Am 11. Juni startet die Fußball-Europameisterschaft, mit Publikum und zum ersten Mal verteilt auf mehrere Spielstätten in Europa. in Amsterdam, Baku, Budapest, Bukarest, Glasgow, Kopenhagen, London, München, Rom, Sevilla und St. Petersburg werden die Spiele des Turniers ausgetragen werden.
Eine die zuschauen wird, ist Dagrun Hintze. Die deutsche Autorin ("Ballbesitz - Frauen, Männer und Fußball") ist bekennende Fußball-Liebhaberin – obwohl sie mit dem Sport in den vergangenen Monaten auch oft gehadert hat, wie sie im Interview mit dem Deutschlandfunk erzählt. Geldmacherei, mehr Marketing als Sport, Rassimus, das seien Themen, die im Fußball in den vergangenen Jahren noch stärker in den Vordergrund gerückt seien. Sehr deutlich geworden sei das auch durch die Pandemie nochmal. Dass die UEFA die Spielorte dazu zwinge auf jeden Fall Zuschauer ins Stadion zu lassen, sei eine "scheußliche Begleiterscheinung".
Doch mit all diesen negativen Begleiterscheinungen spiegele der Fußball Phänomene, mit denen es die Gesellschaft gegenwärtig eben zu tun habe: "Man ist bei Fußball auch in der Beschäftigung mit den politischen Hintergründen eigentlich immer ganz dicht an der Gegenwart." Es gebe auch innerhalb des Systems Fußball Initiativen zum Wandel, beispielsweise für mehr weibliche Akteure in Verbänden.
Hintze: Begeisterung für das Turnier ist nicht garantiert
Ob dieses Turnier für große Begeisterung sorgen werde, sei keineswegs sichre: "Es gibt schon das Gefühl von Übersättigung und auch abgestoßen sein im Moment von diesen ganzen Geschichten", sagte Hintze. Sie rechne damit, dass ein schlechtes Auftreten der deutschen Nationalmannschaft in der Vorrunde die Stimmung in Deutschland schnell im Keim ersticken könne. Das Turnier könne sich aber auch in die Hoffnung auf das Ende der Pandemie einfügen: "Wenn das jetzt ein schönes Turnier wird und schönes Wetter und man dann wieder mit ein paar Leuten Fußball gucken kann, dann haben wir wieder ziemlich viel normale Freude zurück." Und nichts auf der Welt ermögliche so viel sozialen Kitt, "so viele Gespräche mit fremden Menschen, die leicht gehen" wie Fußball, sagte Hintze.
"Fünf Minuten, die wirklich zur Größe führen"
Wer daran teilnehmen möchte, aber Fußball noch gar nicht kenne, könne ganz schnell einsteigen. Man müsse dazu vor allem verstehen, dass Fußball viel mehr sei als der Sport, das Spiel sei immer auch ein Gleichnis. Man könne im Fußball heldenhaftes Scheitern, das Erzwingen von Glück, den Rausch der Exktase und viele weitere Motive mehr erkennen, die auch im klassischen Theater zu sehen seien. So gebe es schon erstmal "die aristotelische Einheit von Zeit, Ort und Handlung, was man am Theater gar nicht mehr so häufig macht", sagte Hintze. Es gibt natürlich auch jede Menge langweiliger Theaterabende und auch jede Menge langweiliger Zufallsspiele. "Aber es gibt natürlich auch immer die groß geglückten Ereignisse. Und da reichen dann manchmal die fünf Minuten, die dann halt wirklich zur Größe führen. Und das ist im Theater genauso wie im Fußball."