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Portal Transfermarkt.de
Wie eine Webseite den Fußball-Transfermarkt mitbestimmt

Seit 2004 erhebt das Portal Transfermarkt.de die Marktwerte von Profifußballern. Mittlerweile handelt es sich dabei um mehr als nur eine Spielerei für Fußballfans. Denn obwohl die Werte nur geschätzt sind, nehmen sie Einfluss auf das Geschäft.

Von Constantin Eckner |
95 Millionen Euro zahlte der FC Bayern laut Ehrenpräsident Uli Hoeneß für Harry Kane an Tottenham Hotspur.
95 Millionen Euro zahlte der FC Bayern laut Ehrenpräsident Uli Hoeneß für Harry Kane an Tottenham Hotspur. (IMAGO / Sven Simon / IMAGO / Frank Hoermann / SVEN SIMON)
Dass sich der Fußball ökonomisch immer weiter von der normalen Welt entkoppelt, wurde zuletzt im Transfersommer wieder deutlich. Harry Kane geht für 100 Millionen Euro zu Bayern München, Moisés Caicedo wechselt für eine noch höhere Summe zum FC Chelsea, Jude Bellingham verlässt ebenfalls für einen dreistelligen Millionenbetrag Borussia Dortmund in Richtung Real Madrid. Es wirkt teilweise so, als würden die Clubs und Manager mit Spielgeld handeln.
Wer stets die Übersicht über die immer höheren Ablösesummen behält, ist die Redaktion von Transfermarkt.de. Die in Deutschland beheimatete Webseite, die mittlerweile in vielen weiteren Sprachen verfügbar ist, wurde 2000 gegründet und führte 2004 die Erhebung von Marktwerten für Spieler ein.

Marktwerte spielen im Business eine Rolle

Es handelt sich jedoch um mehr als nur um eine Spielerei für Fußballfans. Das sagt Tobias Kröger, der für das Portal den Marktwert der Bundesliga-Spieler final bestimmt: "Das Feedback kriegen wir von Beratern, von Managern, auch von Spielern, die immer wieder nachfragen, wann das nächste Update ist. Der Transfermarktwert ist schon eine Zahl, die in diesem Transferbusiness eine Rolle spielt."
Kommende Woche wird es die nächsten Marktwert-Updates zur Bundesliga und 2. Bundesliga geben. Doch darüber hinaus lassen sich Spieler auf der ganzen Welt ausfindig machen, was auch ein Vorteil für die Clubs sein kann. Das berichtet Christian Schwarz, Head of International von Transfermarkt.de: "Viele Vereine nutzen die Marktwerte in der ersten Scoutingphase, um einen ersten Eindruck vom Spieler zu bekommen. Wie ist der ungefähr einzuordnen? Wenn man selbst sagt: 'Ok, wir haben ein gewisses Budget. Und alle Spieler mit einem Marktwert über zehn Millionen können wir im Prinzip ausschließen, weil das gar nicht mehr in unser Budget passt.' Gleichzeitig nutzen es viele Vereine dann, um den Berater zu finden, die bei uns auch in der Datenbank drin sind. Sodass ich mir sicher bin, in der Branche ist Transfermarkt für jeden absolut ein Standardnachschlagewerk."

Komplett objektive Marktwerte gibt es nicht

So mancher Spieler mag angesichts des eigenen Marktwertes nicht glücklich sein. Gerne wird über die Ermittlung der Zahlen diskutiert. "Jetzt haben wir das Problem, dass wir vielfach keine gesicherten Daten im Markt haben", sagte Henning Zülch, Wirtschaftswissenschaftler an der HHL – Leipzig Graduate School of Management, kürzlich im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. "Als ein Orientierungspunkt gilt immer Transfermarkt.de als Grundlage basierend auf Schwarmintelligenz. Das ist ja, wie die Marktwerte dort zustande kommen. Auf der anderen Seite durch viele Gerüchte, die im Markt sind und die gestreut werden, um die eine oder die andere Partei zu benachteiligen oder zu bevorteilen".
"Also Transfermarkt setzt da wirklich auf die Schwarmintelligenz", erläutert Tobias Kröger: "Es ist uns auch ganz wichtig, dass wir keinen Algorithmus dahinterstehen haben, sondern die User immer miteinbeziehen. Transfermarkt war schon immer eine Mitmach-Seite – und ist es auch immer noch. Auf die Bundesliga bezogen ist es so, dass wir das Datum für das Update in Sicht haben und dann haben wir die Marktwertanalyse. Es ist ein Forum, wo jeder einzelne Spieler einen Thread hat, also quasi seinen eigenen Bereich, wo die User darüber diskutieren können, was sie als Marktwert für den jeweiligen Spieler vorschlagen würden."
Zum Schluss setzt sich Kröger mit zwei Admins zusammen und diskutiert die Vorschläge. Zudem vergleicht er die Werte der Bundesliga mit jenen anderer Top-Ligen, damit beispielsweise die Fußballer hierzulande nicht deutlich besser oder schlechter abschneiden als die Konkurrenz im Ausland.

Spektakuläre Spieler erhalten höheren Marktwert

Im Grunde sind Marktwerte ein sehr subjektiver Wert. Spektakuläre Fußballer erhalten in der Regel einen höheren Wert, weil ihre Leistungen mehr ins Auge stechen. "Mal als Beispiel: Ein Florian Wirtz – ich meine, wer ist nicht begeistert, wenn er ihn spielen sieht von seiner ganzen Art? Vielleicht ist ein Spiel von ihm ähnlich gut wie das von einem anderen offensiven Mittelfeldspieler in der Bundesliga, aber es wirkt bei ihm ganz anders. Es kommt nochmal anders rüber. Dadurch können vielleicht auch die User ihm gegenüber positiver eingestellt sein. Aber wir versuchen das so gut wie möglich auszublenden und die Spieler für sich zu bewerten."

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Im Endeffekt sind die Zahlen ohnehin nur Richtwerte und generell sind Transfersummen nicht mit Preisen in der normalen Wirtschaft zu vergleichen. Der Sportrechtsexperte Martin Stopper erklärte die Problematik während des Transfersommers am Beispiel von Harry Kane: "Das ist natürlich ein sehr subjektiver, individueller, auf Nachfrage bezogener Transferwert für den FC Bayern München, weil die sagen: 'Wir brauchen jetzt unbedingt einen Stürmer.' Irgendwie würde der FC Arsenal nicht auf 100 Millionen kommen, sondern sagen: 'Nö, für uns sind es nur 50, weil wir haben schon zwei Stürmer.' Zum Beispiel. Also wie will man das objektivieren?"

Auch Transfermarkt.de läuft dem Markt hinterher

Transfermarkt.de kann deshalb nur Richtwerte nennen und läuft auch dem Markt hinterher, wie Tobias Kröger und Christian Schwarz sagen. Wenn die Ablösesummen im kommenden Sommer einmal mehr in die Höhe schießen, dann muss sich auch die Redaktion an dieser Preisexplosion orientieren und die Werte dahingehend anpassen. Das nächste Update kommt ganz sicher.