Im Stadion des portugiesischen Drittligisten AD Oeiras, rund 10 Kilometer westlich von Lissabon, läuft ein Fußballtraining. Unter der Nordtribüne hat sich ein Sozialverein niedergelassen, der hilfsbedürftigen Familien aus der Region Essen und Kleidung aushändigt. Die Vereinsgründerin Maria de Céu, eine gebürtige Angolanerin, steht in ihrem Büro und drückt einem hochgewachsenen, jungen Afrikaner einen 10-Euro-Schein in die Hand. Der Sozialverein kümmert sich auch um den jungen Fußballer aus dem Senegal. Im Sommer ist er zusammen mit einer Handvoll anderer Spieler aus Afrika nach Portugal gekommen.
"Ich bin seit ein paar Monaten hier in Portugal und direkt aus dem Senegal gekommen. Ich spiele hier in der Juniorenmannschaft von Oeiras. Ich lebe hier mit meinen sechs Freunden in einer Wohnung in der Nähe des Stadions, wir sind alle aus dem Senegal. Hier im Sozialverein kümmert man sich um uns. Wir kriegen Essen und andere Sachen. Aber wer die Wohnung gemietet hat und wie das alles sonst organisiert ist, das weiß ich nicht."
In den vergangenen Jahren sind mehrere junge afrikanische Fußballer aus ihrer Heimat zuerst nach Oeiras gekommen und sind dann später von großen portugiesischen Erstligavereinen wie Benfica oder Sporting Lissabon verpflichtet worden. Auch der junge Senegalese träumt von einer Karriere als Fußballprofi: "Ich liebe den Fußball. Fußball ist mein Leben. Und ich bete jeden Tag, dass ich einmal in einem großen Verein wie Benfica, Guimarães, Porto oder Sporting spielen kann. Und ich hoffe, dass auch alle meine Freunde in einem großen Verein unterkommen."
Ernüchternde Realität
Die Realität sieht leider anders aus. Nur ein Bruchteil der vielen jungen afrikanischen und brasilianischen Fußballer, die jedes Jahr nach Portugal kommen, schaffen den Sprung ins Profilager. Doch ausgerechnet dieser Erfolg der wenigen befeuere einen illegalen Handel von Fußballern zwischen den Kontinenten, sagt Joaquím Evangelista, Präsident der portugiesischen Fußballspielergewerkschaft:
"Der Traum, ein berühmter Fußballer zu werden, wird von kriminellen Organisationen missbraucht. Zuerst im Heimatland, wo sich viele Eltern hoch verschulden müssen, um die Händler zu bezahlen, die ihre Kinder nach Europa bringen. Auf einen Schlag bringen diese Händler 15 bis 20 Spieler mit – unter teilweise miserablen Bedingungen. Und leider gibt es viele Vereine, die mit den Händlern zusammenarbeiten und die jungen Fußballer in ihren Vereinen spielen lassen. Irgendwann werden die Begabten weitergefördert, und die vielen weniger Begabten landen auf der Straße. Und hier beginnt das soziale Drama. Denn die gescheiterten Spieler wenden sich sehr selten an die Öffentlichkeit und überleben nur unter großen Schwierigkeiten am Rande der Gesellschaft."
Mehr als 1500 Fußballer ohne Aufenthaltsgenehmigung
Die Spielergewerkschaft schätzt, dass allein in Portugal über 1500 Fußballer ohne Aufenthaltsgenehmigung leben und nicht mehr zurück in ihre Heimat kommen. Zurzeit untersucht der portugiesische Grenzschutz, wie die illegalen Organisationen in Portugal tätig werden. Doch das Problem liegt auch woanders. Die portugiesischen Vereine sind in einem überdurchschnittlichen Maß abhängig vom Transfergeschäft. In einem Land, in dem viele Stadien leer und die Gelder aus den Übertragungsrechten gering sind, bleibt der Spielerhandel oftmals die einzige finanzielle Lösung – auch weil Portugal aufgrund seiner historischen, sprachlichen und kulturellen Verbindungen die Märkte in Afrika und Südamerika nie aus den Augen verloren hat. Deshalb, so Joaquím Evangelista, würden nun auch einigen portugiesischen Vereinen Konsequenzen drohen:
"Die laufenden Untersuchungen richtet sich auch gegen die Vereine, die mit den illegalen Spielerhändlern zusammenarbeiten, medizinische Checks organisieren und die Spieler in die Mannschaften integrieren. Es gibt sogar hinweise, dass einige Vereine von den Händlern Geldbeträge kassieren, damit die Spieler in den Vereinen spielen dürfen."
Zusammen mit dem portugiesischen Fußballverband, den Profiligen und dem portugiesischen Grenzschutz hat die Spielergewerkschaft eine Task Force ins Leben gerufen. In Kürze soll ein neues Kooperationsmodell vorgestellt werden, um den Kampf gegen den illegalen Spielerhandel in Portugal effizienter zu gestalten.