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G20
Fahndung durch "rechtswidrigen Internetpranger"?

Die Polizei fahndet mit Bildern im Netz nach mutmaßlichen G20-Randalierern - und auch einige Zeitungen drucken die Bilder ab. "So eine große Öffentlichkeitsfahndung habe ich noch nicht erlebt", sagt der Medienanwalt Christian Solmecke im Dlf. Und hinterfragt die Entscheidung der Justiz[*], die sie genehmigt hat.

Christian Solmecke im Gespräch mit Bettina Köster |
    Medienrechtsanwalt Christian Solmecke
    Medienrechtsanwalt Christian Solmecke (Deutschlandradio/Jessica Sturmberg)
    Gefährliche Körperverletzung, schwerer Landfriedensbruch, Brandstiftung - einige der Taten, die mutmaßlichen Randalieren des G20-Gipfels vorgeworfen werden. Um sie zu fassen, setzt die Hamburger Polizei auf die Öffentlichkeit und hat Bilder und Videos von mehr als 100 Verdächtigen ins Netz gestellt.
    Auch die Zeitungen Bild, Hamburger Abendblatt und Hamburger Morgenpost beteiligen sich an dieser Öffentlichkeitsfahndung und haben Bilder der Demonstranten auf ihren Titelseiten abgedruckt. Ein "rechtwidriger Internetpranger", wie Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung geschrieben hat?
    "Die Öffentlichkeitsfahndung ist in Deutschland sehr streng reguliert - wenn also die Polizei vorhat, Menschen mit Fotos zu suchen, dann geht das nur unter sehr strengen Voraussetzungen", erklärt Medienrechtsanwalt Christian Solmecke im Dlf. Ein Richter müsse zugestimmt haben, die Personen auf den Bildern dringend tatverdächtig und eine Aufenthaltermittlung auf andere Weise nicht möglich sein, so Solmecke. Dies habe ein Hamburger Richter in diesem Fall alles als gegeben angesehen - und pauschal die Erlaubnis für über 100 Bilder erteilt. Für Solmecke ein ungewöhnlicher Vorgang:
    "Man hätte allerdings schon sehr genau bei jedem Bild abwägen müssen: Was hat derjenige für eine Straftat getan? Und liegen genügend Anhaltspunkte vor, dass er dringend tatverdächtig ist? Ich befürchte, dass unter den 100 Leuten auch einige dabei sind, die besser nicht in der Öffentlichkeit gesucht geworden wären. Das wird die Polizei dann vielleicht als Kollateralschaden sehen. Hier hat man ein bisschen das Fass zu groß aufgezogen - so eine große Öffentlichkeitsfahndung habe ich jedenfalls noch nicht erlebt."
    Und hier sehe man laut Medienrechtsanwalt Solmecke auch die Gefahren so einer Fahndung: Ob unschuldig oder nicht - die Bilder seien jetzt draußen und schon viele Kopien davon im Netz. Der Schaden für die Betroffenen sei nun da. Nur: "Im Endeffekt sieht es natürlich so aus, dass die Bevölkerung die Fahndung tolerieren wird, wenn die Täter darüber geschnappt und verurteilt werden."

    [*] Anmerkung der Redaktion:
    Die früher an dieser Stelle gewählte Formulierung konnte zu dem Missverständnis führen, als habe es sich um die Entscheidung eines einzigen Richters gehandelt. Soweit in unserem Text von "einem Richter" die Rede ist, weisen wir klarstellend darauf hin, dass die Funktion eines Richters im Allgemeinen gemeint war und keine Einzelperson.