Kapitänsregel im Fußball
Schiri-Experte Feuerherdt: "Mit Sicherheit zum Wohle des Fußballs"

Bei der Fußball-EM wurde die Kapitänsregel neu eingeführt: Nur der Kapitän darf mit den Unparteiischen diskutieren. Das Echo darauf war sehr positiv, sagt Schiri-Experte Feuerherdt. Darum gilt die Regelung jetzt in allen deutschen Ligen.

Alexander Feuerherdt im Gespräch mit Astrid Rawohl | 20.07.2024
Referee Felix Zwayer zeigt bei der EM in Deutschland einem niederländischen Spieler die Gelbe Karte.
Wer nicht Kapitänsregel missachtet, bekommt in Zukunft Gelb - so wie schon bei der EM in Deutschland. (IMAGO / ANP / IMAGO / MAURICE VAN STEEN)
Es war ein Novum bei der UEFA Europameisterschaft in Deutschland: Diskutieren mit den Unparteiischen war nur für die Mannschaftskapitäne erlaubt. Mit dieser neuen Regelung sollten Rudelbildungen um den Schiedsrichter vermieden werden, der in so einer Situation nur erschwert Entscheidungen treffen kann. Wer sich von den Spielern nicht an diese Regelung hielt, kassierte eine gelbe Karte.
Die neue Regelung ist so gut angekommen, bei Schiedsrichtern, Fans und Medien, dass sie jetzt auch in allen deutschen Fußballligen gilt, im Profi- wie im Amateurbereich, bei Frauen, Männern und im Jugendbereich.
„Da war relativ schnell klar, das muss man in Deutschland auch einführen“, beschreibt Alexander Feuerherdt, Medienexperte der DFB Schiedsrichter, im Deutschlandfunk-Interview. Der Deutsche Fußballbund DFB und die Deutsche Fußball-Liga hätten da nicht viel zu diskutieren gehabt und wären sich schnell einig gewesen.
Das Ziel der bundesweiten Einführung der Regelung ist vorrangig, die Unparteiischen zu stärken und ihnen mehr Respekt zu verschaffen. Auch die Netto-Spielzeit würde dadurch erhöht, der Profibereich sei dabei ein Vorbild für die Amateure, zählt Feuerherdt auf.

FAQ und Erklärvideo für reibungslose Regeleinführung

Damit im Amateurbereich die Kapitänsregelung reibungslos eingeführt, umgesetzt und akzeptiert wird, obwohl es dort oft nur einen Unparteiischen pro Spiel gibt, habe man eine ausführliche Pressemitteilung rausgegeben und dazu auch ein FAQ geschrieben.
Darin ist auch festgehalten: „Es heißt nicht, dass die Spieler und Spielerinnen nicht mehr mit den Schiris sprechen dürfen generell“, stellt der Schiedsrichterexperte klar. „Sondern es geht darum, dass bei wichtigen Entscheidungen nur der Kapitän befugt ist, vom Schiedsrichter eine Erklärung dazu zu bekommen.“
Dafür wurde auch ein neues Handzeichen etabliert: Ein ausgestreckter Arm soll zeigen: Stopp, jetzt findet die Kommunikation zwischen Schiri und Kapitän statt.
„Bitte geht auf Abstand, kommt mir nicht zu nahe. Das war bislang auch schon immer das Signal und hatte bislang im Grunde auch schon immer die gelbe Karte zur Folge, wenn die Spieler es übertrieben haben“, erinnert Feuerherdt. Das Zeichen sei jetzt nur stärker formalisiert. Damit es keine Missverständnisse gibt, wurde auch ein Eklärvideo gedreht mit typischen Beispielszenen.
„Und nochmal klargemacht: Das heißt nicht, dass der Kapitän alles darf. Sogar den Schiri anbrüllen oder was auch immer, sondern wenn er es da übertreibt, ist auch da Gelb fällig.“

IFAB wollte eigentlich erstmal Testphase bei Amateuren

Regeländerungen im Fußball laufen eigentlich über den Schreibtisch der IFAB, des International Football Association Board, das eigentlich über Änderungen von Fußballregeln berät und sie auch beschließen kann. Aber da das IFAB die Kapitänsregel eigentlich eh schon in einer Testphase bei den Amateuren auf Tauglichkeit prüfen wollte und jetzt aber die EM in Deutschland damit schon so gut gelaufen ist, sei man sich mit dem IFAB bei der jetzigen Einführung in ganz Deutschland einig:
„Das ist keine Regelung im Alleingang vom DFB, so wenig wie das eine Reglung im Alleingang von der UEFA war,“ bekräftigt Feuerherdt. Das IFAB suche jetzt nach Mitteln und Wegen, die Kapitänsregelung in mehreren nationalen Ligen einzuführen. Es habe im Sinne, dass Unsportlichkeiten eingedämmt werden, von daher stimme es für die neue Regelung und dessen Einführung, weil es dem Fußball dient und die Schiris schützt, so Feuerherdt.

Regelung präzisiert Rolle des Kapitäns als Ansprechpartner

Dadurch, dass der Kapitän aber das alleinige Recht zugesprochen bekommt, in Entscheidungssituationen mit den Schiris zu sprechen, nimmt er auch eine gewisse Sonderrolle an, die eigentlich den Vorgaben widerspricht, dass er im Team weder Sonderrolle noch Privilegien haben dürfe, sondern nur die Verantwortung für das Verhalten seines Teams trage. Dem widerspricht Feuerherdt: Die neue Kapitänsregelung sei eine Präzisierung der Rollendefinition des Kapitäns bisher:
„Er bekommt in gewisser Weise, das stimmt schon, die Sonderrolle, weil man ihm zubilligt: Du bist jetzt derjenige, der als einziger den Schiri fragen darf bei einer wichtigen Entscheidung, warum ist da eigentlich gerade was passiert. Man könnte aber auch sagen: Es konkretisiert auf eine Art seine Rolle als Ansprechpartner.“
Und da die neue Regel „mit Sicherheit zum Wohle des Fußballs“ sei, sieht der Schiedsrichter-Experte da auch keinen Konflikt.
Der DFB versucht schon seit längerem die Position der Schiedsrichter zu stärken. Dass diese Regelung nicht früher eingeführt wurde, liege an der mit Emotionen verbundenen Fußballtradition:
„Das hat mit der Kultur des Fußballs zu tun, das wird nicht akzeptiert. Es ist immer viel mit Emotionen argumentiert worden, die man dann rausnehmen würde, wenn man so eine Regel einführen täte. Tja, aber jetzt sind sie alle ganz positiv.“
Feuerherdt resümiert, dass es manchmal auch einfach jemanden brauche, der vorprescht und einen Versuch auf der ganz großen Bühne startet. Und auch den Stimmungsumschwung brauche es wohl, dass die Diskussionen und das respektlose Verhalten gegenüber Schiedsrichtern und Schiedsrichterinnen als Störfaktor gesehen und kritisiert werden. Demensprechend sind auch die Reaktionen aus den Profivereinen ausgefallen: Man finde die Einführung gut und begrüße, dass der positive Schwung aus der EM direkt mitgenommen wird.  
sl