Die Menschheit kehrt zurück zum Mond – zunächst mit unbemannten Sonden, künftig auch mit Astronauten. Und diesmal bleiben sie auch dort und richten sich häuslich ein. „Was ist wichtig, um auf dem Mond zu bleiben? Zum einen natürlich Transport. Das Thema ist relativ gut gelöst. Wir sehen hier ganz viele Anbieter von Raketen.”
Der Transport ist also nicht das Thema von Sebastian Ströhl, einem der Gründer der deutsch-spanischen Raumfahrtfirma Plus Ultra. „Das zweite Thema, das benötigt wird, um auf dem Mond zu bleiben, ist Kommunikation und Navigation.“
Logisch – denn die Rover und Astronauten müssen wissen, wo sie sich befinden. Und sie brauchen eine Funkbrücke zur Erde. „Wir haben nur auf der erdzugewandten Seite Kommunikationsmöglichkeiten. Nachdem sich die Erde dreht, haben wir nur sehr wenig Kommunikationsfenster am Tag. Die erdabgewandte Seite und die Pole sind momentan davon ausgeschlossen.“
Licht ins Dunkel
Aber dummerweise wird’s gerade da interessant. Die erdabgewandte, die sogenannte „dunkle Seite des Mondes“, ist noch weitgehend unerforscht. Und die Pole haben ihren Reiz, weil es dort Wassereis gibt. Deswegen soll eine Mondbasis genau dort entstehen.
„Und das ist der Punkt, in dem wir reingehen wollen, um diese Infrastruktur für alle Unternehmen, die eine Mission zum und auf dem Mond haben, anzubieten. "Harmony" wird eine Satellitenkonstellation für Kommunikation und Navigation für den Mond. Wir haben unser System so konzipiert, dass unsere acht Satelliten den kompletten Mond, also die Mondoberfläche und bis zu 1000 Kilometer oberhalb der Mondoberfläche – das ist auch ein Bereich, in dem sich viel abspielen wird – abdeckt.“
Damit würde auch die geplante Raumstation Gateway in einer Mondumlaufbahn zumindest teilweise von diesen acht Relaissatelliten profitieren. Denn die acht "Harmony"-Satelliten sollen den Mond in 6.000 Kilometern Höhe umkreisen. Der erste soll Ende 2023 starten, und zwar mit einer Rakete der Rocket Factory Augsburg, RFA One. Sie befinde sich derzeit im Teststadium, erklärt Vorstandsmitglied Jörn Spurmann. „Im April 2021 haben wir zum ersten mal erfolgreich ein Hotfire von dem Triebwerk gemacht. Und der erste Start soll ... das öffentliche Announcement ist Ende ’22. Das wird aber schon enorm sportlich.“
Aus Augsburg auf den Mond
Die stylischen schwarzen Raketen aus Bayern sollen Kleinsatelliten auf Höhen zwischen 500 und 1.500 Kilometer bringen. Nur für die acht "Harmony"-Satelliten wird der Einschuss auf eine andere Umlaufbahn erfolgen. „Für die werden wir die nicht in den 500 km zirkularen Orbit bringen, sondern direkt in einen elliptischen. Das eine Ende der Ellipse ist dann kein Kreis mehr um die Erde, sondern das ist dann schon weit weg, über 30.000 km. Und dann muss man gar nicht mehr so viel Geschwindigkeitsunterschied aufbringen, um dann zum Mond zu kommen. Und das können die Satelliten tatsächlich dann schon selber machen.“
Starten soll die RFA One vom norwegischen Raketenbahnhof Andøya. Das läge schon mal geografisch näher als Europas Weltraumbahnhof Kourou im südamerikanischen Französisch Guyana. Aber die Augsburger Entwickler finden, es ginge noch näher: im Wasser, gleich vor der deutschen Küste.
„Die Nordseeplattform ist für uns spannend, weil Deutschland dann strategisch Raumfahrt wieder anders denken würde. Wir können jetzt schon Satelliten in Deutschland bauen, vielleicht zeitnah kleine Träger, und wenn wir dann noch einen Startplatz in Deutschland hätten, dann könnten wir strategisch wieder alles aus einer Hand machen.“
2023 soll erstmals eine Rakete von der Nordsee aus ins All starten. Es darf geträumt werden – von der künftigen Raumfahrtnation Deutschland. Made in Germany eben ...