Die Vorbereitungen dauern Tage. Dann endlich ist alles bereit, der Countdown beginnt. Der Laser feuert, der Knall erschüttert das Gebäude, das groß ist wie eine Turnhalle. Der Versuch dient einem ehrgeizigen Ziel:
"Wir wollen Deuterium und Tritium – das sind schwere Varianten von Wasserstoff – zu Helium verschmelzen. Dazu müssen wir es schaffen, Deuterium und Tritium so dicht zusammenzubringen, dass sie ihre elektrische Abstoßung überwinden und zu einem Kern fusionieren",
sagt Omar Hurricane, Physiker am Militärforschungszentrum Livermore in Kalifornien. Um die Kerne zu verschmelzen, braucht es den stärksten Laser der Welt. Er erzeugt 192 Blitze auf einmal. Sie enthalten die Energie von 500.000 Großkraftwerken – allerdings nur für den Bruchteil einer milliardstel Sekunde. Die Laserblitze kommen aus allen Richtungen und sind auf ein gemeinsames Ziel gerichtet: ein millimetergroßes Kügelchen mit einer Schicht aus gefrorenem Deuterium und Tritium, sagt die Physikerin Debbie Callahan.
"Das Brennstoffkügelchen steckt in einem Zylinder aus Gold, er ist etwa einen Zentimeter lang. Wir schießen von oben und von unten die 192 Laserblitze in diese Goldkapsel ein. Dort erzeugt das Laserlicht eine starke Schockwelle aus Röntgenstrahlung. Diese Schockwelle presst dann das Kügelchen auf ein Fünfunddreißigstel seiner ursprünglichen Größe zusammen. Das ist so, als würde man einen Basketball auf die Größe einer Erbse komprimieren."
Unter diesen Extrembedingungen sollten die Wasserstoffkerne zu Helium verschmelzen und Energie liefern – so jedenfalls das Kalkül. 2009 begannen die Experimente – zunächst mit dem ehrgeizigen Ziel, bereits ein Jahr später die Zündung des Kügelchens zu schaffen, bei der ein Großteil der Kerne verschmelzen sollte. Doch schnell erwies sich die Sache als zu kniffelig. Der Grund: Beim Zusammenpressen wurde das Kügelchen so stark deformiert, dass es auseinanderriss. Dadurch konnten nur wenige Wasserstoffkerne zu Helium fusionieren. Um die Deformation in den Griff zu bekommen, tüftelten Hurricane und seine Leute immer wieder an der genauen Form ihrer Laserblitze. Jetzt endlich hatten sie Erfolg:
"Erstmals kriegen wir bei unseren Versuchen mehr Energie aus der Kernverschmelzung heraus als das Brennstoffkügelchen zuvor aufgenommen hat. Für uns ein Wendepunkt bei unseren Experimenten."
Den definitiven Durchbruch allerdings – die Zündung – bedeutet das noch nicht. Denn noch geht viel zuviel Energie verloren, bevor die Laserblitze den Wasserstoff überhaupt erreicht haben.
"Wenn die Laserblitze in die Goldkapsel schießen, wandelt sich bislang nur ein Zehntel ihrer Energie in Röntgenstrahlung um. Pressen dann die Röntgenstrahlen das Kügelchen zusammen, landet ebenfalls nur ein Zehntel der Energie im Brennstoff."
Das bedeutet: Bislang wird nur ein Prozent der Laserenergie in die Kernverschmelzung umgesetzt. Eine große Lücke, doch Hurricane hofft sie in den nächsten Jahren zu schließen. Der Weg zu einem Kraftwerk ist also noch weit und ungewiss. Doch es gibt jemanden, der schon jetzt von den Experimenten profitiert – die US–Militärs. Denn im Prinzip passiert bei NIF in kleinem Maßstab ja dasselbe wie bei der Explosion einer Wasserstoffbombe. Und indem sie die Ergebnisse der Superlasers genau analysieren, können die USA ihr Atomarsenal auch ohne Kernwaffentests einsatzfähig halten.