Die abgelaufene Bundesliga-Saison war die erste Spielzeit der Geschichte, die komplett unter Pandemie-Bedingungen ausgetragen werden musste. Eine schwere Zeit, besonders für die Fanszenen. Anna-Maria Hass ist Mitglied der Fan-Initiative "Zukunft Profifußball" und Fan des FC St. Pauli. Sie hat die Pandemie-Saison so erlebt:
"Wir hatten eine sehr aufregende Saison mit einer schwierigen Hinrunde, was auch emotional als Fan sehr anstrengend war. Und was dann auch noch doppelt und dreifach anstrengend ist, ist, wenn ich alleine oder mit einem Freund zu Hause auf dem Sofa sitze und die Gefühle, die man als Fan hat, nicht im Stadion zeigen kann."
Tribünen als Werbefläche
Dass trotz Pandemie überhaupt weitergespielt wurde, könne sie "rein rational total gut verstehen. Aber ich habe trotzdem das Gefühl als Fan: Ich bin nicht da und ihr macht weiter." Dabei würde sie besonders schmerzen, dass die Tribünen in den Stadien, normalerweise das Zuhause der Fans, immer mehr zu Werbeflächen umfunktioniert wurden, "um dann noch die letzten Euros irgendwie rauszupressen, wenn man schon kein Geld über Fans und Tickets einnehmen kann."
Auch das könnte ein Grund dafür sein, dass sich manche Fans in der Pandemie vom Fußball abgewandt haben. "Es geht darum, gemeinschaftlich und im Kollektiv Sachen zu machen, auch Sachen zu erreichen, Siege zu feiern, Niederlagen zu beweinen. Und genau dieses kollektive Zusammenkommen war nur in sehr begrenztem Rahmen möglich. Und parallel ist die Kommerzialisierung des Fußballs immer weiter gelaufen und uns Fans hat einfach die Bühne gefehlt, uns da entsprechend zu Wort zu melden."
Und dennoch habe Hass gemerkt, dass die Fans in der Krise näher zusammengerückt sind, vor allem in der Initiative "Zukunft Profifußball". "Was man jetzt auch ganz stark im Kontext der Super-League-Diskussion gesehen hat, ist, dass es auch auf europäischer Ebene tatsächlich mehr geworden ist und sich die Fans auch auf europäischer Ebene ganz klar positioniert haben und entsprechend Forderungen an die Vereine und vor allem die Verbände gestellt haben, wie der Fußball in Zukunft gestaltet werden soll."
Fehlende Transparenz
Als positives Zeichen sieht Hass, dass Fan-Vertreter etwas in der "Taskforce Profifußball" der DFL oder der Taskforce des DFB zur 3. Liga einbezogen werden. Allerdings bemängelt sie hier fehlende Transparenz. "Welche der besprochenen Sachen sind wirklich schon umgesetzt, oder überhaupt in die Wege gebracht? Uns fehlt da mindestes die Transparenz und die Sichtbarkeit dessen, dass nicht nur tatsächlich darüber geredet wird, dass Sachen verändert werden sollen, sondern tatsächlich jetzt auch die notwendigen Schritte gegangen werden, um die Veränderungen dann auch wirklich voranzutreiben."
Einen Vorstoß gab es nun auch zum Thema DFB. Und zwar eine Frauen-Initiative, die den Verband umkrempeln möchte und unter anderen eine 30-Prozent-Frauenquote einführen will. Das Thema sei bei "Zukunft Profifußball" auch schon diskutiert worden, so Hass. "Da wurden natürlich auch kritische Stimmen laut. Wir haben uns dann aber sehr bewusst entschieden, als ‚Zukunft Profifußball‘ die Förderung von Frauen als ein Team in die Taskforce miteinzubringen. Beim FC St. Pauli führen wir die Diskussion schon seit einem Jahr, weil wir genau diese Förderungen von Frauen im Verein schon beschlossen haben. Und ich habe da tatsächlich viel positive Unterstützung wahrgenommen, weil eben auch Männer sagen, dass das dringend notwendig ist."