Die Fußball-EM bezeichnete Honigstein als "Anachronismus". Fußball sei eines der globalisiertesten Spektakel und Sportevents der Welt, der Markt nehme immer größeren Einfluss auf den Sport. Vereine würden gekauft und verkauft wie andere Unternehmen und es gebe eigentlich keine Begrenzung mehr, was Engagements ausländischer Profis betrifft.
Die EM hingegen sei da sehr altmodisch, "weil man nicht mehr nur nach Qualität und Gesetzen des Marktes geht, sondern nach Pass". Das zeige, wie stark Emotion und Patriotismus sind. Die EM-Spiele, obwohl qualitativ nicht so hochwertig wie die Champions League, würden von Millionen Menschen geschaut, obwohl dort nicht so guter Fußball gezeigt werde.
Nationen feiern sich bei der EM selbst
Was den Europäischen Charakter der EM betreffe, sagte Honigstein, dass Nationen sich bei diesen Turnieren in erster Linie selbst feierten. Der Nationalstolz sei aber positiv ausgeprägt und Chauvinismus und Ausgrenzung ständen nicht im Vordergrund. Es handle sich jedoch nicht um die ganz große Verbrüderung, die von "Medien und Sponsoren in rosaroter Welt gezeichnet wird". Es ginge mehr um den eigenen Stamm als um Verbrüderung.
Ressentiments und starke nationalistische Gefühle träten vereinzelt zutage, wie man sie bei Ausschreitungen schon zu sehen bekommen habe, unter anderem durch "mieses Benehmen der Engländer" und russische Hooligans.
Probleme gehen über den Sport hinaus
Was die anstehende Abstimmung über den Brexit betrifft, sagte, Honigstein, Fußball könne vieles leisten, integrativ wirken rassistischen Tendenzen entgegentreten. Er könne allerdings Europa, das Probleme hat, die weit über den Sport hinausgehen, nicht zusammenhalten.
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