Ein alter Mann arbeitet an einem traditionellen Webstuhl. Und das mitten auf dem G20-Gipfel von Antalya. Mit solchen Aktionen versuchen die türkischen Gastgeber, dann doch noch etwas Authentizität in das Gipfelareal zu bekommen, das sie hier "Main Zone", die Hauptzone nennen. Denn das hermetisch abgeriegelte Gebiet hat mit dem Rest des Landes nur wenig zu tun. Der Küstenort Belek ist über Kilometer durch einen Zaun getrennt. Es gibt 13.000 Delegierte und Journalisten - und fast genauso viele Sicherheitskräfte.
Vor wenigen Wochen wurden bei einem Anschlag in Ankara über 100 Menschen getötet. Die angespannte Sicherheitslage ist ein Grund, warum dies kein Gipfel wie jeder andere ist. Hinzu kommt: Bis nach Syrien sind es nur 500 Kilometer Luftlinie. In der Türkei leben mehr als zwei Millionen Flüchtlinge aus Syrien und der Türkei. Und: Der Gastgeber, der türkische Präsident Erdogan ist umstritten. Mehrfach haben türkische Behörden in den vergangenen Tagen und Wochen Redaktionsräume von Medien durchsuchen lassen, die als regierungskritisch gelten und denen eine Nähe zur verbotenen Gülen-Bewegung vorgeworfen wird.
"Die AKP-Regierung will die Kontrolle über die öffentliche Meinung gewinnen, sagt der Publizist Erol Önderoglu von Reporter ohne Grenzen. Wir erreichen ihn am Telefon in Istanbul. "Das schaffen sie nur, indem sie kritische Stimmen zum Schweigen bringen. Natürlich würden jetzt während des G20-Gipfels besonders viele Journalisten aus dem Ausland darauf aufmerksam. Erdogan könne das jedoch egal sein."
Was der Publizist meint: Die Staats- und Regierungschefs brauchen den Gastgeber Erdogan mehr denn je. Erdogan gilt wegen der vielen Flüchtlinge, die häufig aus der Türkei in die EU gelangen als unverzichtbar. Gleiches gilt für die Versuche, den Konflikt in Syrien zu lösen und den IS zu bekämpfen. Am Sonntagabend wollen sich die Staats- und Regierungschefs über diese Themen unterhalten.
Traditionell von Wirtschaftsthemen geprägt
Zum G20-Gipfel eingeladen ist auch ein weiterer umstrittener Staatsmann: Robert Mugabe, Präsident von Simbabwe. Er soll in Antalya die Afrikanische Union repräsentieren. Und mit solchen Menschen sollen Angela Merkel, Barack Obama und Co. sprechen? Steven Price-Thomas von der Hilfsorganisation Oxfam macht den Politikern keinen Vorwurf. Im Gegenteil:
"Dieses G20-Treffen betrifft so viele Menschen, ob sie arm sind oder reich. Es geht um den Klimawandel, um Syrien um ein gerechteres Steuersystem. So lange die Menschen im Verhandlungsraum - egal wer sie sind - sich darauf konzentrieren, die Ungerechtigkeiten zu beheben, dann ist das eine gute Sache."
Die Bemühungen um ein gerechteres Steuersystem sind ein Baustein der G20-Agenda, die traditionell von Wirtschaftsthemen geprägt ist. Große Unternehmen sollen ihre Steuern künftig dort zahlen, wo die Gewinne anfallen. Ein weiteres Thema: eine noch stärkere Regulierung der 30 wichtigsten Banken der Welt. Hierzu gehört auch die Deutsche Bank. Die türkische G20-Präsidentschaft will in den kommenden Tagen einen Fokus auf "inklusives Wachstum" legen. Das bedeutet: Von einem stärkeren Wirtschaftswachstum sollen auch alle profitieren. Zum Beispiel Jugendliche, die sehr lange Zeit keinen Arbeitsplatz finden.