Dass dieser Vorschlag ausgerechnet von einem ehemaligen Torwart kommt, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. So zogen sicherlich viele aktive Fußball-Torhüter die Augenbrauen hoch, als die italienische Torwartlegende Gianluigi Buffon in der "Tuttosport" einen speziellen Vorschlag zur Weiterentwicklung des Fußballs machte. Buffon, der im Sommer 2023 mit 45 Jahren seine Karriere beendet hat, stieß an: "Wir könnten über die Vergrößerung der Tore sprechen."
Der Italiener fuhr fort, die seit 1875 geltende Torgröße (7,32 Meter breit, 2,44 Meter hoch) sei nicht mehr angemessen. Als er 1995 debütierte, habe er "zu den fünf größten Spielern der Serie A" gezählt. Mittlerweile hüten fast nur noch Schlussmänner mit Gardemaß die Tore. Buffon betonte: "Vor 30 Jahren landeten zehn von 50 Schüssen im Netz, heutzutage sind es vielleicht drei. Es ist sehr schwierig geworden, gegen Zwei-Meter-Torhüter zu treffen."
Sportökonom findet Buffons Vorschlag zu kurz gegriffen
Prof. Christoph Breuer, Sportökonom an der Deutschen Sporthochschule in Köln, findet den Vorschlag Buffons, der sich mehr Tore und spektakulärere Spiele erhofft, zu kurz gegriffen: "Wir wissen, dass unabhängig von der Torgröße Spiele durch ganz unterschiedliche Faktoren spannend werden. Die Torgröße ist nicht der entscheidende Faktor."
Buffons Implikation, der Fußball sei langweiliger geworden, weil immer weniger Tore fallen, relativiert Breuer. Er verweist mit Blick auf den Trend zu weniger Toren: "Das stimmt. Wobei wir jetzt eine Bundesliga-Hinrunde hatten mit vielen Toren, ist es eben nicht so, dass es keine Innovationen gibt im Fußball."
Breuer ergänzt: "Was sich im taktischen oder medialen Bereich, im Bereich der Information, der Zuschauer, getan hat, ist schon einiges. Auch die Nachfragezahlen im Stadion und die Gelder, die für Übertragungsrechte geboten werden, sprechen dafür, dass der Unterhaltungswert nicht zurückgegangen ist."
Stagnierende Medienerlöse: Wehklagen auf hohem Niveau
Wobei derzeit eine Stagnation bis hin zu einem Rückgang der Fernsehgelder, etwa in Frankreich oder Italien, auszumachen ist. So bezeichnete Aurelio De Laurentiis, Boss des SSC Neapel, den letzten TV-Deal der Serie A als "Niederlage für den italienischen Fußball". Geträumt hatten die Italiener von der Milliardenmarke, allerdings gingen die Rechte bis zur Saison 2028/29 für fast 30 Millionen Euro weniger über den Tisch als in der Periode zuvor – für 900 Millionen Euro. Und in Frankreich ist die Liga noch viel weiter von der Milliardenmarke entfernt, der Rückgang noch stärker.
Alle schielen neidisch nach England, wo die Premier League ihre Einnahmen erneut steigern konnte. Doch das Wehklagen der anderen Ligen und Profi-Klubs findet immer noch auf einem hohen Niveau statt. So nimmt es Breuer wahr: "Der Fußball darf sich nicht ausruhen, gleichwohl ist er nach wie vor in einer exzellenten Wettbewerbsposition. Denn die Übertragungsrechte stagnieren auf einem sehr hohen Niveau. Aber er muss natürlich im Blick haben, dass er ein Produkt der Unterhaltungsindustrie ist und da mit anderen konkurriert."
Fußball sollte neue Formate wie Kings League ernst nehmen
So erregten zuletzt neue Fußball-Formate Aufmerksamkeit – wie etwa die durch den ehemaligen Barcelona-Verteidiger Gerard Piqué vorangetriebene Kings League in Spanien. Kleinere Teams, Kleinfeld in der Halle, dazu Aktionskarten wie bei Gesellschaftsspielen, die für Abwechslung sorgen.
Und Toni Kroos gründete jüngst mit Social-Media-Star Elias Nerlich die Icon League
. Solche Wettbewerbe können laut Breuer "aus Sicht des 'richtigen Fußballs' als Innovationsprojekte betrachtet werden".
Der Sportönomon unterstreicht: "Der Fußball sollte diese Projekte ernst nehmen, beobachten, gucken, welche Regelungen sich bewähren. Und dann kritisch reflektieren, ob er nicht das eine oder andere selbst in das Regelwerk integrieren mag."
Das "Konsumkapital" des Fußballs ist enorm
Doch dass neue Impulse wie die Kings League dem traditionellen Fußball so richtig gefährlich werden könnten, glaubt Breuer nicht: "Überdauernd scheinen mir die interessanten Ansätze aber noch nicht in einer Position zu sein, um tatsächlich dem Fußball ernsthaft Marktanteile streitig zu machen. Kurzfristig sind das interessante Projekte, die noch selbst beweisen müssen, dass sie wirtschaftlich nachhaltig über mehrere Jahre bestehen können."
Denn das Konsumkapital des Fußballs schätzt der Wissenschaftler immer noch als sehr hoch ein: "Konsumkapital meint, dass die Menschen sich schon bestens auskennen mit den Regeln, Mannschaften, bestens informiert sind über Spieler und selbst schon mal Fußball gespielt haben."
Breuers These lautet: "Dass die Spielfeldmaße, dazu gehört auch die Torgröße, beibehalten werden, wir ansonsten aber durchaus Innovationen sehen werden. Auch die fünf Einwechselspieler, die wir vor der Covid-Pandemie nicht hatten, sind ja ein Beispiel dafür, dass der Fußball durchaus zu Innovationen fähig ist."