Filme und Serien schauen wann man möchte und so lange man möchte – mit diesem Versprechen haben die großen Streaming-Plattformen in den vergangenen Jahren Millionen Kunden angelockt. Immer mehr Unternehmen sind auf dem Markt tätig. Doch nun schließen sich innerhalb weniger Tage etliche Anbieter zusammen. Das Ziel: Durch Größe gegen die Konkurrenz bestehen.
Zunächst gab der amerikanische Telekommunikations-Riese AT&T bekannt, seine Mediensparte WarnerMedia mit dem TV-Konzern Discovery zu fusionieren. Nur wenige Stunden später folgte eine Ankündigung, über die in Frankreich schon länger spekuliert worden war. Dort wollen sich die großen TV-Sendergruppen TF1 und M6 zusammenschließen. Und darüber hinaus wird schon über einen weiteren Deal spekuliert: Amazon soll demnach über den Kauf des traditionsreichen Hollywood-Studios Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) verhandeln.
Neue Dynamik im globalen Streaming-Markt
Nach Einschätzung des Medienjournalisten Thomas Lückerath zeigt sich hier eine neue Dynamik im globalisierten Wettbewerb der TV- und Streaming-Anbieter, die ihre Produktionen in den eigenen Diensten global gleichzeitig auswerten können. Es entstehen geschlossene Verwertungsketten von der Produktion über die Vermarktung bis zur Ausstrahlung. "Das ist noch mal ein ganz anderes Tempo und das verschiebt jetzt gerade den Markt, so wie wir ihn bisher kennen."
Größe sei auf dem globalen Fernsehmarkt ein entscheidendes Überlebenskriterium, sagte Lückerath im Deutschlandfunk: "Bemerkenswert ist ja: selbst WarnerMedia – also Warner Bros. oder HBO – sind ja auch schon keine kleinen Marken. Aber selbst die suchen jetzt noch den Schulterschluss. Oder in Frankreich zwei große private Sendergruppen, die gemeinsam agieren wollen."
Sollten die Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden den Zusammenschluss von TF1 und M6 genehmigen, käme man in Frankreich auf Zuschaueranteile von mehr als 40 Prozent. Zum gemeinsamen Unternehmen von WarnerMedia und Discovery in den USA würden Medienmarken wie CNN, HBO, Warner Bros., Eurosport oder Discovery Chanel gehören.
Amazon will Position bei Produktionen stärken
Der weltgrößte Online-Händler Amazon gehört mit seinem Streaming-Dienst Prime schon jetzt zu den größten Anbietern neben Netflix und Disney+. Durch die Übernahme von MGM könnte die Position bei der Produktion neuer Filme und Serien deutlich gestärkt werden. Zu MGM gehören unter anderem die "James Bond"-Filmreihe und TV-Serien wie "Fargo".
Thomas Lückerath vom Branchendienst "dwdl.de" sieht aber auch eine Stärke auf der Seite der deutschen TV-Konzerne, die derzeit versuchen im Inland ihre Marktposition zu verbessern. So investiert die RTL Group in Deutschland massiv in seine Streaming-Plattform TVnow. Die Mediengruppe ging zudem eine strategische Partnerschaft mit der Telekom und deren Streaming-Bereich Magenta TV ein.
"Das geht, weil man inzwischen gemerkt hat: Okay, Serien und Filme mögen die großen internationalen Streaming-Dienste in ganz anderen Budgets umsetzen können. Aber lokale und regionale Information und auch Infotainment – das ist für diese global agierenden Streaming-Dienste nicht so attraktiv, weil sie diese Inhalte ja nicht weltweit vermarkten können. Das ist sozusagen die Schiene, die jetzt genutzt wird von nationalen Playern, ob in Frankreich oder in Deutschland."
Bertelsmann-Chef: "Nationale Media Champions schaffen"
Das größte deutsche Medienunternehmen Bertelsmann ist über seine TV-Tochter RTL in Frankreich auch an M6 beteiligt und soll zukünftig 16 Prozent an dem neuen Unternehmen halten. Laut Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe wäre die geplante Fusion "ein erster großer Schritt in der Umsetzung unserer Strategie, nationale Media Champions in unseren europäischen Märkten zu schaffen". Jedoch geht der Medienjournalist Thomas Lückerath davon aus, dass man sich bei Bertelsmann strategisch aus dem französischen Markt zurückziehen möchte.
Die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland versuchen sich unterdessen mit eigenen Produktionen international zu positionieren. Entsprechend äußerte sich ARD-Programmdirektorin Christine Strobl mit Blick auf die 20er-Jahre-Krimiserie "Babylon Berlin". Diese sei der erste Schritt hin zu international konkurrenzfähigen Serien-Projekten. "Ich glaube, dass wir regelmäßig diese Art von Programmen brauchen."
Welche Auswirkungen etwa der Zusammenschluss von Discovery und Warner für das Publikum hat, werde sich erst mit Zeitverzögerung zeigen, so Medienjournalist Lückerath: "Die Fusion wird mit Sicherheit erst 2022 bei uns stattfinden, aber es werden sich spannende Fragen ergeben." Lückerath sieht aber deutliche Konsequenzen für den deutschen Markt: "Ein neuer Player im Markt sortiert natürlich die bisher vergebenen Rechte an Serien und Spielfilmen dann wieder neu."