"Erst mal machen wir Sozialarbeit bei Fußballfans. Teilweise geht es um die Schule, um die Ausbildung, Probleme zu Hause. Manchmal gibt es aber auch Spezialprobleme: Beim Fußball in Kontakt mit der Polizei gekommen - und solche Fragen."
Jana Spengler arbeitet für das Fanprojekt Darmstadt, eines von 61 bundesweit unabhängigen Fußball-Fanprojekten, die jeweils von der jeweiligen Stadt, vom Bundesland sowie vom Deutschen Fußballbund und von der Deutschen Fußball-Liga gemeinsam finanziert werden. Bei ihrer Jahrestagung in Stuttgart haben sie vor allem die so genannten "Ultraszenen" im Blick, also diejenigen Fans, die ihre Leidenschaft besonders intensiv zum Ausdruck bringen.
Männlich geprägte Ultraszene
Dabei aber gibt es ein Problem: "Ultraszenen sind sehr männlich geprägt, je nach Standort so um die 90 Prozent sind die Angaben", sagt Robert Claus von der "Kompetenzgruppe für Fankulturen für sportbezogene soziale Arbeit", kurz KOFAS. Seine Kollegin Franciska Wöki fügt hinzu:
"Es sind halt männliche Anforderungen: Durchsetzungsstärke, Konkurrenzfähigkeit - und wenn jetzt junge Frauen versuchen, in dieser Szene irgendwie Anerkennung zu bekommen, machen sie es dementsprechend auch so. Aber ihre Möglichkeit des Aufstieges und der Anerkennung ist da sehr ambivalent."
Das Bewusstsein muss sich ändern
Hinzu kommen regelrechte Übergriffe: "Das reicht von Sprüchen bis zu Einschüchterungsversuchen und teilweise auch Andeutungen. Oder wenn eine junge Frau in der Szene eine Anerkennung bekommen will, dass ihr jemand eine Schnapsflasche vor den Mund halt und sie dazu aufgefordert wird, jetzt zu trinken - bis hin zu Antatsch-Versuchen."
Um so etwas auszuschließen, müsse sich gerade bei den "Ultas" unter den Fans das Bewusstsein ändern. Und das gehe, so Franciska Wölki, nur "indem wir halt wirklich auch diese geschlechter-reflektierende Pädagogik einsetzen, indem mit einer geschlechter-reflektierenden und sensiblen Sprache gesprochen wird."
Für mehr Gendergerechtigkeit sensibilisieren
In Stuttgart diskutieren die Teilnehmer in mehreren Workshops nicht-öffentlich, wie genau für mehr Gendergerechtigkeit sensibilisiert werden kann und wie man mit sexueller Gewalt umgehen sollte. Ob solche Ideen sich aber in Kreisen umsetzen lassen, in denen häufig eher das Regiment der Schnapsflasche regiert?
KOFAS-Mitarbeiter Robert Claus wendet sich gegen pauschale Vorurteile: "Es gibt viele Orte, wo sich Fanszenen mit dem Thema Diskriminierung intensiv beschäftigt haben. Und die Fragen, ob Frauen oder Homosexuelle diskriminiert werden, stellen sich viele Gruppen und besprechen das auch."