Sie hielten sich demonstrativ den Mund zu - nach der Debatte über das (Nicht-)Tragen der „One-Love“-Kapitänsbinde versuchte sich das DFB-Team bei der Fußball-WM im Setzen eines Zeichens. Während die Geste in deutschen Medien mitunter spöttisch diskutiert wurde, zeigte sie die FIFA nicht einmal im TV-Weltbild. Das sei zwar nicht mehr überraschend, normal oder zu ignorieren ist diese Zensur unliebsamer Botschaften bei den Übertragungen aber deshalb trotzdem nicht, kommentierte Deutschladradio-WM-Korrespondent Matthias Friebe im Dlf.
Doch den Mund verboten habe dem deutschen Team niemand: Es steht den Spielern frei, in jeder Pressekonferenz, in jedem Interview, in Postings in den sozialen Medien oder in sonstigen Aktionen während der WM die Haltung deutlich zu zeigen, sie laut auszusprechen.
Weniger als zehn Millionen Zuschauer beim deutschen WM-Auftakt
Während viel über Gesten und Haltung gesprochen wurde, war das Interesse am ersten WM-Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft allerdings deutlich geringer als bei den letzten Weltmeisterschaften. Immerhin 9,23 Millionen Fußball-Fans schauten die ARD-Live-Übertragung Deutschland gegen Japan. Der Marktanteil lag damit bei 59,7 Prozent - unter dem Strich weit hinter vergleichbaren Spielen der letzten Turniere. Bei der WM 2018 in Russland etwa schauten 25,97 Millionen Menschen das Auftaktspiel der Nationalelf gegen Mexiko, ein Marktanteil von satten 81,6 Prozent.
Auch bei den anderen Spielen der WM in Katar verzeichnen ARD und ZDF vergleichsweise mäßige TV-Quoten. Die Quoteneinbrüche in diesem Jahr waren schon vor der Weltmeisterschaft erwartet worden. So hatte es in Deutschland vielfach Aufrufe gegeben, die WM zu boykottieren. Bei einer Fan-Befragung durch den App-Anbieter FanQ hatten im November 2022 über die Hälfte der Fans angegeben, gar kein Spiel der WM anschauen zu wollen.
Pressefreiheit besonders im Fokus
Während einige Fans gar nicht erst einschalten, ist die Medienaufmerksamkeit dennoch groß - auch weil deutsche Medien die Menschenrechtssituatiuon immer wieder in den Fokus rücken. Laut ARD-WM-Teamchef Harald Dietz ist die Pressefreiheit für die Berichterstatter vor Ort gewährleistet, sagte er noch kurz vor Beginn des Turniers in @mediasres. Die Situation sei für ihn vergleichbar mit anderen WMs.
Das bestätigt auch Deutschladradio-Korrespondent Friebe, der sich nicht in seiner Arbeit behindert sieht. Insgesamt aber sei die Stimmung schon angespannt, was auch an kleineren Zwischenfällen mit örtlichen Sicherheitskräften liege.
Zwischenfälle mit katarischen Sicherheitsleuten
So waren wenige Tage vor Beginn der WM der dänischer TV Reporter Rasmus Tantholdt und sein Team bei einer Live-Schalte in Doha von örtlichen Behörden unterbrochen worden. Ein Beamter drohte mit der Zerstörung der Kamera. Später habe er eine Entschuldigung erhalten, so Tantholdt bei Twitter.
Auch der brasilianischer Journalist Victor Pereira sei bedrängt worden, als er die Flagge des brasilianischen Bundesstaates Pernambuco mit sich führte, die ein Sicherheitsmann fälschlicherweise für eine Pride-Flagge gehalten habe. "Dieser Mann im weißen Kleid packte die Flagge, warf sie zu Boden und begann darauf herumzutrampeln", sagte Pereira gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Der Journalist filmte das Ganze - und wurde daraufhin dazu gedrängt, das Video zu löschen. Auch hierbei habe es sich um ein Missverständnis gehandelt, hieß es im Nachhinein.