Die Sorge um den freien Welthandel zieht sich wie ein roter Faden durch die zahlreichen Kennenlerngespräche, die Olaf Scholz vor Beginn des eigentlichen G20-Finanzminstertreffens führt. Egal, ob der neue Bundesfinanzminister sich mit IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Präsident Draghi oder wie am Vormittag mit dem Gastgeber des Treffens, dem argentinischen Finanzminister Nicolas Dujovne, trifft.
Damoklesschwert über der Weltkonjunktur
Die von Donald Trump verkündeten US-Zölle auf Stahl und Aluminium schweben wie ein Damoklesschwert über der Weltkonjunktur, die sich prächtig entwickeln könnte gäbe es diese Bedrohung nicht. Darin waren sich Scholz und Dujovne einig. Sollte Trump an den Zöllen festhalten und die EU oder China Gegenmaßnahmen verhängen drohen allerdings unabsehbare Folgen, warnt der neue Bundesfinanzminister schon auf dem Hinflug nach Buenos Aires.
"Wir müssen nachdenken, wie wir eine der wichtigsten Ressourcen für den Wohlstand stabil halten, den freien Handel. Da ist ein Land, das sehr viel exportiert und importiet, aber fast jedes Land profitiert davon, dass diese Möglichkeit existiert und desegen wäre es schwierig, wenn jetzt der Protektionismus wieder eine Rolle spielt. Das muss diskreditiert werden."
Scholz und seine Amtskollegen wollen und müssen in Buenos Aires vor allem ihren amerikanischen Kollegen Steven Mnuchin überzeugen. Dieser gilt als treuer Gefolgsmann Trumps, seit er vor einem Jahr beim letzten G20-Finanzministertreffen in Baden-Baden vor allem dadurch auffiel, dass er keinerlei eigenständige Gespräche oder Verhandlungen führte, sondern nur Trumps Positionen gebetsmühlenhaft herunter betete. Unklar ist auch, ob Mnuchin inzwischen den Mut hat, seinem Präsidenten auch die Contra-Argumente der G20 gegen die Zölle vorzutragen und wenn ja, ob er damit bei Trump Gehör findet. Olaf Scholz hatte sich jedenfalls schon auf dem 15-stündigen Hinflug nach Buenos Aires seine zentrale Botschaft an Mnuchin überlegt.
"Ich glaube, die Welt wächst zusammen und sollte auch zusammen bleiben. Und der Handel ist da eine wichtige Ressource."
Anknüpfen an Hamburg
So oder so ähnlich hatte es auch immer in den G20-Abschlusserklärungen gestanden, die die Amerikaner anstandslos mittrugen – bis unter Trump alles schwieriger wurde. Auf dem letzten G20-Gipfel in Hamburg war es nur noch mit Mühe gelungen, Trump im Boot zu halten. Internationaler Handel, so steht es im Hamberger Abschlussdokument, sei ein wichtiger Motor für Wachstum, Produktivität, Innovationen und Jobs, hinzu kam das Bekenntnis, Märkte offen zu halten. Außerdem wollten die G20-Staaten daran festhalten, Protektionismus und unfaire Handelspraktken zu bekämpfen auch.
Das scheint für Trump jetzt nicht mehr zu gelten, weshalb jetzt von allen Seiten versucht wird, Trump noch umzustimmen. Auch Argentinien, das derzeit den G20-Vorsitz innehat, wolle versuchen, dass am Ende des G20-Treffens die gleiche Sprache gesprochen werde wie in Hamburg, versichert Finanzminister Dujovne nach dem Treffen mit Olaf Scholz. Der hat sich auf harte Überzeugungsarbeit gegenüber den USA eingestellt: "Gespräche müssen stattfinden, um so lange stattzufinden, bis man zu gemeinsamen Ergebnissen kommt, aber wir haben eine klare Position."