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Fußball-Konföderation Conmebol
Machtkampf in Südamerika

Der FIFA-Gate-Skandal hat seit 2015 viele Stühle in Südamerikas Fußball-Konföderation Conmebol freigeräumt. Teilweise hat eine neue Generation Funktionäre das Ruder übernommen. Das Hauen und Stechen um Posten und Einfluss aber geht weiter. Und auch die Korruption ist nicht ausgerottet.

Von Carsten Upadek |
    epa05235229 FIFA President, Gianni Infantino (R) and Uruguay's President of the Soccer Association, Wilmar Valdez (L), arrive at the Museum inside the Centenario Stadium in Montevideo, Uruguay, 29 March 2016. Infantino is on an official tour of Latin America, which is taking him to Bolivia, Paraguay, Uruguay and Colombia. Infantino was elected as FIFA President on 26 February 2016. EPA/Juan Ignacio Mazzoni |
    Beste Freunde: Wilmar Valdez aus Uruguay und FIFA-Präsident Gianni Infantino (EFE)
    Bis einen Tag vor seiner geplanten Wiederwahl Ende Juli zweifelt niemand am Sieg von Wilmar Valdez. Der Präsident des uruguayischen Fußballverbandes ist einer der wichtigsten Funktionäre Südamerikas. Er hat einen Sitz im FIFA-Rat, eine Art Regierungskabinett des Weltfußballs und gilt als enger Freund von FIFA-Boss Gianni Infantino. Doch dann tauchen einen Tag vor der Abstimmung Audio-Ausschnitte wie dieser auf – veröffentlicht von der Tageszeitung El País in Uruguay.
    Zu hören ist Präsident Valdez im Gespräch mit einem Geschäftsmann. Es geht um Umbaumaßnahmen in Uruguays größtem Stadion, dem Centenario in der Hauptstadt Montevideo. Angedeutet werden Schmiergelder in Millionenhöhe. Valdez tritt zurück – aus persönlichen Gründen, erklärt der Spitzenfunktionär. Ob das seinen Freund Gianni Infantino beunruhigt hat?
    Ihre Verbundenheit zeigen Valdez und Infantino in einem Interview vom März 2016 auf dem Youtube-Kanal des uruguayischen Verbandes. Gerade ist Infantino auf den FIFA-Thron gewählt worden. Nun adelt der König seinen treusten Unterstützer Valdez mit einem Antrittsbesuch. Im Video sprechen sie von gemeinsamen Werten und ihrer Freundschaft. Die geht Jahre zurück, als beide noch in unteren Rängen der Fußball-Delegationen dienten. 2015, als Infantino seine Kandidatur zum FIFA-Präsidenten verkündet, trommelt Valdez ganz vorn für Infantino – erst in Südamerikas Konföderation Conmebol und dann international.
    Mit Valdez verliere der FIFA-Präsident einen seiner engsten Verbündeten, diagnostiziert der uruguayische Journalist Eduard Piñon. Aber: "Gianni Infantino wird nicht Harakiri begehen, für das, was hier in Uruguay passiert. Es ist unangenehm für ihn. Aber Infantino trifft Entscheidungen mit kühlem Kopf."
    Die FIFA interveniert in Uruguay
    In Südamerika jedoch sorgt der Rücktritt für erhebliche Erschütterungen. Zwei mögliche Nachfolger für Valdez als Präsidenten des uruguayischen Fußballverbandes ließ der übergeordnete Kontinentalverband, die Conmebol, durchfallen. Stattdessen beantragte sie eine Intervention der FIFA. Der Weltverband setzte Ende August eine Kommission ein und übernahm damit die Kontrolle über Uruguays Fußballverband. Ziel ist es, bis Anfang Dezember aktuelle FIFA-Regeln zu übernehmen wie z.B. Transparenz und Good Gouvernance und bis Ende Februar einen neuen Präsidenten zu wählen. Doch die Einmischung der FIFA sehen einige in Uruguay als feindliche Übernahme.
    Bildungs- und Kulturministerin Mária Julia Moñoz schimpft: "Es darf keine internationale Organisation geben, die in nationale Verbände eingreift. Die Veränderung der Statuten einer zivilgesellschaftlichen Organisation in Uruguay ist Sache von Uruguay und nicht einer Organisation außerhalb des Landes!"
    Moñoz droht, dem uruguayischen Verband den gesetzlichen Status zu entziehen, sollte er die FIFA-Statuten übernehmen. Befürworter argumentieren, es gehe bei der Übernahme der Regeln um mehr Gerechtigkeit und Einfluss der Spieler. In Namen von Uruguays Nationalmannschaft veröffentlichte Kapitän Diego Godin auf Twitter eine offizielle Stellungnahme.
    "Es ist an der Zeit, dass der Fußball in Uruguay anfängt, von allen beteiligten Akteuren regiert zu werden und nicht von externen Zwängen, die den Interessen von Dritten dienen."
    Machtkampf hinter den Kulissen
    Die kryptische Formulierung dürfte sich auf Fußballunternehmer Francisco Casal beziehen – TV-Unternehmer, Spielervermittler, Rechteinhaber. Manche nennen ihn den Besitzer des uruguayischen Fußballs. Und auch in anderen Ländern Südamerikas ist er aktiv. Dabei hat sich Casal einen mächtigen Feind geschaffen – Südamerikas Fußball-Boss, Alejandro Dominguez, seit 2016 Conmebol-Präsident.
    Conmebol President Alejandro Dominguez, who was re-elected, talks during Conmebol, South America Soccer Confederation, 69th Congress, in Luque, Paraguay, Friday, May 11, 2018. (AP Photo/Jorge Saenz) |
    Im Machtkampf mit uruguayischem Medienunternehmer: Conmebol-Präsident Alejandro Dominguez (AP)
    Journalist Eduard Piñon: "Es gab einige Zusammenstöße zwischen dem Unternehmen GolTV von Francisco Casal und der Conmebol. Juristische Auseinandersetzungen zum Beispiel über das Sponsoring der Südamerika-Meisterschaft. In den letzten Wochen vor der FIFA-Intervention kam aus dem medialen Umkreis von Casal die Nachricht, dass Dominguez in den USA im Zusammenhang mit dem FIFA-Gate-Skandal befragt werden sollte."
    Der Korruptionsskandal hat seit 2015 reihenweise Conmebol-Funktionäre vor Gericht gebracht. Südamerikas Kontinentalverband dementierte umgehend. Conmebol-Präsident Domiguez bezichtigte darauf unter anderem Casal persönlich des "Informations-Terrorismus".
    Profi-Clubs ziehen vor den Sportgerichtshof
    "Das ist ein Krieg zwischen der Gruppe Francisco Casal und dem Präsidenten der Conmebol", so Piñon. Hauptaustragungsfeld scheint nun Uruguay sein. Nach der FIFA-Übernahme entschieden sich 15 Profimannschaften der ersten beiden Ligen für einen noch nie dagewesenen Schritt: Gegen die Intervention der FIFA ziehen die Clubs vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS – vertreten durch den Anwalt Eduardo Carlezzo.
    "Wir glauben, dass die Entscheidung der FIFA, auf Anfrage der Conmebol, auf unbegründeten Motiven basiert und auf politischen Motiven, nicht auf reellen, technischen, dokumentierten." Eine Intervention sei nur begründet bei staatlicher Einflussnahme oder einem korrumpierten Wahlprozess. "Hier in diesem Verband ist nichts davon passiert, im Gegenteil."
    Auch Journalist Piñon ist überzeugt, dass der Eingriff der FIFA nicht legal ist. Dennoch werde der uruguayische Verband keine Wahl haben, die Statuten der FIFA einzuführen. Das kann jedoch dauern – und noch länger die Wahl eines neuen Präsidenten. Denn dafür müssten sich die verfeindeten Lager einigen – und das ist unwahrscheinlich.