Gut, dass diese EM zu Ende ist. Schluss, Aus, Vorbei! Fast möchte man noch das Wörtchen "endlich" anfügen. Denn was bleibt von diesem Turnier? Klar, der irgendwie sensationelle Europameister aus Portugal, aber sonst?
Viel durchschnittlicher Fußball, nicht selten langweilige Spiele, gerade die Vorrunde wollte gefühlt kein Ende nehmen. Zugegeben ein paar Ausreißer, die gab es. Natürlich die großartigen und viel gefeierten Fans von Island bis Wales mit ihren Schlachtrufen, die wir garantiert nächste Saison auch in der Bundesliga hören werden oder das denkwürdige, ja historische Spiel Deutschland-Italien mit einem epischen Elfmeterschießen. Ausnahmen.
Titelträger passt zum Turnier
Schon das Finale bot fast die kompletten 120 Minuten nur Langweile. Und am Ende – nicht böse sein, liebe Portugiesen – einen für diese EM passenden, verdienten Titelträger.
In sieben Partien sechsmal unentschieden nach 90 Minuten - Minimalismus pur. Die portugiesische Mannschaft ist nicht Europameister geworden wegen ihres überragenden Fußballs, wegen technischer Finessen oder ihres Superstars Cristiano Ronaldo. Der wurde im Finale sogar verletzt und heulend ausgewechselt. Portugal ist Europameister, weil das Team einfach die wenigsten Fehler gemacht hat. Vorsicht statt Mut. Angsthasenfußball sagen die einen, raffiniert und effektiv jubelt man von Lissabon bis zur Algarve.
Neuer Modus erlaubte Portugal erst das Weiterkommen
Es geschieht der UEFA nur Recht, dass mit Portugal eine Mannschaft den Titel holte, die erst durch den neuen Modus mit 24 Mannschaften überhaupt so weit kommen konnte. Noch vor vier Jahren wäre Portugal nach der Gruppenphase als Dritter wieder nach Hause geflogen.
Die Funktionäre sehen übrigens kein Qualitätsproblem. Sie feiern sich für das umkämpfteste und engste Turnier der Geschichte. Eigentlich freuen sie sich nur über den bis zum Platzen gefüllten Geldsäckel. Der Rekordgewinn ist einfach zu erklären: mehr Teilnehmer, mehr Spiele, mehr TV-Gelder, was für ein Erfolg!
UEFA dankt Platini
Und so fühlte sich die UEFA auch gleich mehrfach bemüßigt, dem Vater dieses Erfolgs Dank zu sagen: Michel Platini. Er hatte, auch weil er Stimmen für seine Wiederwahl brauchte, um eine Aufstockung des Teilnehmerfeldes geworben, er wollte die EM unbedingt in sein Heimatland holen. Sein Turnier, seine Show sollte es sein. Aus bekannten Gründen fehlte er, verbannt und gesperrt. Und doch, ganz am Ende nach dem Finale, prangte sein Bild auf der Videowand des Stade de France. "Danke für alles, Michel!" stand daneben. Die UEFA hat nichts gelernt.
Das gilt auch für ihr sonstiges Gebaren. Unter den neuen Topsponsoren findet sich ein Stromkonzern aus Aserbaidschan. In vier Jahren werden vier EM-Spiele in Baku ausgetragen. Diese EM über 13 Länder, auch so eine Platini-Idee, ist die perfekte Chance, auch diesen Markt anzuzapfen. Zur mehr als problematischen Menschenrechtslage dort kein Kommentar, man spreche nur über Fußball. Das altbekannte Lied, so lange die Kassen klingeln, ist alles andere egal.
Das Turnier wurde von einem Terroranschlag verschont
Eins noch zum Schluss. Das, vor dem alle Angst hatten, ist ausgeblieben. Gott sei Dank wurde Frankreich von einem Terroranschlag verschont. Die 90.000 Sicherheitskräfte, Soldaten und Polizisten, die 30 Tage lang patrouillierten, kontrollierten und den Fans aus ganz Europa ein Gefühl von Sicherheit vermittelten, sie sagen ganz bestimmt: Gut, dass die EM vorbei ist!