In der Lobby des Sheraton Hotel San Siro in Mailand geht es um viel Geld. 171 Millionen Euro verdienten Spielervermittler allein im Jahr 2018 an Transfers in der Serie A. Aktuell ist das Hotel Sitz der Transfermarktzentrale. Die wird in Italiens Fußball traditionell für die letzten Tage vor dem Transferschluss eingerichtet.
Seit den 1950er Jahren ist das so. Aus den Anfangszeiten ist überliefert, dass exzentrische Klubbesitzer wie der sizilianische Adlige Raimondo Lanza di Trabia Verträge in der Badewanne in seiner Suite zu unterzeichnen pflegten.
Die Zeiten haben sich geändert
Jetzt ist alles weniger mondän. Und weniger aufregend. Alessandro D’Amico, Spielerberater seit 25 Jahren: "Früher hat man hier viel mehr Verträge gemacht. Die Session dauerte länger, man kam für sechs, sieben Tage. Und man blieb die ganze Zeit da."
Es gab sogar, so erinnert sich d'Amico, regelrechte Messekabinen, in denen sich jeder einzelne Klub von der ersten bis zur dritten Liga einrichtete. Die Sportdirektoren schlossen die Deals mit den Spielervermittlern direkt vor Ort ab.
"Jetzt ist hier weniger Betrieb. Zum Teil wegen des technischen Wandels. Man kann die Verträge jetzt auch im Büro machen. Früher hat man die Verträge noch per Hand ausgefertigt und hier die Papiere abgegeben."
Präsenz vor Ort ist wichtig
Das waren die analogen Zeiten. Jetzt geht alles per verschlüsselter Mail beim Ligaverband ein. Die Präsenz vor Ort ist aber noch wichtig, um bei Vereinen, die den Saisonstart verpatzt haben, den einen oder Spieler unterzubringen zu können.
Das saisonale Treffen bietet auch Gelegenheit, über den Verfall der Sitten zu klagen. Ursache ist die Liberalisierung des Spielermarktes. 2015 schaffte der damalige FIFA-Boss Sepp Blatter die Prüfungen für Spielerberater ab, die zumindest in Italien obligatorisch waren.
"Mit einer Garantiesumme von 500 Euro konnte sich jede x-beliebige Person als Agent anmelden. Das führte zu einem Chaos, wie ich es noch nicht gesehen habe. Und jetzt haben sie versucht, die Situation zu verbessern, und dabei die Prüfung superschwer gemacht."
In diesem Jahr wollte Italiens Sportbehörde CONI wieder Ordnung schaffen und setzte Prüfungen an. 815 Berater meldeten sich an. Nur acht bestanden. Damit der Transfermarkt überhaupt stattfinden konnte, gab es eine Ausnahmegenehmigung für all die, die vor der Blatterschen Deregulierung schon eine ordentliche Lizenz hatten. Der Millionenmarkt Fußball wird sehr hemdsärmlig geführt.