Für chinesische Unternehmen ist das Sponsoring von Sport-Großereignissen ein Statussymbol: "Covid und Geopolitik werden unsere Marken nicht davon abhalten, global zu gehen", schreibt die nationalistische Parteizeitung Global Times.
Dass chinesische Sponsoren jetzt verstärkt auf den europäischen Markt drängen, hat nach Ansicht von Simon Chadwick auch damit zu tun, dass ein Sponsoringzyklus 2016 zu Ende ging. Eine beträchtliche Anzahl der neuen Sponsoren komme nun aus Katar, Russland oder China, sagt der Direktor des Zentrums für die Eurasische Sport-Industrie an der Emlyon Business School in Frankreich:
"Diese Unternehmen haben sehr oft mehr Geld für das Sponsoring als die westlichen Unternehmen. Außerdem ist die wirtschaftliche Leistung der chinesischen Wirtschaft, das Wirtschaftswachstum stärker. Und das hat zur Folge, dass chinesische Unternehmen reicher und wirtschaftlich mächtiger geworden sind. Ein weiterer Grund ist, dass viele europäische Unternehmen eine andere Sicht auf das Sponsoring haben. Die Chinesen streben nach Sichtbarkeit, viele europäische Unternehmen wollen eine längerfristige Kundenbindung aufbauen."
Wirtschaftliche Macht bedeutet auch politische Macht. Das beschreibt Chadwick am Beispiel der Copa America. Drei der vier Sponsoren kommen dort aus China. Zum Beispiel der Impfhersteller Sinovac, der 50.000 Dosen Corona-Impfstoff gespendet hat. Und über diese Verbindungen wird auch sportpolitisch Druck ausgeübt. Der könnte sich dann auszahlen, wenn die Vergabe der Fußball-WM 2030 ansteht – China hat großes Interesse, meint Chadwick:
"Da geht es nicht um Softdrinks und Hamburger, sondern da geht es um mehr. Diese Art von Sponsoring gehört zur Diplomatie. Im Fall von Sinovac können wir sehen, der Impfstoff ist ein wichtiger Teil der chinesischen Diplomatie."
"Informationsstationen für Geheimdienste"
Das Risiko solcher Abhängigkeiten geht jetzt auch die Uefa ein. Denn schon ein Drittel der zwölf EURO 2020-Sponsoren kommt aus China und ist eng mit der Regierung verzahnt. Dazu gehört zum Beispiel Alipay, das Online-Bezahlsystem der Alibaba-Gruppe. Alibaba Gründer Jack Ma wurde im vergangenen Jahr entmachtet, der Konzern wird jetzt vom Staat kontrolliert.
Schon im vergangenen Jahr hat das Bundesamt für Verfassungsschutz festgestellt, dass chinesische Geheimdienste auf die Kundendaten von Bezahlsystemen chinesischer Unternehmen zugreifen können. Für den Datenschutzbeauftragten des Landes Baden-Württemberg, Stefan Brink, keine Überraschung:
"Wir müssen uns alle darauf einstellen, dass Sicherheitsbehörden und speziell auch gerade die Geheimdienste sich sehr genau dafür interessieren. Nicht nur, was wir auf Social Media tun, sondern auch insbesondere, wie wir bezahlen, an wen wir bezahlen und welche Bezahldienste wir dabei nutzen."
Europäische und US-amerikanische Sicherheitsbehörden würden im Gegensatz zu ihren chinesischen Pendants auf Widerstand bei den Unternehmen treffen, meint Brink.
"Da arbeitet man Hand in Hand, und für die Europäer ist es sehr schwer, damit umzugehen und eine differenzierte Lösung zu finden. Es gibt immer wieder die Rufe, dass man zum Beispiel chinesische Unternehmen deswegen vom europäischen Markt ausschließen sollte, weil sie sich insbesondere nicht an die datenschutzrechtlichen Vorgaben Europas halten und ja mehr oder weniger als externe Informationsstationen funktionieren, die dann die Geheimdienste beliefern."
Auch der TV-Gerätehersteller Hisense steht seit Jahren in der Kritik. Lange Zeit konnte sich das Unternehmen in Europa nicht durchsetzen. Erst mit dem Einstieg als Sponsor bei der Fußball-Europameisterschaft 2016 hat sich die Bekanntheit in Europa verdoppelt. Hisense wird unter anderem vorgeworfen, in den Produktionsstätten in China Uiguren als Zwangsarbeiter zu beschäftigen.
"Welche persönlichen Daten sollte man chinesischen Unternehmen anvertrauen?"
Dieser Vorwurf trifft auch Vivo. Der Smartphonehersteller ist bisher in vier europäischen Ländern vertreten, will jedoch expandieren.
Weniger auf Bekanntheit, sondern auf die Erschließung neuer Zielgruppen setzt TikTok. Das Unternehmen will nicht weiter nur eine Spielwiese für Kinder und Jugendliche sein. Deswegen ist es die erste Entertainment-Plattform, die die Uefa sponsert. Dadurch soll der Markt der 25- bis 40-jährigen Fußballfans erreicht werden.
Dazu gehört auch die Live-Premiere von Ed Sheerans "Bad Habit" im Rahmen der EM. 5,5 Millionen Menschen haben auf Tiktok zugeschaut – eine Rekordzahl für einen Künstler auf der Plattform. Aber unumstritten ist das Unternehmen nicht, schließlich werden auch hier Daten erhoben. Stefan Brink sagt:
"Wir haben es am Beispiel von TikTok etwa gesehen, dass Unternehmen, die auch in Europa den USA sehr erfolgreich sind, tatsächlich in chinesischer Hand sind, im chinesischen Eigentum stehen. Und da immer die Frage gestellt werden muss: Wie sicher sind die Daten dort und welche persönlichen Daten sollte man chinesischen Unternehmen anvertrauen?"