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Fußball
Gesichtserkennung überprüft Stadionbesucher

Bröndby Kopenhagen setzt seit dieser Saison als erster Fußball-Verein automatische Gesichtserkennung ein, um Fans mit einem Stadionverbot zu identifizieren. Damit das System funktioniert, müssen alle Zuschauer überprüft werden.

Von Thorsten Poppe |
Biometrische Erfassung von Körpermerkmalen, durch einen Scanner. Umwandlung von Körper- und Kopfform in digitale Daten.
Pro Spiel bei Bröndby Kopenhagen werden ab dieser Saison etwa 14.000 Zuschauer überprüft. ( imago / Jochen Tack)
Die Fans von Bröndby Kopenhagen - sie gelten als fanatisch, lautstark und stimmungsvoll. Im Schnitt besuchen über 14.000 Zuschauer die Heimspiele, der zweitbeste Wert in der dänischen Superliga. Knapp 100 Bröndby-Fans dürfen nicht mehr ins Stadion, theoretisch. Sie haben wegen Gewalttaten, Pyrotechnik oder anderer Vergehen ein Stadionverbot. Doch etliche dieser Fans schaffen es offenbar trotzdem regelmäßig durch die Sicherheitskontrollen auf die Tribünen.
Gesichtserkennung für die Sicherheit
Damit dies nicht mehr passiert, setzt der Klub nun auf ein automatisches Gesichtserkennungssystem – als erster in Europa. Die Kameras sollen auch Gesichter identifizieren können, die nur teilweise aufgenommen werden, oder von Sonnenbrillen und Schals verdeckt sind. Und somit Personen aufspüren, die in der Stadionverbots-Datei gespeichert sind, um sie an der Eingangskontrolle direkt rausfiltern zu können, erklärt der Verein auf seiner Webseite:
"Brøndby IF möchte damit gewährleisten, dass die Stadionverbote eingehalten werden, um die Sicherheit bei Fußballspielen zu verbessern. Nur die Mitarbeiter des Vereins, die speziell für die Verwendung des Systems zur automatischen Gesichtserkennung zugelassen sind, dürfen dieses bedienen. Die Polizei hat keinen Zugriff darauf."
Datenschutzbehörde sieht "erhebliches öffentliches Interesse"
Für die Verwendung der automatischen Gesichtserkennung hat der Klub einen Antrag bei der dänischen Datenschutzbehörde stellen müssen, da sensible personenbezogene Daten gemäß der Datenschutzverordnung, DSGVO verarbeitet werden. Die Behörde stellte daraufhin ein "erhebliches öffentliches Interesse" fest und erteilte deshalb Bröndby die Genehmigung unter bestimmten Bedingungen.
So dürfen zum Beispiel keine Fotos von Zuschauern gespeichert werden, die das System nicht erkennt. Zudem müssen die eingesetzten Überwachungskameras in einem separaten Netzwerk installiert werden, und dürfen nicht mit dem Internet verbunden sein.
Auf Deutschlandfunk-Nachfrage, warum in dem Fall das öffentliche Interesse höher eingeordnet wird als die Persönlichkeitsrechte eines jedes Fans, antwortet die dänische Datenschutzbehörde:
"Wenn ein privates Unternehmen diese Technologie nutzen möchte, muss es einen Antrag bei uns stellen. Dann erteilt die dänische Datenschutzbehörde eine Genehmigung, wenn unsere Anforderungen für die Nutzung erfüllt werden."
Überwachung aller 14.000 Zuschauer
Pro Spiel bei Bröndby Kopenhagen werden ab dieser Saison etwa 14.000 Zuschauer überprüft, von denen maximal 100 Fans überhaupt ein Stadionverbot besitzen könnten. Keiner kann sich dieser Überwachung entziehen. Es sei denn, man verzichtet auf das Stadionerlebnis.
Ob dieses Modell auch in den deutschen Bundesliga-Stadien zulässig wäre, fragen wir bei Peter Schaar nach. Der ehemalige Bundesbeauftragte für Datenschutz ist Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz:
In Deutschland wahrscheinlich keine Gesetzesgrundlage
"Die automatisierte Gesichtserkennung ist ein tiefer Eingriff in den Datenschutz. Eine solche biometrische Identifikation ist nach der Datenschutzgrundverordnung nur in Ausnahmefällen zulässig. Und zwar auch nur dann, wenn es dafür eine besondere Rechtsgrundlage gibt. Eine solche Rechtsgrundlage sehe ich im deutschen Recht nicht."
Bisher ist der Einsatz solcher Technologien hierzulande nur in einem Pilotprojekt am Berliner Bahnhof "Südkreuz" getestet worden. Ausschließlich mit Freiwilligen. Dabei stand vor allem die Terrorabwehr im Fokus. Doch auch hier wiesen Datenschützer immer wieder daraufhin, dass in Deutschland eine Gesetzesgrundlage für eine automatische Gesichtserkennung in der Öffentlichkeit fehle.
Videoüberwachung in der Bundesliga
In den deutschen Stadien wird allerdings schon die einfache Videoüberwachung genutzt. Sie soll das Stadionerlebnis ebenfalls sicherer machen. Sobald es zu einem Zwischenfall kommt, kann die Polizei mit Hilfe von superhochauflösenden Kameras einzelne Personen selbst aus über 100 Meter Entfernung noch scharf fokussieren. Vor allem präventiven Charakter soll diese Maßnahme besitzen.
Doch Fanvertreter bezweifeln gerade diese präventive Wirkung. Thomas Kessen ist Sprecher von "Unsere Kurve", laut eigener Aussage die größte Interessenvertretung aktiver Fußballfans in Deutschland:
"Wenn Ultragruppierungen Pyrotechnik zünden möchten, dann tun sie es jetzt genauso, wie sie es vor 10 Jahren ohne Videoüberwachung getan haben. Es hat nichts verhindert. Dementsprechend frage ich mich da einfach, ist es letztens Endes nur Symbolpolitik? Seht her, wir haben eine neue tolle Kamera hingehängt. Ja, aber trotzdem wird immer noch das weiter passieren, was ja angeblich verhindert werden soll."
Unterschiedliche Handhabe in Europa
Auch wenn der Einsatz automatischer Gesichtserkennung in den Bundesliga-Stadien erstmal nicht ansteht, auf internationaler Ebene müssen die Fußball-Fans damit jedoch rechnen. Denn von Land zu Land wird damit sehr unterschiedlich umgegangen. So sind schon beim Champions-League-Finale 2017 in Cardiff alle 75.000 Zuschauer mit Hilfe dieser Technik seitens der Polizei Wales überprüft worden.