Krypto im Fußball
Fan-Token und die breite Ablehnung durch Fans

Immer mehr Fußball-Klubs in Europa verkaufen Fan-Token, doch diese Kryptowährungen sind für die Fans keineswegs ohne Risiko und gaukeln eine echte Fan-Beteiligung vor - Fan-Bündnisse lehnen sie daher ab.

Von Chaled Nahar und Piet Kreuzer |
Fans bei Crystal Palace mit einem Banner: "Moralisch bankrotte Parasiten - Socios nicht willkommen!"
Fans bei Crystal Palace mit einem Banner: "Moralisch bankrotte Parasiten - Socios nicht willkommen!" (imago images/Shutterstock)

Was sind Fan-Token?

Die Werbung des Marktführers Socios lautet: "Sei mehr als ein Fan". Die App wirbt damit, dass man mehr tun könne, als nur anzufeuern. Die Fans hätten eine Stimme verdient und sollten an Entscheidungen ihrer Klubs teilhaben. Socios verkauft den Menschen zunächst die Kryptowährung "Chiliz" - damit können Fans dann die Fan-Token von Klubs kaufen und verkaufen, die Token sind also auch eine Kryptowährung.
Wer Fan-Token kauft, wählt allerdings nicht wie ein Mitglied beispielsweise den Vorstand oder den Aufsichtsrat, Fans werden durch die Token auch nicht zu Teilhabern oder Aktieninhabern. Die Token kaufenden Fans stimmen eigentlich nur über weitgehend unwichtige Dinge ab:
  • Bei Arsenal stand zur Abstimmung, welcher Song in der Kabine nach einem Heimspiel laufen soll.
  • Der Schweizer Klub Young Boys Bern fragte seine Fan-Token-Käufer: Welches Design bekommt das Trikot?
  • Und bei Manchester City wurde gewählt, ob Ed Sheeran oder Oasis in der Halbzeit im Stadion zu hören sein sollen.
  • Außerdem sind Teilnahmen an Gewinnspielen für Eintrittskarten oder Treffen mit Spielern möglich oder Quizspiele.

Warum haben organisierte Fanszenen dann so ein großes Problem damit?

Es wird von den Klubs so getan, als wolle man auf die Fans zugehen und sie einbeziehen. Fan-Organisationen sehen als einzigen echten Grund aber, dass die Klubs Geld kassieren wollen. Und vor allem einige große Klubs der Champions League wie Paris Saint-Germain oder Manchester City nehmen damit Millionen ein. Nach dem Verkauf der Token liegt das von den Fans investierte Geld in gewohnten Währungen wie Euros, Pfund oder Dollar, bei den Klubs und der Token-Firma.
Für Fan-Organisationen gibt es noch mehr Probleme. Eins davon: Das Grundprinzip lautet, dass man für eine Einbeziehung in den Klub extra bezahlen muss. Das Recht, über Dinge abzustimmen, muss man sich erkaufen. Auch Crystal Palace aus England verkauft Fan-Token mit der App von Socios. Ein Vertreter einer Ultragruppe von Crystal Palace hat vor einem Monat im britischen Portal JOE gesagt, dass Fans dazu erpresst würden, sich einer spekulativen Kryptowährung anzuschließen, um mitzureden. Das System würde Fans nach ihren finanziellen Möglichkeiten bewerten und sei auch deshalb abzulehnen. Auf einem Plakat nannten sie Socios "moralisch bankrotte Parasiten".
Das sehen die Anbieter natürlich anders. Marktführer Socios teilt mit, man wisse, dass das alles neu sei. Aber im Mittelpunkt von dem, was das Unternehmen tue, stehe der Fan und dessen Spaß.

Derzeit gibt es Kritik von Fan-Organisationen an der UEFA - warum?

Die UEFA macht neuerdings auch bei diesen Fan-Token von Socios mit. Das Bündnis Football Supporters Europe kritisiert das deutlich. Man sei entsetzt über die Entscheidung, heißt es da. Der Fußball brauche "Schutz vor der Krypto-Geldgier". Es gebe zahlreiche Wege und Möglichkeiten, die Fans einzubeziehen, Fan-Token seien keiner davon. Die UEFA reagierte auf die Kritik mit der Argumentation, dass man nur Gewinnspiele oder ähnliches für diejenigen Klubs bereitstelle, die bereits Token verkaufen. Die UEFA vertreibe also nicht selber Token.
Das beruhigt die Fans nicht, weil das Vorgehen der UEFA das grundsätzliche System unterstützt. Football Supporters Europe sagen: Die Partnerschaft der UEFA mit Socios legitimiert riskante Investitionen in höchst unbeständige und weitgehend unregulierte Finanzanlagen.

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Gibt es finanzielle Risiken?

Socios verkauft per App die Kryptowährung "Chiliz", mit denen man erst die Token erwerben kann. Die Token selbst sind eine Kryptowährung und damit riskante Finanzprodukte. Es gab zuletzt einige Probleme:
  • IQONIQ, eine andere Plattform für Fan-Token, steht gerade vor der Pleite. Fans von zahlreichen Fußballklubs und Fans von Formel-1-Teams oder der Basketball-EuroLeague haben diese Fanmünzen gekauft, die sind aber nichts mehr wert.
  • Argentiniens Nationalmannschaft hatte eine Partnerschaft mit Socios, wechselte dann aber zum Konkurrenten Binance - was mit den alten Token passiert, ist für die Fans unklar.
  • Die Werbung von Arsenal für Fan-Token wurde von britischen Behörden verboten, weil der Klub "nicht ausreichend über das finanzielle Risiko aufgeklärt hat".
  • Das Fußballfinanzportal "Off the pitch" berichtete, dass bei 40 untersuchten Fan-Token fast alle zu Beginn in die Höhe geschossen und dann abgestürzt sind. Als Paris Saint-Germain Lionel Messi verpflichtet hat, ist bekannt geworden, dass ein Teil seines Gehalts in PSG-Fan-Token bezahlt wurde. Der Transfer und auch diese Nachricht haben den Kurs stark in die Höhe schnellen lassen, heute liegt er bei rund einem Drittel dieses Höchststands.
  • Und das Portal "Off the pitch" berichtet auch, dass ein großer Teil der Käufer von Fan-Token gar keine Fans sind, sondern Kryptohändler und Spekulanten. Der Kurs der Token wird also zu bestimmten Ereignissen in die Höhe getrieben. Die Spekulanten verkaufen sie mit Gewinn, die Kurse stürzen ab und die Fans sitzen auf Verlusten. Sie sind dann die Opfer ihrer eigenen Begeisterung für ihre Clubs. Denn sie werden ja auf eine emotionale Art in das Investment gelockt - "Sei mehr als ein Fan".

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Gibt es das auch in Deutschland?

Borussia Dortmund wollte Fan-Token einführen, bis das Vorhaben nach Protesten der Fans weitgehend abgesagt wurde. Jetzt existiert eine stark abgeschwächte Version, in der die Token nicht gehandelt werden können. Diese App spricht grundsätzlich ein internationales Publikum an.
In Deutschland werden gerade eher sogenannte NFTs Mode. Das sind digitale Produkte, die nachweislich jemandem gehören und zum Teil einmalig sind. Die Bundesliga verkauft so einmalige digitale Sammelkarten und die von Dortmunds Stürmer Erling Haaland hat gerade beispielsweise fast 614.000 Euro bei einer Versteigerung eingebracht. Da ist also auch jede Menge Geld im Spiel - solange man stets jemanden findet, der mehr bezahlt. In den USA werden in der NBA Millionen für solche NFT bezahlt. Das alles hat auch die Gier im deutschen Profisport geweckt. Die Premier League will nun sogar mehr als eine halbe Milliarde Euro mit diesen Sammelkarten erlösen.

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