Mitte des 19. Jahrhunderts ist die britische Kolonialmacht auf dem Zenit ihrer Macht. Auf der Insel dominiert eine Wahrnehmung der Überlegenheit: in Wirtschaft, Kultur, Sport. 1863 wird in England der weltweit erste Fußballverband gegründet, die Football Association FA. Zehn Jahre später formiert sich der schottische Verband. Kurz danach entstehen zwei weitere Organisationen in Wales und Irland, das damals noch zum Vereinigten Königreich gehört.
Die vier Verbände vernetzen sich in einem Regelkomitee, das bis heute über die Spielregeln wacht, erzählt der britische Fußballexperte David Goldblatt, und dann: "Als die Fifa 1904 gegründet wurde, existierten die Verbände der vier britischen Landesteile bereits. Die Fifa wollte England und Schottland unbedingt dabeihaben. Also erlaubte sie, dass ein Land mit mehreren Nationalverbänden vertreten ist. Das wurde später sogar in die Fifa-Satzung aufgenommen."
Spannungen bei Olympia
In der Fußballgeschichte waren die vier "Home Nations" England, Schottland, Wales und Nordirland erst einmal komplett bei einem Turnier vertreten, bei der WM 1958 in Schweden. Anders ist die Lage bei den Olympischen Spielen, wo Fußballverbände keine zentrale Rolle spielen. Dort gibt es nur eine vereinte Mannschaft für das Vereinte Königreich. Ein solches Team war bisher nur acht Mal bei olympischen Turnieren dabei.
Ab den 1970er Jahren verzichtet Großbritannien im Fußball sogar auf die Teilnahme an der Olympia-Qualifikation. Erst als Gastgeber für die Sommerspiele 2012 in London wächst das Interesse wieder, sagt David Goldblatt, allerdings mit Konflikten: "Der englische Fußballverband sagte: Kein Problem, wir beteiligen uns an einem gemeinsamen Olympiateam. Nordirland und Wales waren wesentlich skeptischer. Der schottische Verband lehnte eine Zusammenarbeit strikt ab. Man fürchtete, dass ein britisches Nationalteam die Eigenständigkeit der vier Verbände aufweichen würde. Da sah man erneut, wie wichtig der Fußball als Symbol für die regionale Identität ist."
Am Ende besteht das Olympiateam des Gastgebers vor allem aus englischen Spielern, mit Unterstützung aus Wales. Weniger streng fällt dagegen die Rekrutierung aus: Spieler, die zum Beispiel in Wales geboren sind, aber familiäre Wurzeln in England haben, können zwischen beiden Teams entscheiden. Gareth Bale hat sich für Wales entschieden. Bei der EM 2016 führt er sein Team ins Halbfinale. Favorit England ist da längst zu Hause.