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Fußball im ZDF
Keine Primetime für Leichtathleten

Für Unmut bei vielen Fans und Sportlern sorgte die Entscheidung des ZDF, statt der Leichtathletik-WM den europäischen Supercup im Fußball zu übertragen - die Partie fand ohne deutsche Beteiligung statt. Athleten anderer Sportarten hätten sich die Aufmerksamkeit gewünscht. Zeit für eine Grundsatzdiskussion.

Von Heinz Peter Kreuzer |
    Stabhochspringer Raphael Holzdeppe während der Leichtathletik-WM 2017 in London
    Stabhochspringer Raphael Holzdeppe während der Leichtathletik-WM 2017 in London (Rainer Jensen/dpa)
    Die Quote gibt den ZDF-Verantwortlichen Recht. Mit fast vier Millionen Zuschauern lagen die Werte leicht über denen der Leichtathletik-Übertragungen in den Tagen zuvor. ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann verteidigt die Entscheidung, er wird in einer Stellungnahme so zitiert:
    "Die Zuschauer konnten beides live im Hauptprogramm und online erleben – die hochkarätige Supercup-Begegnung und die Leichtathletik-WM. Und doch war es eine schwere Entscheidung: Diesmal hat der Fußball gesiegt."
    Fußball siegt wieder einmal
    Gefühlt siegt der Fußball immer. Und selbst die Verlegung in einen Digitalkanal war aus vertragsrechtlichen Gründen nicht machbar. In der Stellungnahme heißt es:
    "Eine Verlegung des Spiels in einen Digitalkanal wäre nur mit Zustimmung der UEFA möglich gewesen. 2016 hatte man wegen der Bedeutung der zeitgleich stattfindenden Olympischen Spiele einer Ausstrahlung in ZDFinfo zugestimmt."
    Leichtathletik-Weltmeisterschaften sind also nicht bedeutend genug. Die Kritiker bestreiten nicht, dass ein Sender so argumentieren kann. Aber öffentlich-rechtliche Sender hätten auch eine Verantwortung abseits der Quote. Die Hammerwerferin Kathrin Klaas sieht die Leichtathletik einer Chance beraubt:
    Seltene Primetime für Leichtathleten
    "Diese Möglichkeit, auch einem breiten Publikum in der Primetime eben präsentiert zu werden, die hat die Leichtathletik sehr selten. Seitdem auch keine Diamond League oder sonstige große Wettkämpfe über die Saison hin übertragen werden, gibt es nur noch den jährlichen Höhepunkt für die Leichtathletik-Fangemeinde, die sehr breit ist, und auch im Hinblick auf die nächste Europameisterschaft in Berlin, sicherlich noch steigen wird, das im TV zu verfolgen."
    Ähnlich sieht es der ehemalige Hockey-Nationalspieler und Sportvermarkter Moritz Fürste. Er glaubt an das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Würde eine Sportart kontinuierlich gezeigt, würde auch das Interesse bei den Zuschauern steigen.
    "Es ist nun einmal so, man schaltet den Fernseher an, und die öffentlich-rechtlichen Sender sind das, was einem als Erstes auf der Fernbedienung begegnet, und da bleibt der normale TV-Konsument eher beim ZDF hängen und schaltet nicht nach hinten durch. Bis dann die Sport-Spartensender kommen."
    Zuschauer bleiben bei ARD und ZDF hängen
    Manuel Weis, Chefredakteur des Branchendienstes Quotenmeter, sieht das genauso. Selbst zahlende Sky-Abonnenten würden bei ARD oder ZDF hängen bleiben, wenn diese Fußballspiele parallel übertragen.
    "Und genau so lässt sich auch erklären, dass zum Beispiel bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in London ARD und ZDF rund zehn Mal so hohe Zuschauerzahlen haben wie Eurosport, das auf den Programmplätzen weiter hinten eingespeichert ist."
    Normalerweise schauen bei Eurosport etwa eine Viertel Million Menschen die Leichtathletik-Weltmeisterschaften. Als das ZDF den Supercup zeigte, waren es fast vier Mal so viele. Für Moritz Fürste ein deutliches Indiz, dass es großes Interesse an der Leichtathletik gibt. Aber nicht nur die olympische Kernsportart, alle außerhalb des Fußballs müssten in ihre Sportart investieren und sich auf verschiedenen Plattformen präsentieren.
    Fernsehpräsenz hilft der Vermarktung
    "Wenn man das kann, lockt das natürlich Sponsoren, was wieder Geld in die Mühlen fließen lässt, was wiederum dafür sorgt, dass die Sportart sich besser aufstellen kann, was dann wieder für Fernsehen attraktiver ist. Aber irgendwann muss eben dieser Strudel beginnen. Das ist superschwer für kleinere Sportarten, da voran zu kommen. Umso wichtiger ist eben die TV-Präsenz."
    Besonders die öffentlich-rechtlichen Sender sind da gefordert. Zeigen sie eine Sportart, ist die Wahrnehmung ungleich höher. Das erklärt auch die Reaktion von Alfons Hörmann, dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes auf die Meldung, dass ARD und ZDF jetzt Sublizenzen für die Winterspiele 2018 erworben haben und das Feld nicht Eurosport alleine überlassen. Der DOSB-Chef sprach von einer "großartigen Nachricht für ganz Sportdeutschland."