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Fußball-EM in England
"Regeln für Bonzen, Regeln für normale Leute"

Ins Wembley-Stadion in London dürfen zu den Finalspielen 60.000 Zuschauer, UEFA-Gäste auch ohne Quarantäne. Für britische Bürger gelten dagegen strenge Quarantäneregeln. Es gebe einen Doppelstandard, sagt deshalb Ben Bradshaw von der oppositionellen Labourpartei im Dlf.

Ben Bradshaw im Gespräch mit Maximilian Rieger |
Englandfans feiern beim Sieg gegen Deutschland.
Im Londoner Wembleystadion dürfen bei den Finalspielen 60.000 Fans zusehen (picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Justin Tallis /dpa)
60.000 Fans, keine Maskenpflicht am Platz und auch das Abstandsgebot gilt nicht mehr. Unter diesen Vorraussetzungen werden die EM-Halbfinale und das Endspiel im Wembley-Stadion stattfinden. Obwohl sich rund 2000 schottische Fans rund um die EM mit Corona infiziert haben, mehr als die Hälfte davon in London.
Dass so viele Fans ins Stadion kommen, stört Labour-Abgeordneter Ben Bradshaw weniger. Er kritisiert allerdings die Ausnahmeregeln für die rund 2000 UEFA-Funktionäre, VIP und Politikerinnen und Politiker, die ohne richtige Quarantäne einreisen dürfen. "Unsere Regierung hat eine Regelung für Bonzen gemacht und eine für normale Leute", sagte der ehemalige Gesundheits- und Sportminister.
Der Sportsoziologe Gunter Gebauer
Sportphilosoph zu Fußball-EM während Corona - "Alle rechnen sich Profite aus"
Europäische Regierungschefs wie der britische Premier Boris Johnson versprechen sich von der Ausrichtung von EM-Spielen eine Steigerung ihres Prestiges, sagt Sportphilosoph Gunter Gebauer im Deutschlandfunk. Deswegen würden viele das erpresserische Spiel der UEFA auch während einer Pandemie mitspielen.
Die Ausnahmen für die UEFA hätten unter den britischen Bürgern zu ziemlicher Empörung geführt. "Es gibt auch andere Leute: große Geschäftsmänner, die nach England fahren, die müssen auch keine Quarantäne machen. Einige andere Sportler auch. Also nicht nur Fußball. Aber es gibt schon den Eindruck unter der Bevölkerung hier, dass es keine Regeln für einige gibt, während der Rest, also das ganze britische Volk, diese Freiheiten nicht genießen darf."

"Gäste nehmen Deltavariante mit zurück"

Grundsätzlich sieht Bradshaw nur wenig Gefahr für die Menschen in Großbritannien. Durch viele vollständig Geimpfte gebe es trotz hoher Infektionszahlen wenige schwer Erkrankte, sagt er. Die Probleme beträfen andere Länder viel stärker:
"Vielmehr besteht die Gefahr meiner Meinung nach für die, die aus Europa zu uns kommen, aus Ländern, die vielleicht nicht so voll geimpft sind. Wenn sie zurückkehren in ihre Länder, nehmen sie die derzeitige Variante mit."
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Angela Merkel drückte im Gespräch mit Premierminister Boris Johnson ihre Sorge wegen der vielen Zuschauer bei EM-Spielen im Wembleystadion aus. Das sei in England auf wenig Resonanz gestoßen, meint Bradshaw. Er verstehe aber die Sorge der Kanzlerin.

Großbritannien als "Gefängnis"

Seine Labour-Partei habe vor allem bemängelt, dass auf der anderen Seite viele Briten aufgrund von Einschränkungen nicht ins Ausland fahren dürften, obwohl sie etwa ihre Familie dort sehr lange nicht gesehen hätten oder nach über einem Jahr Pandemie Urlaub machen wollten.
Boris Johnson habe es verpasst, die Delta-Variante abzuwehren, weil er Einreisen aus Indien nicht verbot. Deshalb sei Großbritannien weiterhin wie ein Gefängnis, das man im Gegensatz zu Deutschland nicht verlassen könne.