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Fußball-WM 2026
Kann sich Marokko eine WM leisten?

Marokko will die Fußball-WM 2026. Dafür muss sich das Königreich gegen Kanada, USA und Mexiko durchsetzen - die drei Staaten sind gemeinsam ins Rennen um diese WM gegangen. Wie Marokko das schaffen will, ist bisher mehr als vage.

Von Jens Borchers | 27.01.2018
    Die Fahne und die Spitze der Palme vor strahlend blauem Himmel von unten fotografiert.
    Marokko ist hoch verschuldet und schreibt im Staatshaushalt regelmäßig Defizite. (dpa / Ronald Wittek)
    Der Jubel war laut und stark, als sich Marokkos Nationalmannschaft im vergangenen November für die Weltmeisterschaft in Russland qualifizierte.
    Nicht ganz so laut und stark ist der Jubel, wenn es darum geht, selbst eine Weltmeisterschaft auszurichten. Das Königreich Marokko will die WM 2026. Es gibt zwar nur einen Wettbewerber im Vergabe-Rennen, aber der ist gigantisch. Viele fragen deshalb: Meint Marokko das ernst? Wollen die das wirklich? Ja, sie wollen.
    "Das ist keine Schein-Kandidatur", sagt der Chef des marokkanischen Bewerbungskomitees, Moulay Hafid Elalamy. "Wir stecken da alle Energie rein, unsere Bewerbung wird tadellos sein. Manche sagen, wir seien spät dran - aber wir können das aufholen."
    Marokkos König will die WM
    Moulay Hafid Elalamy ist vom marokkanischen König höchstpersönlich zum Chef der Bewerbungskampagne für die WM 2026 ernannt worden. Wenn "seine Majestät" rufe, sagt Elalamy, dann empfinde man zweierlei: Ehre, aber auch Verantwortung.
    Marokkos König ist bekannt dafür, ganz schlechte Laune zu kriegen, wenn wichtige Projekte nicht laufen wie gewünscht. Mohammed IV. wünscht offenbar die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft und Elalamy soll’s richten. Er hat noch einen kleinen Nebenberuf: Elalamy ist auch Minister für Industrie und Handel.
    Der Druck ist in jeder Hinsicht enorm: Vier Mal hat sich Marokko schon für Weltmeisterschaften beworben - und scheiterte jedes Mal. Mag ja sein, sagt Moulay Hafid Elalamy, aber diesmal liegen die Dinge anders: "Die Infrastruktur ist nicht mehr auf dem Stand von 2003, wir haben riesige Fortschritte gemacht. Das zeigt: Was Marokko will, kann es auch umsetzen."
    Da wäre noch einiges umzusetzen: Marokkos Verantwortliche sagen, sie hätten schon sechs Fußballstadien, die den internationalen Standards entsprechen. Gut, die müssten vielleicht noch etwas modernisiert werden - aber das sei kein Problem. Acht weitere Stadien müssen neu gebaut werden, denn die WM 2026 wird erstmals mit 48, nicht wie bisher mit 32 Mannschaften gespielt.
    Wie will Marokko diesen Kraftakt finanzieren?
    Dann wäre da die Frage, wie sich hundertausende Fußball-Fans in Marokko bewegen können: In vielen Städten des Landes ist öffentlicher Nahverkehr nur in Ansätzen vorhanden, die Bahnverbindungen lassen einiges zu wünschen übrig. Das immerhin räumt auch der Chef der Bewerbungskampagne ein. Denn er sagt: Infrastruktur und Hotel-Kapazität - das sind die großen Brocken, die Marokko stemmen muss.
    Völlig offen ist die Frage, wie dieser Kraftakt finanziert werden soll. Marokko ist hoch verschuldet und schreibt im Staatshaushalt regelmäßig Defizite. Kredite, Sponsoren, große Privat-Unternehmen müssten also her. Da warnt allerdings der Wirtschaftsexperte Rachid Achachi und verweist auf die bösen Erfahrungen anderer WM-Ausrichter: "Die Verschuldung des Staates wird steigen, während die Privatunternehmen an den WM-Aufträgen verdienen. Und das alles für ein extrem teures Projekt, für das man noch in 20 Jahren bezahlen wird."
    Das Argument, die für die WM 2026 ausgebaute Infrastruktur komme doch allen Marokkanern zugute, zweifelt der Ökonom Rachid Achachi an. Er argumentiert, Marokko könne sich so eine Weltmeisterschaft einfach nicht leisten. Kindersterblichkeit eindämmen, Renten sichern, die hohe Arbeitslosenrate senken, das extrem löchrige Gesundheitssystem ausbauen, ins marode Bildungssystem investieren - das seien die wirklichen Herausforderungen für das Königreich.
    Didier Drogba als Botschafter
    Moulay Hafid Elalamy, der Chef der Bewerbungskampagne für die Weltmeisterschaft, denkt anders. Er sieht die WM-Bewerbung als Chance, Marokko voranzubringen. Aber bisher sagt Elalamy mit keinem Wort, wie das gelingen soll. Konkrete Pläne sind Mangelware, über Partner will er noch nicht sprechen. Klar ist nur: Marokko arbeitet mit der englischen Kommunikationsagentur Vero zusammen. Die hatte auch Katar bei seiner Bewerbung für die WM 2022 beauftragt. Eine Kampagne, die heute noch juristisch aufgearbeitet wird.
    Und Marokko hat sich auch schon zwei Fußball-Botschafter ausgesucht, die seine Bewerbung vertreten sollen: Didier Drogba und Samuel Eto’o, afrikanische Fußballstars also. Denn Marokko will die Unterstützung des ganzen afrikanischen Kontinents.
    Bis Mitte März 2018 muss Marokko Projekte und Finanzierung für die WM 2026 bei der FIFA vorlegen. Das Konkurrenz-Trio Kanada-USA-Mexiko ebenfalls. Aber Moulay Hafid Elalamy glaubt, Marokko habe große Vorteile: Sein Land sei tolerant, sehr sicher und sehr stabil. Die Nachteile der Mitwerber sieht er so: "14 Stunden Flug, um ein Fußballspiel zu sehen – naja. Und man hat auch gehört, dass manche Länder zu den gefährlichsten Staaten der Welt gehören."
    Dieser Seitenhieb geht Richtung Mexiko. Despektierliche Bemerkungen über Präsident Trump als WM-Hindernis für die USA sind in den marokkanischen Medien zu lesen. Marokkos Chef-Bewerber für die WM 2026 versichert nur, Marokko bekomme aus vielen Ländern Unterstützung. Viele hätten ihm gesagt: Auf geht’s, Jungs.