Fußball-Europapokal
Ausschluss von Teams aus Belarus? Kölns Aufruf verhallt

Der 1. FC Köln forderte die UEFA Ende Juli auf, alle Teams aus Belarus aus dem Europapokal auszuschließen, weil das Land der wichtigste Kriegshelfer Russlands gegen die Ukraine ist. Kurz vor dem ersten Spiel der Kölner der UEFA Europa Conference League wird immer klarer: Der Aufruf verhallt.

Chaled Nahar |
    Ein Ball in der UEFA Europa Conference League
    Ein Ball in der UEFA Europa Conference League (IMAGO/AFLOSPORT)
    FC Fehervar aus Ungarn heißt der Gegner des 1. FC Köln in den Play-offs zur Gruppenphase der Conference League am Donnerstag (18.08.2022). Es hätte möglicherweise auch ein Klub aus Belarus werden können und deshalb hatten die Köln Ende Juli einen Brief an UEFA-Präsident Aleksander Ceferin geschrieben.
    "Die massive Unterstützung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine durch Belarus verstößt nicht nur gegen die Werte und Normen des 1. FC Köln, sondern gegen die des gesamten Sports", schrieb die Geschäftsführung des FC an den UEFA-Präsidenten und forderte "den sofortigen Ausschluss der belarusischen Teams aus allen europäischen Wettbewerben". Doch dieser Aufruf bleibt wohl unerfüllt.
    UEFA kommentiert den Brief weiterhin nicht
    Auf eine erneute Anfrage vom Dienstag teilte die UEFA mit, dass sie den Vorgang weiterhin nicht kommentiere. Nach Informationen des Deutschlandfunks haben die Kölner bislang auch auf Nachfrage keine Antwort auf ihr Schreiben erhalten.
    Und ein großes Thema wird Belarus in dieser Saison für die UEFA nicht mehr: FK Gomel, Dinamo Minsk und BATE Borisov wären in den Play-offs mögliche Gegner Kölns gewesen, bei einem Erreichen der Gruppenphase wäre zudem der belarusische Meister Shakhtyor Soligorsk möglicherweise im Lostopf gelandet - doch alle vier Teams sind mittlerweile sportlich ausgeschieden. Belarus ist ansonsten in Europa nur noch mit zwei Teams in der Qualifikation zur Champions League der Frauen vertreten und spielt ohne Aussicht auf Erfolg in der europäischen Qualifikation zur WM der Frauen 2023 mit.
    Viola von Cramon: "Der DFB ist in der Pflicht, nicht der 1. FC Köln"
    "Dass der 1. FC Köln das macht, ist lobenswert", sagt Viola von Cramon im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Die sportpolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament sieht aber eine andere Institution in der Pflicht. "Das ist keine Vereinsaufgabe, das ist eine nationale Sache. Der DFB ist in der Pflicht - denn natürlich muss Belarus ausgeschlossen werden."
    Die Europaabegeordnete Viola von Cramon fordert den Ausschluss von Belarus.
    Die Europaabegeordnete Viola von Cramon fordert den Ausschluss von Belarus. (IMAGO/Panama Pictures)
    Der Deutsche Fußballbund, der Mitgliedsverband der UEFA ist und mit Rainer Koch einen Vertreter im Exekutivkomitee stellt, äußerte sich auf Anfrage bislang nicht zu dem Vorstoß des Bundesligisten. "Wenn der DFB und andere europäische Mitgliedsverbände keinen Druck machen, wird auch nichts passieren", sagt von Cramon. "Die Stimme des DFB würde gehört."
    Zwar ist Belarus offiziell nicht am Angriff beteiligt, bietet dem Verbündeten aus Moskau aber sein Territorium als Aufmarschgebiet und Stützpunkt. Mehrfach wurden in der Ukraine Raketenbeschüsse von belarusischem Staatsgebiet gemeldet.
    Der Sport schloss Sportler aus, aber keine Funktionäre
    Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte nach Beginn des russischen Angriffs den internationalen Verbänden empfohlen, russische und belarusische Teams auszuschließen. Der Fußball-Weltverband FIFA und die UEFA setzten das jedoch ohne weitergehende Begründung nur für Russland um. Belarus darf weiter mitspielen, die Teams müssen ihre offiziellen Heimspiele nur unter Ausschluss von Fans auf neutralem Boden austragen. Eine Nachfrage des Deutschlandfunks an die UEFA zu einer Begründung des Vorgehens blieb unbeantwortet.
    Für von Cramon wäre ein Ausschluss der Teams ohnehin nur ein halber Schritt. "Es müssten die Verbände aus Russland und Belarus ausgeschlossen werden", sagt die Europaabgeordnete. "Wenn wir sagen, dass wir Wladimir Putins Helfer sanktionieren, dann gehören Alexander Lukaschenko und seine Sportverbände dazu."
    Dem pflichtet Alexander Apeikin im Gespräch mit der Sportschau bei. Apeikin steht der Belarusian Sport Solidarity Foundation (BSSF) vor, die sich während der mit Gewalt und Repressionen beendeten Massenproteste gegen die Dikatatur in Belarus 2020 gegründet hat, um vom Regime verfolgte Sportlerinnen und Sportler zu unterstützen. "Sport ist ein Propagandamittel von Diktator Lukaschenko. Der Verband beging schon vor dem Krieg Manipulation, Korruption und Menschenrechtsverletzungen, nun kommt die Unterstützung beim russischen Angriff hinzu", sagt Apeikin. "Wir wissen nicht, warum die UEFA den belarusischen Verband schützt. Das Vorgehen ist sehr intransparent."
    Russlands Präsident Wladimir Putin mit dem belarusischen Diktator Alexander Lukaschenko
    Russlands Präsident Wladimir Putin mit dem belarusischen Diktator Alexander Lukaschenko (IMAGO/ITAR-TASS)

    35 Staaten einschließlich Deutschland forderten vergeblich den Ausschluss der Verbände

    Bis heute sitzen Funktionäre beider Länder in verschiedenen Gremien des Fußballs und anderer Sportarten. Im UEFA-Exekutivkomitee ist Alexander Dyukov Mitglied, er ist Geschäftsführer der Gazprom-Mineralöltochter Gazprom Neft. Der Sport schloss als Sportler aus - aber keine Funktionäre.
    35 Staaten, darunter Deutschland mit dem für Sport zuständigen Bundesinnenministerium, verlangten zuletzt die Suspendierung der beiden Verbände aus den internationalen Sportorganisationen - vergeblich. Eine Ausnahme ist der Biathlon-Weltverband IBU, der die Verbände vollständig suspendierte und diese Strafe nun verlängern will.

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    Kölns Präsident: "Pflicht, unsere Bühne zu nutzen"
    Für die Kölner bleibt ein halbvolles Glas. Die eigene Haltung wurde verdeutlicht, Unterstützung gab es außerhalb Kölns aber kaum. Fredi Bobic, Geschäftsführer von Hertha BSC, sagte in "Sport Bild" auf das Kölner Vorgehen angesprochen: "Wir sollten uns aus der Weltpolitik eher heraushalten und an den Sport denken." 
    Werner Wolf, Präsident des 1. FC Köln
    Werner Wolf, Präsident des 1. FC Köln (IMAGO/Political-Moments)
    Dem widersprach Kölns Präsident Werner Wolf. "Wir haben als Profifußball eine riesige Bühne", sagte Wolf dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Und ich sehe uns in der Pflicht, diese Bühne zu nutzen." Akteure im Fußball seien Teil des politischen Geschehens und hätten eine Verantwortung. Dies bedeute auch für seinen Verein, "dass wir uns zu bestimmten Sachverhalten äußern - und das nicht nur dürfen, sondern müssen. Wenn niemand etwas sagt, wird nie etwas passieren".