Sie nutzten es als Traktortreibstoff, zum Sprengen von Baumstümpfen und, in einer Verdünnung von einem Tropfen auf 0,6 Liter Wasser, zur Behandlung fast aller Beschwerden, mit denen ihr Vieh befallen war, von der Scheißerei bist hin zum Lungenwurm. Mit einem verkrauteten Garten, kaum Hühnern, etwas Jagen und Fischen und einem einigermaßen regelmäßigen Einkommen aus der samstagabendlichen Pokerrunde, deren Gastgeber er war, kam Jake zurecht. Er entwickelte ein höchst flexibles Gespür für Genüge und Bewenden. Wenn der Whiskey knapp wurde, konnte er immer die Zutaten für neuen zusammenkratzen, und wenn ihn etwas als jenseits des unmittelbar für seine Zufriedenheit Notwendigen dünkte, ignorierte er es gutgelaunt.
So hielt sich Jake die Zumutungen der Welt vom Leibe und lebte jahrzehntelang zufrieden und in dem festen Bewusstsein, dass sein Dasein längst nicht so eng begrenzt war wie das der normalsterblichen "01 Death Whisper"-Abstinenzler. Bis ihm eines Tages eine Steuerforderung in Höhe von 70 000 $ entschieden die Laune vermieste. Zudem erfuhr er fast zeitgleich, dass seine einzige Tochter Gabriel, das erfreulichste Resultat einer seiner zahlreichen Kurzehen, ertrunken war. Kurzentschlossen adoptierte er seinen nunmehr elternlosen Enkel Tiny. Und so wurde aus Jake mit knapp achtzig Jahren ein sorgender Ganddaddy, dessen Hang zur Extravaganz sich aufseinen Enkel zu übertragen schien. Denn der entwickelte als Zweiundzwanzigjähriger eine merkwürdige Affinität zum Zaunbau. Er war geradezu versessen darauf. Pfostenlöcher zu graben und Wiesen mit Draht zu umspannen. Sein natürlicher Feind war Lockjaw, ein alter Wildeber, der mit Vorliebe Tinys Zäune zerfetzte und die Pfosten aus dem Boden riss. Eines Tages fand Tiny in einem Pfostenloch eine halbtotes Entenbaby, das Granddaddy Jake zu Hause mit seinem Whiskey wiederbelebte. Da sie beschlossen, das Entlein vorerst zu behalten, musste das neue Familienmitglied selbstverständlich einen Namen bekommen:
"Fup." - "Fup", wiederholte Tiny sinnentleert. - Ganddaddy ließ ihm sein volles, fünfzahniges Grinsen zuteil werden: "Fup Duck. Fup ist der Vorname, Duck ist der Nachname, und das Ganze ist sowohl ein Binnen- wie ein Schüttelreim. Kapierst Du das? Fup ... Duck." - Das ist ein grauenvoller Name", stöhnte Tiny. - Grauenvoll oder nicht, und trotz Tinys Widerstand wurde Fup zum Namen des Entleins, und diese Entscheidung trat im Rahmen der nächsten Samstagabend-Pokerrunde in Kraft. Die Spieler - Ed Bollpeen und sein Junge Ike; Lub Knowland; die Brüder Stranton, Happy und PeeWee; sowie Lonnie Howard - lachten über Jakes üblen Kalauer ("Fup Duck, Fuck Dup -, fucked up -; das muss man sich mal vorstellen!"), wussten aber auch dessen seltsame Akuratesse zu schätzen, denn irgendwas an dem Entlein war "tatsächlich fucked up".
Fup wuchs heran zu einer unglaublich stattlichen Stockente, die Dank des regelmäßigen Konsums von Granddaddy Jakes Hausmarke, ergänzt durch reichlich kalifornische Hausmannskost, mindestens doppelt so groß wurde wie ihre Artgenossen und mindestens ebenso dickköpfig wie ihre Mitbewohner. So lebten Jake, Tiny und Fup als familiäre Gemeinschaft in ihrem Idyll am Ende der Neuen Welt - in Liebe und Frieden und schöner, als es sich jede Hippiefantasie hätte ausmalen können. Ärger gab es nur, wenn der Ganddaddy es sich nicht verkneifen konnte, den Genuss eines kitschigen Liebesfilms durch hämische Kommentare zu stören, oder wenn er es sich in den Kopf gesetzt hatte, der zwanzig Pfund schweren Ente das Fliegen beizubringen.
Fup, ohne den leisesten Flügelschlag, schlug auf dem Boden auf wie ein Sack Zement, flatterte schwach ein- bis zweimal und lag dann reglos. Süßer Heiland Jesus, ich hob sie umgebracht, dachte Granddaddy Jake bei sich, als er zu ihr rannte, doch sobald er sich genähert hatte, war sie auf den Beinen, und ihr Schnabel machte ein Geräusch wie jemand auf LSD an den Kastagnetten; sie nahm Granddaddy Jake ins Visier, dann griff sie an. Granddaddy stülpte schützend seine Hände über seine Gonaden und schlug den spitzestmöglichen Winkel zur Veranda ein, aber er war nicht schnell genug: Fup traf ihn praktisch ungedeckt, hart und tief Als er benommen schwankend wieder hochkam, wobei er den wahnsinnigen Solisten verfluchte, der in seinem Kopf die Gongs bediente, und dachte, dass er in der letzten Zeit von der Tierwelt ganz schön Dresche bezog, fuhr Fup herum, um nachzusetzen. Unverzüglich und weise ergab sich Jake.
Jim Dodge, der wie seine Protagonisten auf einer abgelegenen Farm in Kalifornien lebt, ist das Kunststück gelungen, eine lebenskluge und psychedelische, knarzig-komische und märchenhaft phantastische Story zu entwickeln, die mal an den klaren pointierten Stil der Provinzgeschichten von Mark Twain erinnert, dann wiederum den Geist der Post-Hippie-Ära atmet und zugleich parodiert, um im nächsten Augenblick durch indianische Weisheit zu überraschen. Sehr charmant und selbstverständlich kongenial übersetzt wurde das Buch von Harry Rowohlt. Die passenden Illustrationen dazu lieferte der Berliner Zeichner Atak. Zudem hat Harry Rowohlt den Text mit seiner wunderbaren Stimme für ein höchst hörenswertes Hörbuch eingelesen. Am Ende der Geschichte von Graddaddy Jake, Tiny und der Riesenente Fup steht die Einsicht, dass die Unsterblichkeit ein Zustand ist, der spätestens mit dem Tod endet, und dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, vor denen der Verstand wohl oder übel - auch wenn kein Mensch begreift, warum - kapitulieren muss.
Es ist einfach nicht möglich, manche Sachen zu erklären, vielleicht sogar die meisten Sachen nicht. Es ist interessant, sie zu bestaunen und ein paar Vermutungen anzustellen, aber die Hauptsache ist, dass man sie akzeptieren muss - sie als das nehmen, was sie sind, und weiter im Text.