitung radioaktiven Staubs verhindern soll. (Tokyo Electric Power Company )
    Als der Tsunami am 11. März 2011 Fukushima Daiichi traf, befand sich Block 4 in Revision, alle 1533 Brennelemente steckten im Lagerbecken. Dieses vollgeladene, große Wasserbecken bereitete den Experten lange Zeit große Sorgen, schließlich liegt es außerhalb des Sicherheitsbehälters oben im Reaktorgebäude. Und das war durch eine Explosion schwer in Mitleidenschaft gezogen worden, erklärt Teruaki Kobayashi von Tepco:
    "Wir holen alle Brennelemente aus diesem Abklingbecken heraus und transportieren sie in ein Zwischenlager auf dem Gelände. Ende November werden wir alle benutzten Brennelemente abtransportiert haben, und im Dezember holen wir dann die neuen Brennelemente heraus. Ende des Jahres wird die Arbeit beendet sein."
    Block 4 soll bald gesichert sein
    Anscheinend lief vor Ort alles schneller, als erwartet: Heute, zwei Tage nach dem Interview, teilt Tepco mit, alle 1331 abgebrannten Brennelemente seien jetzt geborgen, nun warteten nur noch die 22 neuen. Damit rückt für Tepco ein erstes wichtiges Etappenziel in greifbare Nähe: Block 4 wird bald gesichert sein. Allerdings stecken auch in den drei anderen havarierten Meilern jeweils mehrere hundert Brennelemente in Abklingbecken außerhalb der Sicherheitsbehälter. Und auch sie müssen geborgen werden. Für die Blöcke 3 und 1 wird das gerade angegangen. Doch es gibt ein Problem, sagt Teruaki Kobayashi:
    "Nach dem Unfall haben wir um Reaktorblock 1 eine provisorische Hülle errichtet, die verhindern sollte, dass radioaktives Material in die Umwelt freigesetzt wird. Nun jedoch behindert diese Hülle den nächsten Schritt unserer Aufräumarbeiten. Damit wir die Brennelemente aus dem Abklingbecken holen können, müssen zunächst Trümmer beseitigt werden, und dafür haben wir die Hülle von Block 1 geöffnet."
    Im provisorischen Schutzdach von Block 1 haben die Tepco-Techniker die Löcher vergrößert
    Im provisorischen Schutzdach von Block 1 haben die Tepco-Techniker die Löcher vergrößert (Tokyo Electric Power Company )
    Durch die Lücke, die durch das vom Dach entfernte Panel entstanden ist, werden Tausende Liter eines Mittels gesprüht, das radioaktiven Staub bindet. So soll verhindert werden, dass der Wind ihn aufwirbelt und davonträgt, erklärt der Tepco-Manager:
    "Sobald diese Arbeiten abgeschlossen sind, werden wir die Hülle bis zum kommenden März wieder verschließen. Diese Zeit nutzen wir, um zu planen, wie wir die Trümmer am besten beseitigen, wenn wir die Hülle dann erneut öffnen."
    Ab 2017 könnten die Block-1-Brennelemente geborgen werden
    Der Rückbau der Hülle und die Aufräumarbeiten werden sich wohl bis ins Jahr 2016 hinziehen. Läuft alles nach Plan, könnten die Brennelemente aus Block 1 dann ab 2017 aus dem Lagerbecken geholt werden. Da die Pläne, auch Block 3 mit einer Hülle zu umgeben, fallen gelassen worden waren, sind die Aufräumarbeiten dort schon weiter fortgeschritten: So ist das Dach fast trümmerfrei. Kobayashi:
    "In Block 3 beseitigen wir derzeit auch die Maschinentrümmer, die durch die Explosion in das Brennelementlagerbecken gefallen sind. Wenn das erledigt ist, werden wir einen Spezialkran für das Entladen entwickeln. Der wird in vielem dem gleichen, den wir für Block 4 gebaut haben, aber wir müssen ihn anpassen."
    Hohe Kontamination an Block 2
    Block 2 ist ein Sonderfall. Rein äußerlich sieht er am besten aus, weil ihn keine Explosion zerrissen hat. Aber dadurch ist das Gebäudeinnere sehr stark radioaktiv kontaminiert:
    "Wir versuchen die Kontamination zu reduzieren, aber die Roboter, die in dieser Umgebung arbeiten können, müssen wir erst noch entwickeln. Die Probleme sind so groß, dass wir überlegen, ob wir nicht einen Teil des Gebäudes öffnen und uns von dort aus mit der Dekontamination Stück für Stück vorarbeiten. Aber das sind Gedankenspiele, vielleicht ergeben sich noch technologische Entwicklungen, sodass wir auch in Block 2 arbeiten können wie in Block 1 oder 3."
    Jedenfalls ist es inzwischen gelungen, mit Hilfe von recht strahlungsresistenten Spezialrobotern einige der Leckagen aufzuspüren, aus denen stark strahlendes Kühlwasser ausfließt. Wenn sie alle entdeckt und verschlossen worden sind, sollen die Reaktordruckbehälter geflutet werden. Dann wird die größte Herausforderung bevorstehen: die Kernschmelzen in den Blöcken 1 bis 3 zu beseitigen. Heute weiß niemand, wo genau diese Schmelzen aus Hunderten von Brennelementen, Stahl und Beton liegen. Auch das werden neu entwickelte Roboter erkunden müssen.